Verliebt in meinen griechischen Feind
einen Blick auf seine Armbanduhr. “Zum Essen ist es noch zu früh, also kann ich Ihnen ebenso gut ein wenig von Chania zeigen.”
Courtney war froh über diese unerwartete Gelegenheit, die Stadt zu entdecken. Lefteris führte sie an eleganten Geschäften vorbei in enge, gewundene Hintergassen, die, verfallen wie sie waren, einen gewissen Charme ausstrahlten. Von den einst prächtigen venezianischen Häusern blätterte der Putz ab, doch Courtney gefielen sie trotzdem, mit ihren schön geschnitzten Haustüren und den verschnörkelten schmiedeeisernen Balkongeländern.
Während sie neben Lefteris die verwinkelten Gassen entlangging, sagte sie sich, dass ihre gute Stimmung nichts mit seiner Gegenwart zu tun hatte. Sie mochte eben Orte wie diese, die nichts von dem aggressiven modernen Stil an sich hatten, den ihre Eltern liebten. Sie mochte die Katzen, die sich auf den Balkonen räkelten, und die wilden Kräuter und Blumen, die zwischen den Mauersteinen wuchsen. Manchmal erhaschte sie einen Blick in eine Wohnung, in der ein Fernseher flimmerte, oder auf einen verwilderten Garten hinter einer hohen Mauer. Sie mochte die Geranien, die auf zerbröckelnden Stufen standen, und die lachenden Jugendlichen auf ihren Motorrollern.
Doch am meisten gefiel es ihr, wenn Lefteris sie mit seinem Körper streifte, während sie beiseite traten, um jemanden vorbeizulassen. Oder die Art, wie er eine Hand auf ihren Arm legte, um sie auf etwas aufmerksam zu machen.
Verzweifelt erinnerte Courtney sich selbst an ihre baldige Abreise. Doch ein gefährlicher Zauber hielt sie in seinem Bann, und sie konnte an nichts anderes denken als an Lefteris’ Mund, an sein markantes Gesicht, und dass ihr das Blut schneller durch die Adern strömte, wenn er sie berührte.
Nach der Stille in den Nebenstraßen erschien ihnen das Hafengebiet wie eine andere Welt. Halb Europa schien an den Restaurants mit ihren bunten Markisen und den einladend winkenden Kellnern vorbeizuflanieren. Doch selbst hier hob Lefteris sich mit seiner großen, kraftvollen Gestalt und den lässigen, geschmeidigen Bewegungen von der Menge ab. Courtney fragte sich, ob er wohl die Frauen bemerkte, die ihm sehnsüchtig nachblickten.
Er führte sie in eine kleine Taverne am anderen Ende des Hafens, wo er wie ein verlorener Sohn begrüßt wurde. Während er sich mit dem Besitzer unterhielt, wunderte Courtney sich wieder einmal, um wie viel jünger Lefteris wirkte, wenn er lachte. In dieser winzigen Taverne mit den Plastiktischdecken schien er sich wie zu Hause zu fühlen, doch genauso gut konnte sie ihn sich in einem französischen Restaurant vorstellen. Er war eben ein Mann, der sich in jeder Situation zurechtfand und überall Sicherheit und Autorität ausstrahlte.
Der Wirt führte sie an einen Ecktisch und brachte ihnen nach lebhafter Diskussion eine Flasche von dem Wein, der in der Nähe von Chania angebaut wurde. Courtney beobachtete Lefteris, wie er konzentriert die Gläser füllte. Sie ließ den Blick von seinen dichten schwarzen Wimpern über seine prägnante Nase zu seinem Mund gleiten und spürte ein seltsames Gefühl im Magen. Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt und ihn berührt, doch stattdessen griff sie nach ihrem Glas. “Prost!”, sagte sie heiser.
“Yiammas!” Er stieß mit seinem Glas gegen ihres und lächelte sie an. Wusste er denn nicht, was er damit bei ihr verursachte? “Auf Kreta stößt man vor dem Trinken miteinander an”, sagte er.
“Warum?”
“Seit über sechstausend Jahren wird hier Wein gekeltert, und die alten Kreter beteten ihn an wie einen Gott. Sie glaubten, man könne dem Wein nur Genüge tun, wenn man ihn mit allen fünf Sinnen genoss. Die ersten beiden Sinne sind klar: man schmeckt den Wein und fühlt ihn auf der Zunge.” Lefteris hielt sein Glas ins Licht und schnupperte daran. “Man bewundert die Farbe des Weines und riecht sein Bouquet. Und dann stößt man an, um den Wein auch zu hören und damit alle Sinne zu befriedigen.”
Courtney dachte unglücklich, dass sie in seiner Nähe keinen Wein brauchte, um ihre Sinne anzuregen. Dann lachte sie und stieß ihr Glas gegen seines. “Yiammas!”, wiederholte sie.
Als sich ihre Blicke über den Gläsern trafen, hörten sie beide gleichzeitig zu lächeln auf. “Was – was gibt es denn zu essen?”, fragte Courtney und sah schnell beiseite.
Zu ihrer Überraschung führte Lefteris sie in die Küche, wo das Personal sie begrüßte, als wäre es das Selbstverständlichste der
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