Verliebt, verlobt, verflucht
muss.« Natalie kicherte vergnügt, während Gingin aus ihrer vollgestopften Schultasche ihr Pausenbrot herauskramte. Gingin bemerkte ihren gierigen Blick und erwiderte: »Oh nein, vergiss es, du kriegst keinen Bissen von meinem Butterbrot – und sag jetzt nicht wieder, du hättest keine Zeit gefunden, dir ein Pausenbrot zu schmieren! Ich weiß, dass du versuchst, weniger zu essen, seit dir deine Schuluniform an deinem Hintern geplatzt ist.«
»Ich hab ja gar keinen Hunger ... was du wieder denkst! Schweinsnase hat mir heute drei Karamellwaffeln gebacken«, sagte Natalie und tätschelte ihren Bauch.
Dennoch fühlte sie sich auf unangenehme Weise ertappt. Diese schreckliche Szene vor drei Tagen würde sie nie vergessen können. Auf dem Weg in das Klassenzimmer hatte sie versucht, ebenso wie Gingin die Treppen in großen Schritten hinaufzuschreiten. Dabei hatte sie vergessen, dass ihre Uniform in letzter Zeit an manchen Stellen etwas spannte, und bei einem besonders großen Schritt war es passiert: Es machte Ratsch und über ihren Pobacken riss die Schuluniform entzwei und offenbarte Natalies Lieblingsunterhose aus rosa Wolle mit aufgedruckten Ringelschweinchen. Und ausgerechnet Ariane mit ihrer bescheuerten Mädchenclique befand sich gerade hinter ihr. Noch Stunden danach heulte sie auf dem Mädchenklo und weder die tröstende Gingin noch der mit einem Verweis drohende Professor Marzin konnten Natalie dazu bewegen, in den Unterricht zu gehen.
Daheim flehte sie ihre Mutter auf Knien an, ihr eine neue, strapazierfähigere Schuluniform zu kaufen. Mit Erfolg. Natalies Uniform wurde nach aktuellem Maß nachgeschneidert. Seitdem konnte Natalie wieder ganz beruhigt mit ihrem Hintern auf der Schulbank vor Langeweile hin und her rutschen.
»Ich dachte nur, mein Sitzkissen könnte vielleicht etwas weniger Butterbrote vertragen.«
»Papperlapapp, dein Sitzkissen kann schon noch etwas Füllung gebrauchen.«
Natalie schüttelte verneinend den Kopf und wollte schon etwas sagen, als ein glockenhelles Lachen ertönte.
»Oh wie ich diese Schnepfe Ariane verabscheue. Schau nur, wie sie mit ihrem Hintern wackelt.«
»Vielleicht versucht sie, damit Jungs anzulocken«, sagte Natalie mit vollem Mund.
Gingin schüttelte wieder den Kopf. »Wer steht schon auf so albernes Gewackel und Gekicher?«, wiegelte sie ab. »Und noch mal, ich will nicht, dass du dir Sorgen um deine Figur machst, verstanden? Die Schuluniformen sind Einheitsgrößen. Vielleicht spannen sie bei dir ein wenig, dafür hängen sie an mir wie ein schlabberiger Kartoffelsack.« Gingin warf einen kritischen Blick auf die Schuluniform, in die sie glatt zweimal gepasst hätte.
Natalie nuschelte zu ihrer Verteidigung: »Ich habe erst vorgestern angefangen, Butterbrote auf die rote Liste zu setzen.« Außerdem hatte Gingin leicht reden, fand Natalie. Aber ihre zierliche Gestalt hatte wohl etwas mit dem ständigen Rumgehopse zu tun und das wiederum mit ihren Elben-Genen.
4. Kapitel
Die Elfe Warenis
Eine halbe Stunde später war Natalie ein Nervenbündel - vor ihr lag ein nahezu leeres Blatt Pergamentpapier. Professor Marzin hatte Natalie bisher fast keine Sekunde aus den Augen gelassen und war ständig in ihrer Nähe zwischen den Tischen umhergewuselt. Der Spiegel lag zwar bereits auf ihrem Tisch, aber ihn zu benutzen traute sich Natalie nicht.
Doch dann kam von unverhoffter Seite Hilfe!
»Professor, Professor, das verstehe ich nicht«, jammerte Ariane und schnippte wild mit ihren Fingern. Sofort hechtete Professor Marzin zu Ariane, und sie trug ihm mit einem großen Augenaufschlag ihre Frage vor. Schmallippig lächelnd ging er auf ihr Anliegen ein und Natalie verspürte plötzlich den großen Drang, ihr Tintenglas nach den beiden zu werfen. Sie konnte nicht mit Augenklimpern punkten. Und dann hatte diese Schnepfe anscheinend vor kurzem die matschbraune Schuluniform mit zitronenfarbenen Rüschen am Hemdkragen besetzen lassen, passend zu ihrem flachsblonden Pferdeschwanz. Änderungen an der Schuluniform waren eigentlich strengstens untersagt. Natalie schnaubte und sah an ihrer eigenen Uniform runter, die große Ähnlichkeit mit einem Müllsack hatte.
Natalie beugte sich geschwind über den Spiegel. Hastig begann sie, zu den ersten Fragen die Antworten abzuschreiben und gab währenddessen vor, ihr Spiegelbild zu betrachten.
Eine Frage war: Welcher Bürgermeister verabschiedete das Gesetz zur Zollerhöhung?
Und Natalies gespickte Antwort: Gustar Serifedin .
Doch
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