Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
gehabt, ihn einfach so anzusprechen.
Ich bin eine Schauspielerin, ich bin eine Schauspielerin, ich bin eine Schauspielerin, memorierte sie sicherheitshalber und erinnerte sich dabei an Jack Lemmon in Manche mögen’s heiß . Sie war für Fürstberg zwar nicht ins andere Geschlecht, aber immerhin in einen völlig neuen Beruf geschlüpft. Also nichts wie auf die Bühne, wenn auch leider ohne das passende Kostüm. Emma sah an sich hinunter.
Die rostbraune Jacke aus Nickistoff mit verschiedenen bunten Ansteckern, der dazu passende Kapuzenpulli, ein weinroter Baumwollschal und gemusterte Stoffturnschuhe waren vermutlich eher kein Star-Outfit. Dafür war sie ja auch noch nicht lange Schauspielerin – ihrer kleinen Notlüge nach nicht und in der Realität schon erst recht nicht. Emma betrat die inzwischen schon wohlbekannte Halle und – sah Jo am anderen Ende des Ganges. Er war im Gespräch mit einer Frau, die ihm konzentriert zuhörte, während er dezent gestikulierend etwas erklärte.
Plötzlich drehte er den Kopf in Emmas Richtung und sah sie über die weite Distanz direkt an. Ein Schauder nach dem anderen lief ihr über den Rücken, als er sich sofort in Bewegung setzte und geschmeidigen Schrittes auf sie zukam. Die andere Dame ließ er einfach stehen, ohne sie noch eines Blickes zu würdigen. Ich bin eine Schauspielerin, ich bin eine Schauspielerin.
»Emma!« Er hatte sich sogar ihren Namen gemerkt. »Ich freue mich sehr, Sie zu sehen. Was machen Sie denn hier?« Er nahm sie in die Arme, küsste sie rechts und links auf die Wange, und der nächste Schauder wanderte unaufhaltsam in Richtung Steißbein.
»Ich habe hier eine kleine Rolle bekommen«, kam es aus ihrem Mund, ohne dass sie es wirklich wollte.
»Das ist ja wunderbar. Wann drehen Sie? Heute?«
Was war denn nun die richtige Antwort auf diese Frage? Da sie in Wirklichkeit gar keinen Drehtag hatte, war sie terminlich erst mal nicht an Tatsachen gebunden. »Nächste Woche erst«, antwortete sie vorsichtshalber, um Zeit zu gewinnen.
»Sehr schön, da werde ich wieder am Set sein, denn ich drehe ab Montag wieder. Wollen wir dann heute Abend essen gehen?«
Ganz schön forsch, diese Filmleute, aber Emma kam das sehr gelegen. So musste sie wenigstens nicht die Führung übernehmen und konnte die Inszenierung der Szene ganz allein dem Regisseur überlassen. Und trotzdem entwickelte sich im Moment alles ziemlich exakt nach ihren Vorstellungen.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Erst jetzt bemerkte Emma die Frau neben sich, die sie freundlich, aber etwas verwundert ansah. Emma blickte zuerst zu ihr und dann den langen Flur entlang. Fürstberg stand immer noch gestikulierend ins Gespräch vertieft am anderen Ende – er hatte sie noch gar nicht bemerkt.
Ach je, das hier war die Realität. Nicht die sowieso komplett erfundene Rolle und eine sehr spontane Essenseinladung. Vielleicht erst mal ganz gut so.
»Nein, danke«, antwortete sie der Frau und machte ein paar Schritte in Jos Richtung. Jetzt erkannte sie seine Gesprächspartnerin; es war Teresa Schubert. Nicht gerade die ideale Konstellation, um unauffällig dazuzustoßen.
Was, wenn sie Emma sofort nach ihren Erlebnissen auf dem Empfang fragte, für den sie ihr schließlich die Karte geschenkt hatte? Das musste Fürstberg ja nun nicht unbedingt erfahren. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie nur eine kleine Schneiderin und keineswegs eine frisch ausgebildete Schauspielerin war. Emma verlangsamte ihren Schritt wieder und beobachtete die beiden aus sicherer Entfernung. Eine vollbepackte Kleiderstange, die an der Seite stand, bot ihr Schutz, wenn sie sich ganz nah an die Wand stellte, konnte sie nicht gesehen werden. Ein junger, schlaksiger Mann ging vorbei und warf ihr einen skeptischen Blick zu, sagte aber nichts. Trotzdem, ewig durfte sie so nicht stehen bleiben, ohne dass es auffiel. Emma schickte mehrere Stoßgebete zum Himmel.
Als sie das nächste Mal um die türkisfarbene wattierte Jacke vor ihrer Nase herumlinste, war Frau Schubert verschwunden, und Jo kam geradewegs auf ihr Versteck zu. Nun musste sie wohl oder übel ihre Deckung verlassen. Sie trat also wie selbstverständlich hinter der Kleiderstange hervor und stand direkt vor ihm. Ich bin eine Schauspielerin, dachte sie sich noch, dann sagte sie: »Hallo.« Das Ganze wirkte vermutlich ein bisschen, als hätte sie ihm hier aufgelauert, doch nun war es eindeutig zu spät für eine Kurskorrektur. Viel zu spät.
Er stutzte, sah ihr in die
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