Verliebt in Hollyhill: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
brauchten nicht einmal Adam, um zu erfahren, was sie vorhatten. Sie waren darauf spezialisiert, einsame Landsitze auszuräumen. Vorher wollten sie die Kasse des Holyhome leeren. Wegezoll, sozusagen. Deine Mutter«, sagte er, »Esther – sie hatte einen Traum.«
Emily saß vollkommen still. Sie konnte sich vorstellen, was jetzt kam, aber sie wollte es von ihm hören.
»Sie hatte geträumt, dass die beiden durch die Hintertür ins Pub gelangten und dass mein Dad und Josh sie dort in Empfang nehmen und überwältigen würden. Es war nie die Rede davon, dass es gefährlich werden könnte. Nicht mehr als sonst. Und mein Dad – er war … ich weiß nicht. Stark. Er schien unbesiegbar. Bis zu diesem Abend.«
Emilys Magen zog sich zusammen. Als Matt nicht weitersprach, flüsterte sie: »Was ist damals passiert?«
Matt zuckte die Schultern. Äußerlich wirkte er gefasst, doch Emily konnte die Stürme förmlich spüren, die in seinem Inneren tobten.
»Josh konnte später nicht mehr sagen, was genau im Holyhome geschehen war, es gab wohl ein Handgemenge, und dann fielen Schüsse. Wir – meine Mom, Adam und ich – hatten uns draußen platziert, für alle Fälle, falls drinnen doch irgendetwas schiefgehen sollte, und als mein Vater aus der Tür des Pubs gestürmt kam, rannte Mum ohne zu zögern auf ihn zu. Sie …«
Matt räusperte sich, und Emilys Herz wurde schwer. Sie hasste sich dafür, dass er all das nun noch einmal durchleben musste und dass sie der Grund dafür war, doch sie wusste, sie durften jetzt nicht aufhören. All das durfte nicht länger zwischen ihnen stehen.
»Dad wurde in den Rücken getroffen, meine Mum in die Brust. Sie sackten vor dem Holyhome zusammen, und weil diese zwei verfluchten Mörder wie verrückt um sich schossen, konnten Adam und ich zunächst nicht zu ihnen. Sie sind geflohen, und für meine Eltern kam jede Hilfe zu spät. Josh konnte nichts für sie tun und auch sonst niemand – du weißt, die Gaben haben untereinander keine Wirkung.«
Matt zuckte wieder mit den Schultern, und Emily stieß zittrig die Luft aus, die sie unbewusst angehalten hatte.
Und endlich, endlich sah Matt sie an. »Deine Mutter hat sich das nie verziehen«, sagte er, und Emily hörte an seinem Tonfall, dass er auch darunter litt. Für den Schmerz ihrer Mutter verantwortlich zu sein – weil er ihr nicht hatte vergeben können.
»Es war nicht ihre Schuld«, sagte Emily leise. »Sie konnte doch nicht … ich meine …«
Matt schüttelte den Kopf. »Nein, sie konnte nichts dafür, natürlich nicht. Und das weiß ich nicht erst, seitdem klar ist, dass ihre Träume viel weniger genau waren, als es deine sind.« Er seufzte. »Sie hätte meine Eltern nie bewusst in eine Falle geschickt, sie war mit Josh zusammen, sie … es ist nur …«
Sekunden verstrichen.
»Was?«, fragte Emily.
Matt holte Luft. »Sie war anders als du«, sagte er. »Sie war impulsiv und chaotisch und immer ein bisschen abgelenkt. Und ich war so wütend. Ich weiß nicht, ich … vielleicht dachte ich, sie hätte nicht aufgepasst, sie hätte etwas übersehen, sich nicht konzentriert, sie … sie hätte es vorausahnen müssen. Und verhindern können.«
Emilys Lippen öffneten sich einen Spalt, aber es kam nur ein Hauch heraus.
Matt sagte: »Letztlich war es meine Schuld. Ich hätte Mum zurückhalten müssen, ich hätte derjenige in dem Pub sein müssen, ich …«
»Shhhhh.« Emily legte ihren Finger auf Matts Lippen, zog die Hand jedoch gleich wieder zurück. Es war absolut still in diesem Augenblick, nicht einmal das Feuer knackte, kein Laut war zu hören, nur der Nachhall von Matts Worten in Emilys Kopf.
Sie hat es nicht gesehen, dachte sie. Sie konnte nichts dafür.
»Niemand hat schuld«, flüsterte sie schließlich. »Auch du nicht.« Sie schluckte. »Du kannst unmöglich für alles verantwortlich sein. Dein Vater war stark, richtig? Er hatte seine Aufgabe, so wie du, so wie meine Mutter.«
»Ich bin ihretwegen weggegangen. Und ich glaube, sie ist meinetwegen gegangen.« Matt sah Emily an. »Womöglich, wenn ich ihr nicht dauernd und andauernd die Schuld am Tod meiner Eltern gegeben hätte, dann wäre sie geblieben. Sie hätte Hollyhill nie verlassen. Sie …« Er stockte. »Sie wäre vielleicht noch am Leben.«
Emily zog die Stirn in Falten.
»Verstehst du, was ich damit sagen will?«
»Nein«, gab sie zurück. »Was soll das?« Sie löste den Blick von seinem und verschränkte die Hände vor der Brust. Es machte sie wütend,
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