Verliebt in meinen griechischen Feind
Arbeit erledigen und sich in wenig mehr als einer Woche von ihm verabschieden. Er hatte ihr nicht angeboten, noch länger zu bleiben – warum auch, da er nichts als Verachtung für sie empfand? Und sie selbst hatte gesagt, die verbleibende Zeit auf Kreta mit der Erforschung der minoischen Ausgrabungen verbringen zu wollen.
Und genau das wollte sie auch. Natürlich.
Am nächsten Morgen teilte ihr Lefteris mit, er werde sie gegen Abend zum Markt nach Chania fahren. Dann verschwand er in seinem Arbeitszimmer, und Courtney hörte ihn in scharfem, geschäftsmäßigem Ton lange Telefongespräche führen.
Da sie bis zum Mittagessen nichts zu tun hatte, entschloss sie sich, nach Agios Georgios zu gehen, um Brot zu kaufen. Sie war froh, der seltsamen Atmosphäre zu entfliehen, die zwischen ihnen herrschte und die jetzt zwar weniger feindselig, aber gerade deshalb umso beunruhigender war. Nur noch eine Woche, erinnerte sie sich selbst zum hundertsten Mal.
Dimitria saß am Straßenrand neben ihrem grasenden Ziegenbock und winkte ihr schon von Weitem zu. Nachdem sie Courtneys Griechisch-Repertoire durchgegangen waren, begann Dimitria, wort- und gestenreich auf sie einzureden, wobei sie mehrfach Lefteris’ Namen erwähnte.
Es dauerte eine Weile, bis Courtney sie verstanden hatte. “Ah! Ja, ich bin in Lefteris’ Haus eingezogen, während Katina nicht da ist. Ich koche für ihn.”
Jetzt war es an Dimitria, verständnislos dreinzuschauen, und so versuchte Courtney ihr mit Händen und Füßen zu erklären, dass Katinas Mutter krank sei. Zu ihrer Überraschung strahlte Dimitria und klopfte sich auf die Stelle über ihrem Herzen. Courtney überlegte, ob sie vielleicht dachte, Katinas Mutter habe einen Herzanfall gehabt, doch als Dimitria mehrmals Lefteris’ Namen wiederholte und auf Courtney deutete, begriff sie schließlich, dass Dimitria sie für ein Liebespaar hielt.
“Nein!”, sagte Courtney, während ihr das Blut in die Wangen schoss. “Lefteris und ich … nein!” Das schien die alte Frau jedoch nicht zu verstehen, und so versuchte Courtney es auf Griechisch. “Ne”, sagte sie verzweifelt. “Ne, ne, ne!”
“Ne”, bestätigte Dimitria und lächelte befriedigt.
Erleichtert, dieses Missverständnis aus der Welt geschafft zu haben, verabschiedete Courtney sich und ging ins Dorf. Beim Bäcker war es voll, und sie lauschte geduldig der Unterhaltung und versuchte, die ihr bekannten Worte zu verstehen, wie “ne” und …
Plötzlich fuhr Courtney zusammen, denn etwas Schreckliches dämmerte ihr. Sie war so entschlossen gewesen, Dimitria ihre fixe Idee auszureden, dass sie einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. “Ne” bedeutete nicht “nein”, sondern “ja”.
Deshalb also Dimitrias wissendes Lächeln! Sie musste gedacht haben, Courtney sei ganz begierig darauf, ihr Verhältnis mit Lefteris bekannt zu machen. Wie eine Schlafwandlerin kaufte sie zwei Brote und trat auf die Straße hinaus. Was hatte sie nur getan?
Aus irgendeinem Grund war es ihr wichtig, Dimitria den Irrtum verständlich zu machen. Auf dem Heimweg hielt Courtney angestrengt nach ihr Ausschau und machte sogar den Umweg zu ihrem Haus, doch die alte Frau war wie vom Erdboden verschwunden. Schließlich gab Courtney es auf und ging langsam zur Villa zurück.
Glücklicherweise war Lefteris immer noch in seinem Arbeitszimmer, sodass sie Zeit hatte, ihre Fassung wiederzugewinnen. Während sie das Mittagessen vorbereitete, überlegte sie, dass dieser Fehler wirklich jedem hätte passieren können. Also bestand kein Grund, sich zu schämen.
Zum Mittagessen gab es mit Reis, Zwiebeln und Katinas Kräutern gefüllte Tomaten, dazu Brot, das sie im Dorf gekauft hatte, und “psilotiri”, einen harten, sehr würzigen Ziegenkäse. Außerdem hatte Courtney etwas Gemüse besorgt, das wild auf den Hügeln wuchs. Sie hatte sich nicht getraut, es selbst zu sammeln, wie viele Einheimische es taten, sondern es sicherheitshalber im Laden gekauft. Gekocht und mit Olivenöl und Zitrone angerichtet, ergab es eine köstliche Beilage.
Lefteris schien in Gedanken versunken zu sein, als er zum Essen erschien, doch nach einem Blick auf den hübsch gedeckten Tisch zog er überrascht die Augenbrauen hoch. “Haben Sie den ganzen Vormittag gekocht?”
“Ich war auch schon im Dorf.” Courtney atmete tief ein. Besser jetzt als nie! “Und dort habe ich eine große Dummheit gemacht.”
“Tatsächlich?” Er klang eher resigniert als überrascht.
Sie räusperte sich.
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