Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
zum Mann gesucht. Von ihr war also nicht das geringste Fünkchen Unterstützung zu erwarten.
Ganz anders Kirsten, Mathematik- und Physiklehrerin und eindeutig die pragmatischste der vier Frauen. »Nimm ihn auf jeden Fall«, würde sie vermutlich raten, »der hat bestimmt Kohle ohne Ende. Dann brauchst du dich nicht mehr von der Stich quälen zu lassen.« Eine durchaus einleuchtende Argumentation, doch für Emma viel zu unromantisch. Sie hielt es lieber mit Pretty Woman Vivian, die kurz vor Schluss des Films idealistisch bekennt: »Mein Märchen soll wahr werden.«
Die vielen Happy Ends in Emmas DVD -Schrank konnten doch schließlich nicht irren. Es gab sie ja auch immer wieder in der Realität. Warum also sollte nicht auch sie eines erleben? Irgendwann, irgendwie, mit irgendwem … Am liebsten mit Jo.
Zu guter Letzt Yvonne, ihres Zeichens Buchhändlerin. Sie mochte nur realistische Geschichten und hasste romantische Komödien. Außerdem bevorzugte sie Bücher, Filme waren ihr eher suspekt. Und wenn sie Kino oder Fernsehen überhaupt in Erwägung zog, dann nur ab einer gewissen Menge Drama und Tragik. Als ob das so viel lebensechter wäre als Emmas Schnulzen! Doch obwohl die beiden Freundinnen darüber schon seit Jahren diskutierten, waren sie bislang zu keiner Einigung gelangt. Wenn Emma mit Jo den Beweis angetreten hatte, konnte sie immer noch die Katze aus dem Sack lassen, dachte sie und bog in Kirstens Straße ein.
Natürlich waren die Freundinnen schon alle versammelt, weil sie wieder einmal als letzte eintraf. Dass sie allerdings eine Dose selbst gebackene Kekse mitgebracht hatte, sorgte für schnelle Vergebung. Schließlich kannten sich die Mädels seit mehr als achtzehn Jahren, da war man so langsam mit den Eigenheiten der anderen vertraut.
Wie bei ihren privaten Film-Happy-End-Sessions konnte Emma ohne jedes Vorgeplänkel in die Unterhaltung einsteigen. Kirsten goss ihr ungefragt Rotwein ins Glas und hockte sich wieder mit angezogenen Beinen zurück auf ihre Couch. Jede der Frauen hatte ihren Stammplatz, den sie quasi automatisch einnahm: Kirsten und Yvonne auf dem Sofa, Emma im Sessel, die Beine seitlich über einer Armlehne, und Hannah, wie es sich für eine Yoga-Expertin gehörte, im Schneidersitz auf dem Teppich.
»Stellt euch vor«, legte sie nun los, »beim letzten Yoga-Workshop hab ich endlich ›die Krähe‹ geschafft. Na, was sagt ihr?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, was das überhaupt ist«, meinte Kirsten trocken und nahm einen weiteren Schluck Wein.
»Moment …« Hannah rollte elegant aus ihrer Sitzhaltung nach vorn in eine Art Hocke und schwebte kurz darauf mit angewinkelten Beinen in der Luft, während sie auf den Handflächen balancierte. »Zwei Jahre habe ich da hin geübt«, verkündete sie stolz, nachdem sie die übliche menschliche Ordnung der Gliedmaßen wiederhergestellt hatte. Die anderen drei applaudierten beeindruckt und waren insgeheim froh, sich dieser Herausforderung nicht stellen zu müssen.
Als Kirsten gleich darauf von den Schwierigkeiten mit ihrer Schulklasse berichtete, gingen die Meinungen wie stets weit auseinander.
Yvonne sah das Hauptproblem im zu häufigen Fernseh- und Internetkonsum der Kinder. »Den Kindern werden heute einfach nicht mehr die richtigen Werte vermittelt«, beklagte sie nun schon zum wiederholten Male.
Und Kirsten antwortete ebenso gebetsmühlenartig: »Das ist auch nicht in erster Linie die Aufgabe einer Mathematiklehrerin. Dafür sind andere Fächer da.«
Hannahs Erklärung für Konflikte und Gewalt unter Schülern sah dagegen vollkommen anders aus. Sie machte soziale Unterschiede für die Problematik verantwortlich und riet der Freundin, im Übrigen auch nicht zum ersten Mal, doch lieber an eine Waldorfschule zu wechseln.
Als die Debatte an Hitzigkeit immer weiter zunahm, war Emma im Stillen sehr froh, die Begegnung mit Jo gar nicht erst zum Thema gemacht zu haben. Ein Gespräch darüber wäre bestimmt ähnlich verlaufen und hätte sie nur verunsichert.
Seit sie heute Morgen erwacht war, fragte sie sich dennoch ständig, ob und wann Fürstberg sie wohl anrufen würde. Sie warf regelmäßige Blicke auf ihr Handy, obwohl sie hören konnte, wenn es klingelte. Gleichzeitig war ihr völlig klar, dass es dazu noch viel zu früh war. Doch warum sollte der Regisseur erst in zwei Wochen und nicht bereits am nächsten Tag Kontakt aufnehmen? Bis dahin hatte er sie doch bestimmt schon längst wieder vergessen. Falls er nicht bald etwas von
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