Verliebt und zugenäht!: Roman (German Edition)
schnell eine passende Kette leihen. Sie hat da so eine … Na ja, ist jetzt egal.«
Etwas unschlüssig standen sie sich gegenüber. Nachdem sie einander ihre Anliegen gebeichtet hatten, wusste keiner der beiden so recht, was es noch zu sagen gab. Emma hätte nun eigentlich unverrichteter Dinge davonradeln können, aber sie wusste nicht so recht, wie sie sich die restliche Zeit vertreiben sollte. Und Willi …
Willi sah sie nachdenklich an. »Möchtest du mal sehen, wie weit ich schon bin?«
»Okay …« Emma betrat den Vorgarten und folgte Willi hinter das Haus. Dort sah es immer noch ziemlich leer aus. Was sollte es hier zu besichtigen geben?
Willi musste ihren verblüfften Blick bemerkt haben, denn er nahm sie bei der Hand und führte sie an den Zaun, der das Grundstück zum Nachbarn hin begrenzte. Dann fasste er sie mit beiden Händen bei den Schultern und drehte sie in Richtung Haus, was Emma wenig erhellend fand. Auch aus dieser Perspektive sah der Garten recht leer aus.
»Sieht doch aus wie immer. Viel Wiese, ein paar Sträucher und einige Bäume«, meinte sie. »Du bist also noch nicht besonders weit, oder?«
»Nun warte doch erst mal …« Er legte Emma den Arm um die Schultern und zeigte mit der freien Hand zum linken Ende des Gartens: »Stell dir da drüben einen kleinen Teich vor … Am Rand wächst Schilf, auf der Wasseroberfläche schwimmen ein paar Seerosen … nicht zu viele natürlich. In die Ecke daneben bauen wir eine Pergola aus unbehandeltem Lärchenholz, an der sich im Sommer weiß blühende Rosen emporranken und Schatten spenden. Der Teich wird eingefasst von Frauenfarn, dazu vielleicht hellviolette Funkien, gefleckter Goldfelberich und für Lisa natürlich Sumpf-Schwertlilien.« Mit seinen Worten ließ Willi vor Emmas innerem Auge tatsächlich ein Bild des künftigen Gartens entstehen. Und je länger er sprach, desto genauer sah sie die verschiedenen Farben der Stauden vor sich. Ihr war sogar, als könnte sie auch den Duft des Wassers und der Blüten bereits riechen.
Willi füllte den Garten jetzt mit stattlichen Bäumen, aromatischem Flieder und den verschiedensten Blumen. Trotz seiner Begeisterung schien er ganz genau zu wissen, wo das Bild noch etwas mehr Opulenz vertrug und wo eine gewisse meditative Leere angeraten war.
»Was hältst du von einem Zitronenbäumchen im Topf neben der Terrasse? Oder einer granatroten Prachtspiere dort drüben? Man könnte auch noch einen kleinen Steingarten mit einer Trockenmauer integrieren …«
»Ich verstehe überhaupt nicht, wo Hennings Problem liegt«, sagte Emma schließlich staunend. »Das hört sich doch alles super an! Ich kann es schon genau vor mir sehen – zu jeder Jahreszeit.«
»Ach, der …« Willi ließ sich auf einen der alten Gartenstühle fallen und seufzte. »Henning will unbedingt klare Linien und deutliche Einteilungen. Wenn’s nach ihm geht, sag ich den Blumen ganz genau, wo sie blühen dürfen und wo nicht. Die Bäume, die er sich vorstellt, dürfen keine Blätter abwerfen. Und der Rasen wird kurz geschoren und muss strammstehen.«
Emma setzte sich neben ihn und sah in den Himmel, wo es schon zu dämmern begann. »Schade«, meinte sie leise, »ich kam mir schon vor wie in Notting Hill.«
»Wieso gerade dort?«
»Ach, eben musste ich an den Film denken … An die Stelle, wo die beiden in diesen Park einsteigen.«
»Kenne ich nicht.«
»Na ja, ist wahrscheinlich auch nicht dein Filmgeschmack.«
»Macht nichts, erzähl …«
In wenigen Worten beschrieb Emma Willi die berühmte Parkszene mit Julia Roberts und Hugh Grant. Schließlich kannte sie sie in- und auswendig.
»Gewisse Parallelen lassen sich tatsächlich nicht leugnen«, gab er danach zu, »immerhin ist das hier auch nicht wirklich unser Garten.«
»Genau genommen ist es noch überhaupt kein Garten«, erwiderte sie lachend, »aber … es könnte einer werden.« Sie zwinkerte ihm zu, obwohl sie wusste, dass er auch dieses Zitat aus Pretty Woman bestimmt nicht erkennen konnte.
Trotzdem machte es Spaß, mit ihm zusammen zu träumen, auch wenn es nur von einem Garten und nicht von der großen Liebe war. Wie Emma konnte sich Willi seinen Wünschen und Vorstellungen hingeben, so unrealistisch sie auch sein mochten. Und auch wenn für sie ein schöner, naturnaher Garten noch kein Happy End war, für Willi war er das vermutlich schon.
Wortlos saßen sie nebeneinander auf den alten, rissigen Holzstühlen und schauten in den inzwischen fast ganz dunklen Nachthimmel.
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