Verliebt in Paris: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Chocolate-Chip-Cookies.«
»Chocolate-Chip-Cookies!«, rief Solange. »An die hab ich seit Jahren nicht mehr gedacht. Seit du sie für mich in Paris gebacken hast.« Dann hielt sie inne. »Bloß, Daisy, Europäer essen solches Süßgebäck nicht. Da bin ich sicher.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Deshalb wird es ihnen exotisch und ein bisschen nostalgisch vorkommen – wie eine Vergangenheit, die sie nie erlebt haben. Aber es ist die Art Essen, die einen froh und zugleich traurig stimmt, so als würde man etwas haben wollen, es aber nicht recht benennen können.«
»Bin mir nicht ganz sicher, was du meinst«, sagte Solange. »Aber ich liebe dich, und ich muss jetzt auflegen, weil der verdammte Ausstellungsgestalter in letzter Minute noch tausend Sachen ändert, wofür ich ihn umbringen könnte. Ich schicke einen Fahrer, der dich heute Mittag am Flughafen abholt.«
»Wunderbar«, sagte ich. »Warte! Was ist mit Kellnern? Bedienung? Ich wollte mir von Coco helfen lassen, aber …«
»Alles geregelt«, unterbrach Solange. »Der Mann, den ich ursprünglich für den Job angeheuert hatte, der Caterer, dessen Vater gestorben ist, hat eine ganze Mannschaft organisiert. Lauter gut aussehende Kellner in eigenen Smokings. Einfach perfekt! Küsse!«
Nachdem ich Cocos Nachricht gelesen hatte, legte ich los.
Zuerst lud ich ein kostenloses Programm runter, das einen zu jeder gewünschten Zeit E -Mails versenden lässt. Dann schrieb ich eine ganze Reihe Mails mit unbestimmtem Inhalt an Dad, um alle 2,68 Stunden eine verschicken zu lassen.
Natürlich hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Dads großen Abend versäumte. Er hatte über ein Jahr an der Ausstellung gearbeitet. Umso größer war mein Schuldgefühl, weil ich ihn anlog. Schließlich wusste ich, dass Dad nur mein Bestes wollte. Bloß wusste er manchmal nicht, was das war. Ich schon. Für mich gab’s nichts Besseres, als Coco Sprinkle in Paris zu treffen.
Ich fand den Empfangschef in der Eingangshalle vor.
»Sie suchen Ihren Vater?«, fragte er. »Er hat vor zehn Minuten das Hotel verlassen.«
»Gracias, señor«, sagte ich. »Nein, es ist was anderes. No necesitamos, äh, la ayuda con la casa en la sala 403 hoy día. Ni mañana.«
»Sie brauchen keine Hilfe mit dem Haus?«, fragte er und schaute ein bisschen verständnislos.
»Mit dem Zimmer. Können Sie das Zimmermädchen bitten, Nummer 403 heute und morgen auszulassen?«
Er kritzelte eine Notiz auf einen Zettelblock. »Ist erledigt, Señor.«
»Gracias«, bedankte ich mich.
Ich hechtete wieder die Treppe hoch aufs Zimmer, wo ich Kissen unter meine Bettdecke stopfte wie in einem Disney-Film. Dann schnappte ich mir Cocos Tasche und hängte das Bitte-nicht-stören-Schild an die Tür.
Während ich mit der Metro zum Bahnhof fuhr, kam ich mir wie in einem Traum vor. Ich spürte, wie sich mein Leben auf ungeheure, sagenhafte Weise veränderte. Ich stellte mir vor, wie ich die Geschichte meinen hirnlosen Freunden erzählte. Du hast wo ein Mädchen kennengelernt?, würden sie fragen. Wie das? Willste mich verarschen, oder was?
Ich bezahlte meine Rückfahrkarte mit dem Geld, das Dad mir gegeben hatte. Mir war nicht klar gewesen, wie teuer es sein würde. Nach dem Fahrkartenkauf blieben mir nur noch zwanzig Euro, mit denen ich um acht Uhr dreißig den Zug bestieg.
Die nächsten gut dreizehn Stunden über starrte ich aus dem Fenster auf vorbeiziehende Orte und Landschaften. So viele Leben. So viele unerzählte Geschichten und Schicksale. Es hatte etwas sehr Schönes und Trauriges an sich. Ich fühlte mich seltsam aufgewühlt, als liefe ich von zu Hause weg und zugleich einem neuen Zuhause entgegen. Zu Mittag aß ich ein Käsebaguette.
Stunden später sah ich, wie Spanien zu Frankreich wurde. Gegen achtzehn Uhr aß ich zum Abendessen noch ein Käsebaguette. Nach den zwei Broten und einer großen Flasche Wasser waren nur noch zehn Euro übrig. Ich versuchte, meinen Appetit auszublenden.
Während sich der Himmel verdunkelte, wurde ich immer aufgeregter. Der Zug schien zu rattern: Jasiemagdich, Jasiemagdich, Jasiemagdich. Aber selbst ich sah ein, wie abwegig das war.
Na gut, sie mochte mich jedenfalls ein bisschen. So viel ging aus ihren Mails hervor. Am wichtigsten war jedoch, es lässig anzugehen. Sich nicht zum Trottel zu machen. Plötzlich fing der Zug an, Wasbisteblöd, Wasbisteblöd, Wasbisteblöd zu höhnen.
Da wurde mir bewusst, dass ich vergessen hatte, meine Jeans zu waschen. Der Zug griff meinen
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