Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
sich hören ließ, täte sie bestimmt gut daran, sich möglichst bald in Erinnerung zu bringen. Aber wie?
Ach, es wäre so schön gewesen, wenn Jo sie genauso intensiv gesucht hätte wie Christopher Marisa. Wenn er Emma einfach nicht vergessen könnte. Beim Gedanken daran entstand ein völlig neuer Film in ihrem Kopf.
»Ich habe sämtliche Schneidereien in ganz München abgesucht«, sagte Fürstberg zu ihr und umarmte sie zärtlich. Halt – falsch! »Ich habe sämtliche Schauspielschulen der Stadt abgeklappert«, musste er natürlich gestehen. Dann Umarmung, Kuss und so weiter. »Du hast mir so gefehlt. Ich möchte keinen einzigen Tag mehr ohne dich sein. Willst du meine Frau werden?«
»Ja, ich will«, hauchte es da neben ihr ergriffen, und die Freundinnen brachen in schallendes Gelächter aus.
»Miss Dreamy steht mal wieder vor dem Traualtar«, verkündete Kirsten fröhlich, »den verzückten Blick kenne ich.«
Yvonne fiel ein: »Wer ist denn diesmal der Glückliche? Richard Gere oder vielleicht doch lieber George Clooney?« Auch sie machte sich ab und zu ein wenig über Emmas verträumte Filmleidenschaft lustig.
Dass Emmas Gedanken auch mitten in einem Gespräch gern einmal in romantische Fernen schweiften, war für ihre Freundinnen nichts Neues. Umso erleichterter war Emma jetzt, dass sie kein Sterbenswörtchen über den gestrigen Abend und seine Vorgeschichte verloren hatte. Und es auch erst einmal nicht tun würde. Bestimmt nicht! Sie beteiligte sich wieder brav an der allgemeinen Unterhaltung und achtete darauf, den Rest des Abends wohlweislich nicht mehr aus der Reihe zu tanzen.
Den Kolleginnen im Atelier erzählte Emma ebenfalls nichts von Jo, Pierre und dem Empfang auf dem Bavaria-Gelände. In den nächsten Tagen versuchte sie, ihrer Arbeit in der Schneiderwerkstatt so zügig nachzugehen, dass die Stichsäge keinerlei Beanstandungen vorbringen konnte. Dieses Vorhaben wurde allerdings dadurch etwas erschwert, dass sie weiterhin alle halbe Stunde einen Blick auf ihr Handy warf, in der Hoffnung, es hätte in der Zwischenzeit eine ganz bestimmte »unbekannte Nummer« angerufen. Doch es herrschte die ganze Woche Schweigen im Walde.
Trotz aller guten Vorsätze, möglichst nicht anzuecken, meldete sich Mitte der Woche wieder einmal Emmas ideenreicher Schneiderinnen-Kopf, als die Stichsäge ihr die Bestellung von Frau Anderson anvertraute. Blusen und Röcke waren für eine Fachkraft eigentlich keine große Sache. Doch vielleicht bekam die Gesellin gerade deshalb Lust, neue Pfade zu beschreiten.
Dass die Chefin auf jede auch noch so kleine Veränderung ihrer erprobten Schnitte äußerst allergisch reagierte, wusste sie. Schließlich hatte die Stichsäge ihr das oft genug deutlich zu verstehen gegeben. Trotzdem war Emma in ihrer Verliebtheit so euphorisch, dass sie es erneut versuchte. Wenn eine unbedeutende Schneiderin in der Lage war, einen attraktiven Filmregisseur kennenzulernen, konnte sie vielleicht auch ihre widerspenstige Chefin von einigen neuen Ideen überzeugen.
Weit gefehlt. »An dieser Stelle haben wir bei diesem Modell noch nie eine Naht gesetzt«, war Frau Stichs eindeutige Antwort, »und das werden wir auch in Zukunft nicht tun.«
»Das würde den Schnitt aber ein wenig ausgefallener erscheinen lassen«, wagte Emma zu widersprechen, »und Frau Anderson mag es doch eigentlich ein bisschen extravagant.«
»Wollen Sie mir die Vorlieben meiner Stammkunden erläutern?«, fuhr die Chefin sie beleidigt an und war von da an für weitere Argumente nicht mehr zugänglich.
Emma gab klein bei, hielt den Mund und erledigte im Lauf der Woche die gesamte Bestellung, drei Blusen und zwei Röcke.
Eine weitere Lieferung zum Studio von »Amtliche Gefühle« stand bis zum Freitag leider nicht mehr an, sodass sie dem Traumprinzen und damit ihrem Herzenswunsch nicht das kleinste Stückchen näher kam.
Der Samstag immerhin bot ein wenig Abwechslung, weil Lisa ihre Schwester gebeten hatte, Clara vorbeibringen zu dürfen, während sie einige wichtige Besorgungen erledigte. Henning hatte Bereitschaft im Harlachinger Krankenhaus.
Die Kleine hatte in den vergangenen Wochen offensichtlich ihre Leidenschaft für die Kunst entdeckt, denn sie suchte sofort sämtliche Zettel in der Wohnung nach freien Zeichenflächen ab.
»Tante Emmaaaa«, brüllte sie, sobald sie fündig geworden war, »kann ich da was draufmalen?«
»Erstens gebe ich dir gleich ein Blatt Papier«, bremste die Tante und nahm ihrer Nichte gerade
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