Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
heute noch möglich?«
Na klar – sofort, hätte Emma am liebsten gerufen, hielt sich aber gerade noch zurück. Jetzt nur nichts falsch machen. Diese Angelegenheit musste geschickt und diplomatisch angegangen werden, wenn sie wunschgemäß verlaufen sollte.
»Ja, natürlich, wir kümmern uns darum«, versprach sie erst einmal bereitwillig.
»Das wäre wunderbar«, jubelte die Kostümfrau am anderen Ende, »sonst müsste ich jetzt noch eine andere Firma beauftragen, die aber wieder bei null anfangen würde. Ich danke Ihnen.« Sprach’s und legte auf.
»Geben Sie mal her«, schaltete sich jetzt die Stichsäge ein, die sich komplett entnadelt hatte und nun ihre Spinnenfinger ungeduldig nach dem Telefonhörer ausstreckte.
»Tut mit leid, Frau Schubert hat schon aufgelegt«, meinte Emma bedauernd und musste sich anstrengen, kein allzu fröhliches Gesicht dabei zu machen.
»Frau Schubert? Was wollte sie? Worum kümmern wir uns?«
»Wir sollen ganz schnell jemanden schicken, dem sie erklären kann, was an dem Dirndl noch geändert werden soll«, gab Emma bereitwillig Auskunft und überlegte bereits, was sie als Erstes zu Jo sagen würde, wenn sie ihn gleich traf. Ach, wenn sie ihm doch begegnen würde!
»Muss das jetzt sein?«, fragte stattdessen die Chefin, setzte dann aber entschieden nach: »Gut, wenn es so dringend ist … Mona, dann fahren Sie. Lassen Sie sich von Fräulein Jacobi den Weg beschreiben, und beeilen Sie sich gefälligst.«
Emmas Augen weiteten sich entsetzt, ohne dass sie es verhindern konnte. Da war sie wieder, die Falle – kurz davor zuzuschnappen. Sie hätte ihren ganzen Besitz (zugegebenermaßen nicht besonders viel) gewettet, dass die Chefin natürlich sie zu den »Amtlichen Gefühlen« schicken würde. Schließlich war sie bereits zweimal dort gewesen und brachte ja auch (Zitat) »hier in der Werkstatt am allerwenigsten«. Mona? Was sollte die denn dort? Einen Liebesbrief von Emma an Fürstberg übergeben?
Das sah die Kollegin offensichtlich ganz anders. In ihrer Vorfreude auf die willkommene Abwechslung trug sie bereits ein breites Grinsen im Gesicht. Sie würde die Fahrt sicher nicht widerstandslos an Emma abtreten. »Natürlich, gern«, antwortete Mona auch prompt.
Emma überlegte fieberhaft, wie sie Mona vielleicht doch dazu bewegen konnte, freiwillig auf den Ausflug in die Filmwelt zu verzichten. Was, wenn sie ihr als Gegenleistung einmal Overlock-Umfädeln versprach? Oder einmal Pailletten-einzeln-Abtrennen-und-wieder-Annähen? Nun gut, das wäre ein wirklich enorm großer Liebesdienst für eine kurze Begegnung mit Jo. Hoffentlich würde er das dann auch zu schätzen wissen.
Gerade als Emma Mona unauffällig zu einem Gespräch unter vier Augen bitten wollte, stieß jemand einen spitzen Schrei aus. Es war Frau von Thalbach, die den Wortwechsel mitverfolgt hatte und sich nun ungefragt einmischte: »Bitte, liebe gnädige Frau« – damit konnte nur die Chefin gemeint sein –, »lassen Sie mir doch das Fräulein Faber hier. Sie hat immer eine so beruhigende Wirkung auf mich. Darauf würde ich nur sehr ungern verzichten.«
Nun wanderten Monas Mundwinkel nach unten, die von Emma nach oben. Beide wussten genau, dass die Stichsäge ihrer besten Kundin keinen noch so absurden Wunsch abschlagen würde. In diesem Punkt war sie ziemlich berechenbar. Auch heute.
»Dann fährt eben Fräulein Jacobi«, presste sie gezwungenermaßen heraus und zielte mit dem Spinnen-Zeigefinger auf Emma. Danach drehte sie sich abrupt zu dem nadelgespickten Abendkleid um, als wäre ihr die Kundin erst durch ihre Bitte wieder eingefallen. »Aber dalli, dalli!«, zischte sie Emma noch über die Schulter hinweg zu und machte sich erneut ans Abstecken. Emma hingegen sandte ihrer Kollegin einen entschuldigenden Blick, zuckte mit den Schultern und verschwand möglichst schnell, bevor es sich irgendjemand doch noch anders überlegen konnte.
Auf der Fahrt zum Bavaria-Filmgelände dachte sie nur darüber nach, was sie auf welche Art und Weise zu Jo sagen würde, wenn sie ihn gleich wieder traf. An einer roten Ampel verschlief sie eine ganze Grünphase, weil sie so tief in Gedanken versunken war, dass sie das Hupkonzert hinter sich überhaupt nicht bemerkte. Trotzdem kam sie nach etwa einer Dreiviertelstunde wohlbehalten am Ziel ihrer Träume an.
Ein erster Blick aus dem Autofenster war enttäuschend, denn Fürstberg telefonierte diesmal nicht vor dem Studio. Wie schade – jetzt hätte Emma kein Problem mehr damit
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