Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
Zukunftspläne zu schmieden. Vielleicht wird es auch bei Singles konkret, und sie finden eine neue Liebe? Liebesgöttin Venus weckt jetzt jedenfalls selbst bei den sonst so freiheitsliebenden Schützen die Lust auf Zweisamkeit.« Emma begann zu träumen. Vielleicht würde ja sie es sein, die den von seiner Ehe enttäuschten Jo wieder für eine Beziehung begeistern konnte. Ach, wenn er doch nur Schütze wäre …
Als sich jedoch trotz ihres glänzenden Horoskops einige Tage lang überhaupt nichts tat, bekam Emma allerdings Zweifel an der Macht des Schicksals. Kein Auftrag, der sie wieder zum Studio drei des Bavaria-Geländes führte. Kein Anruf von Fürstberg, der auf ihrem Tag und Nacht erreichbaren Handy blinkte. Ja, nicht einmal Frau Schubert, die sich in der Schneiderei meldete. Kurz und gut: Auf allen Frequenzen herrschte absolute Funkstille zwischen Emma und Jo, und was noch schlimmer war, sie konnte nichts daran ändern.
Mit jedem Tag sank ihre Laune weiter in den Keller, bis sie zu Beginn der nächsten Woche ganz unten angekommen war. Nun galt schon wieder ein anderes Horoskop, das leider weit weniger verheißungsvoll war als das der vorherigen Woche. Verflixt und zugenäht. Wahrscheinlich war es erheblich einfacher, eine Stecknadel im Heuhaufen ausfindig zu machen, als einem gut beschäftigten Regisseur ganz beiläufig zu begegnen. Zumindest für eine unbedeutende Schneiderin. Und dabei hatte sie es doch schon so deutlich vor Augen gesehen – das Happy End à la Pretty Woman oder Notting Hill .
»Verdammt«, entfuhr es ihr, als die Nadelspitze der lästigen Overlock-Maschine in ihre Fingerkuppe fuhr und ein kleiner Blutstropfen hervorquoll. Schnell hielt sie die winzige und gerade deshalb schmerzhafte Verletzung an die Lippen und saugte vorsichtig daran. Ein leicht metallischer Geschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus, während sie erneut versuchte, den fliederfarbenen Faden in das Öhr der rechten Nadel zu bekommen.
Als sie jedoch ihren Zeigefinger noch einmal zum Mund führen musste, um einen weiteren Blutrest abzulecken, rutschte ihr der Faden erneut weg, inzwischen zum dritten Mal. Schon in ganz entspanntem Gemütszustand war das Umfädeln an dieser Maschine kein Spaß, mit Liebeskummer schien es Emma aber schlichtweg unmöglich. Sie fluchte erneut und sprang ungeduldig von ihrem Stuhl auf.
»Na, will das Kamel mal wieder nicht durchs Nadelöhr?«, fragte Mona.
»Dieses Umfädeln macht mich wahnsinnig. Jedes Mal dauert es Ewigkeiten, und dann reißt der Faden sofort wieder«, schimpfte Emma über die Maschine, meinte aber eigentlich Fürstberg. Zwar musste sie zugeben, dass auch in ihren Filmen dem Happy End immer einige Hindernisse vorausgingen. Doch für sich selbst hätte sie sich eine Liebesgeschichte ganz ohne Umwege gewünscht.
Wenn sie gehofft hatte, eine der beiden Kolleginnen würde Mitleid bekommen und ihr die verhasste Aufgabe abnehmen, hatte sie sich gründlich getäuscht. Weder Mona noch Jasmin waren besonders scharf auf zerstochene Fingerkuppen oder geschundene Nerven. So versuchte Emma erneut, mit möglichst ruhiger Hand den Faden zu führen, und schaffte es im zweiten Anlauf. Leider war sie jedoch beim Versäubern der Naht schon wieder derart in ihren Gedanken an Jo versunken, dass der Faden nach kurzer Zeit erneut riss.
»Das gibt’s doch nicht!«, schimpfte sie vor sich hin und hätte um ein Haar die Seidenbluse in eine Ecke gepfeffert.
»Was ist denn eigentlich mit dir los?«, fragte Mona nun doch und trat an Emmas Tisch. »Du bist schon seit Tagen so mies drauf.« Sie fasste ihre Kollegin an den Schultern und drehte sie mitsamt dem Stuhl zu sich herum. »Stress mit den Männern?«
Schön wär’s. Das war vielleicht Monas größtes Problem, Emma hingegen wäre froh gewesen, wenn sie wenigstens mit einem einzigen – einem ganz bestimmten – Mann irgendeine Art von Stress gehabt hätte. Aber der rief sie ja nicht einmal an.
Daher schwieg sie verbissen und mühte sich, den widerspenstigen Faden über die zahlreichen Haken und Ösen heil bis in die Nadel zu befördern. Möglichst, ohne sich zu stechen. Es gelang.
Mona stand noch eine Weile abwartend neben ihr, um vielleicht doch noch eine Antwort auf ihre gut gemeinte Frage zu bekommen. Doch Emma, die sich inzwischen in düsterer Endzeitstimmung befand, hatte absolut keine Lust auf Gedankenaustausch und brütete beim Nähen still vor sich hin. Wenn Jo sie schon so konsequent ignorierte, dann musste sie das nicht auch
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