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Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)

Titel: Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Becker
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sie die Haustür aufsperrte, kam ihr das mit Weinranken bewachsene Gebäude wieder einmal wie ein geheimnisvolles Märchenschloss vor. Doch sie war endgültig aus dem Dornröschenschlaf erwacht, in dem sie sich jahrelang befunden hatte – gefangen gehalten von einer bösen, spinnenfingrigen Schneidermeisterin. Jetzt, da sie ihre vielfältigen Möglichkeiten kannte, wollte sie sich nie mehr mit einem Durchschnittsleben zufriedengeben.
    Sie hatte es als unbedeutende Schneiderin geschafft, eine Rolle in einem Werbespot zu ergattern und das, obwohl man sie sofort als Anfängerin geoutet hatte. Sie hatte die gesamte Chefetage einer Joghurtfirma von ihren Ideen überzeugt und dabei sogar eine Kostümbildnerin in den Schatten gestellt.
    Beflügelt von den Erfolgen des vergangenen Tages und dem Lob der Großmutter hätte Emma ihr Glück gerne noch mit jemand anderem geteilt. Die Eltern, Lisa oder die Freundinnen kamen nicht infrage. Doch wofür hatte sie schließlich Maries Nummer, wenn nicht für einen solchen Moment? Sie kramte den Zettel aus ihrer Handtasche und wählte sofort.
    »Ach, hab ich dich geweckt?« Irgendwie hörte sich die Informatikerin schläfrig an.
    »Nein, nein … Wir haben nur … Wer ist denn da überhaupt?«
    »Oh, entschuldige … Emma … die Schneiderin …«
    »Mensch, wie schön, dass du dich meldest.« Jetzt klang sie überhaupt nicht mehr schläfrig. »Gibt’s was Neues? Erzähl!«
    Da ließ Emma sich nicht lange bitten. Bis ins kleinste Detail berichtete sie vom heutigen Fitting und ihrer Glanzleistung. Marie riet ihr wie Fanny, jetzt dranzubleiben und keine auch noch so geringe Chance ungenutzt zu lassen. Wunderbar! Doppelt bestätigt fühlte sich Emma nun noch besser.
    Gedankenverloren stand sie später im Schlafzimmer am Fenster und blickte in die Dunkelheit. »Der zukünftige Stern am deutschen Fernsehhimmel«, hatte die Großmutter gesagt. Ob das wohl wirklich möglich war? Man hörte ja öfter von Menschen, die aus dem Nichts eine märchenhafte Karriere starteten. Oder gab’s das nur im Film?
    »Je mehr ich über alles nachdenke, desto öfter frage ich mich, ob es im Leben Gerechtigkeit gibt«, meinte Williams Freundin Bella, nachdem Emma Notting Hill eine halbe Stunde vor Schluss eingeschaltet hatte, »niemand weiß, warum manche Dinge gut gehen und manche ganz und gar nicht.«
    Das klang zwar einerseits beruhigend, andererseits aber auch wieder nicht. Vielleicht musste man ab und zu dem Schicksal seinen Lauf lassen und darauf vertrauen, dass alles schon so kam, wie es kommen sollte. Da eben dieses Schicksal bei Emma in den letzten Wochen durchaus ordentliche Arbeit geleistet hatte, konnte sie ihm sicherlich erneut das Vertrauen schenken.
    Hätte sie nicht das Brautkleid in die Filmstudios liefern und dort anprobieren müssen, wäre sie wohl Jo niemals begegnet. Und hätte sie sich nicht beim Bavaria-Empfang in einem Augenblick geistiger Umnachtung als Schauspielerin ausgegeben, dann wäre auch niemand auf die Idee gekommen, ihr ein Werbecasting vorzuschlagen. Und hätte David sie nicht beim Vorsprechen sofort abfällig als blutige Anfängerin bezeichnet, wäre sie nie locker genug gewesen, um ihre Sache gut zu machen. Und wäre Jo am Montag zu der Verabredung erschienen, hätte sie vermutlich nie erfahren, was er wirklich über sie dachte.
    Alles Zufall? Emma gefiel es besser, den Gang der Dinge als eine schicksalhafte Fügung zu sehen. Beim Zufall wusste man schließlich nie genau, wie lange und wie oft das noch gut ging. Der Vorherbestimmung dagegen lag schon vom Namen her eine gewisse Logik zugrunde, und das ließ doch auf weitere positive Entwicklungen hoffen. Im Vertrauen darauf und auf ihre eigenen Fähigkeiten, die sie in letzter Zeit mehrfach unter Beweis gestellt hatte, schlief Emma schließlich entspannt ein.

10
    Lügen haben kurze Kleider –
    welcher Mann kann da schon widerstehen?
    Wohnung Emma
    Innen/Tag
    Am Morgen des Drehs erwachte Emma weit vor dem Wecker. Um sechs Uhr sollte sie ein Fahrer abholen, also hatte sie ihn auf halb sechs gestellt. Gegen fünf jedoch war sie bereits hellwach. Dabei hatte sie vor Aufregung kaum ein Auge zugetan, war immer wieder hochgeschreckt, weil sie meinte, den Wecker gehört zu haben. In der Arbeit hatte sie sich gestern schon krankgemeldet. Am heiligen Sonntag hatte sie die Stichsäge angerufen und sie mit der anschaulichen Schilderung heftigster Magen-Darm-Beschwerden überzeugt. Das wenigstens war überraschend glatt

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