Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
Augen, und die Schauder sprinteten jetzt in Rudeln nach unten. Wenn jetzt auch noch der Dialog wie in ihrer Vorstellung gelang, war alles in Butter. Dachte Emma und vergaß dabei völlig, dass sie in diesem Fall nächste Woche bei Fürstberg am Set hätte erscheinen müssen. »Hallo«, sagte er stattdessen mit einem derart schwungvollen und kehligen »O«, dass dies bereits wieder ein Fall für die Schaudertierchen war. Offensichtlich erinnerte er sich an seine Abendbekanntschaft, was er mit einem anerkennenden Blick deutlich machte. »Helfen Sie mir … Der Bavaria-Empfang?«, begann er durchaus charmant, »… die … Schauspielerin ohne Berufserfahrung.«
»Genau.«
»Wie war noch einmal Ihr Name?« Nun gut, man konnte vermutlich nicht alles haben.
»Emma.«
»Richtig. Was machen Sie denn hier?« Ausgerechnet an diesem Punkt hielt sich die Realität exakt an ihre fiktionalen Vorgaben.
»Jo?« Zum Glück trat im richtigen Moment jemand auf den Flur und unterbrach das Gespräch, das gerade im Begriff war, schwierig zu werden. Leider handelte es sich bei dem rettenden Engel um Frau Schubert. »Jo, können wir noch einmal kurz über die Bettszene nächste Woche … Ah, hallo, Frau Jacobi, schön, dass Sie schon da sind.«
Nur keine Panik. Ich bin Schauspielerin. Und es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Kostümbildnerin meinen Namen weiß. Im Gegenteil.
»Ah, ihr kennt euch«, stellte Jo prompt voller Freude fest, und dieses Mal waren die Schauder eher unangenehmer Natur. Für ein munteres Plauderstündchen zu dritt hatte Emma im Moment überhaupt keinen Nerv.
»Natürlich, Frau Jacobi war in letzter Zeit mehrmals bei uns, in ihrer Funktion als …« Jetzt war es höchste Eisenbahn einzuschreiten, wenn die schillernde Seifenblase »Emma und Jo« nicht auf der Stelle mit einem lauten Knall und äußerst bühnenreif zerplatzen sollte.
»In der Branche kennt doch irgendwie jeder jeden, oder?«, plapperte Emma hastig dazwischen und kicherte etwas unnatürlich und viel zu laut.
Das wurde Frau Schubert glücklicherweise nun doch zu ausführlich. Mit der wenig verräterischen Ankündigung »Ich komme gleich zu Ihnen« zog sie Jo endlich in ihr Büro.
Emma blieb allein auf dem Gang zurück und atmete erleichtert aus. Puuuhhh. Noch einmal gut gegangen. Jetzt nur nicht leichtsinnig werden. Sie hörte, wie die beiden drinnen miteinander sprachen, konnte aber nicht wirklich etwas verstehen. Kurz darauf kam Fürstberg ohne Frau Schubert wieder.
»Ach ja, wo waren wir stehen geblieben?« An dem Punkt, an dem wir auch erst einmal nicht mehr weitermachen wollen, dachte Emma. Sie wusste keine völlig unproblematische Antwort, denn weshalb sie hier war, konnte sie ihm nun wirklich nicht sagen, ohne sich und ihre Lüge komplett zu entlarven. Also schwieg sie. Warum konnte er sie nicht einfach zum Essen, zum Tanzen oder ins Kino einladen? Machte man das in der Filmbranche nicht so, wenn man an einer Frau Interesse hatte?
»Frau Jacobi, Sie können jetzt hereinkommen«, rief da zum Glück eine hilfreiche Stimme ganz unverfänglich aus dem Kostümbüro.
»Ich muss leider …«, entschuldigte Emma sich. »War mir eine Freude.« Sie wandte sich zum Gehen und hatte nur noch ein Ziel, nämlich die Zusammenkunft mit Fürstberg möglichst schnell zu beenden. Und das, obwohl sie sich vorhin noch nichts sehnlicher gewünscht hatte, als ihm zu begegnen.
»Ja, wirklich sehr schade«, meinte Jo, »vielleicht sieht man sich mal wieder.«
»Sie haben ja meine Nummer.« Damit drehte sie sich um und freute sich gleichzeitig über den brillanten Einfall, diese Tatsache noch einmal erwähnt zu haben.
»Sehr schön«, kam es auch prompt zurück, bevor ihr Schwarm den Gang entlang entschwand. Das ist der Stoff, aus dem Traummänner sind, dachte Emma und hoffte, dass man ihr die Begeisterung nicht allzu deutlich ansah.
»Kennen Sie Jo Fürstberg schon länger?«, fragte Teresa Schubert neugierig, als sie mit ihr in den Nebenraum zu dem Dirndl marschierte.
Hörte das denn heute gar nicht mehr auf? Es würde noch so weit kommen, dass alles aufflog, nur weil ein paar ungünstige Umstände zusammengetroffen waren. Immerhin durfte sie jetzt wieder Schneiderin sein, alles Weitere würde sich schon finden. Und in diesem Fall am besten mit der zumindest halben Wahrheit.
»Nein, nein«, antwortete sie, »wir haben uns auf diesem Empfang kennengelernt, für den Sie mir die Karte geschenkt haben.« Die näheren Umstände taten nun wirklich nichts zur
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