Verliebt, verlobt, verflucht
sagst, er geht nicht mehr ab?« Gingins Augen weiteten sich.
»Nein, ich hab es fünfmal ohne Erfolg versucht.«
»Ich versuche es noch einmal«, schlug Gingin vor.
»Nein, nicht - autsch! Ich sagte doch, lass es.« Natalie rieb sich ihren schmerzenden Finger.
»Tschuldigung«, sagte Gingin. »Ich wollte mich nur selbst davon überzeugen. Und du hast Recht, er geht wirklich nicht mehr von deinem Finger ab.«
Natalie schossen Tränen in die Augen, sie wimmerte: »Womöglich lastet ein Fluch auf dem Ring, und der Finger wird eines Tages ganz schwarz, verfault und fällt ab.«
»Ach was, du übertreibst«, sagte Gingin ungerührt. »Schließlich stammt er ja von deinem Verehrer und was hätte er denn von dir, wenn du einen Finger weniger hast.«
Natalie zuckte zusammen, doch Gingin nahm davon keine Notiz.
»Das Ganze ist ein ziemlich großes Rätsel«, murmelte sie.
Gingin wackelte aufgeregt mit ihren Elbenohren. »Uuuh, ich bin ja so gespannt, wie dieser Artus aussieht!«
»Und ich erst!«, ergänzte Natalie grinsend und betrachtete nachdenklich den Ring. »So an sich ist der Ring ja wirklich hübsch.« Natalie betrachtete den Stein.
»Naja, eine rote Rose wäre hübscher gewesen als eine schwarze«, bekrittelte Gingin. »Aber zeig mir doch mal den Brief. Ist wenigstens dieser romantisch?«
»Oh ja, er ist wirklich sehr romantisch«, hauchte Natalie ergriffen und wurde bei dem Gedanken an den Brief rot im Gesicht. »Auch wenn ich diesen Artus nicht kenne, berühren mich die Worte tief im Inneren. Ich weiß, das muss jetzt in deinen Ohren etwas seltsam und kitschig klingen.«
Gingin verzog das Gesicht. »In der Tat, das tut es! Aber ich verzeihe dir, wenn ich verliebt bin, rede ich bestimmt genauso wirres Zeug. Allerdings weiß ich im Gegensatz zu dir, wie meine Verehrer aussehen. Du könntest mir doch den Brief kurz zeigen.«
Natalie sah sich verstohlen um. »Ich glaube, das würde zu sehr auffallen. Wir könnten später zum Drachenbrunnen gehen, dort sind wir wie immer ungestört.«
»In Ordnung, auch wenn du mich jetzt ziemlich auf die Folter spannst«, murrte Gingin. »Aber vielleicht hast du Glück und es wird mehr aus euch und bis zu unserem Abschlussballfindest du einen Kerl, der dich begleitet. Die ersten Plakate sind schon ausgehängt.« Gingin zeigte mit dem Kopf auf ein Plakat, das an einen der Bäume geschlagen worden war. Ein tanzendes Pärchen war dort abgebildet.
»Das wäre fast zu schön, um wahr zu sein«, seufzte Natalie.
Der zweite Schlag der Schulglocke ertönte, sofort verfinsterte sich Natalies Gesicht.
»Wir schreiben jetzt ...«
»Geschichte«, ergänzte Gingin und atmete tief ein und aus. »Langsam beschleicht mich das Gefühl, mittlerweile alle Jahreszahlen vergessen zu haben!«
»Ich vertraue auf meinen neuen Spick-Spiegel«, sagte Natalie und öffnete ihre Drachenlederschultasche, um ihn Gingin zu zeigen.
»Oh Mann, sehe ich heute blass aus«, sagte Gingin, als sie in den Spiegel sah. »Und wie soll dir dieser Spiegel im Test nützlich sein?«
Natalie erklärte seine Funktion und Gingins Augen wurden immer größer.
»Ich sehe schon, wir werden Jahrgangsbeste!«, platzte es aus Gingin heraus.
Natalie grinste und steckte den Spiegel wieder in ihre Tasche zurück. »Abgesehen davon, dass du sowieso Jahrgangsbeste wirst, können wir nicht dauernd den Spiegel verwenden, das wäre zu auffällig.«
»Einverstanden, dann verwenden wir ihn nur in Notfällen«, schlug Gingin vor. »Heute ist so ein Notfall für dich, und nächste Woche habe ich solch einen Notfall in Biologie. Ich war doch letzte Woche krank und muss deshalb den Test nachschreiben. Allerdings habe ich keine Lust, die Verhaltensweisen von Minitrollen auswendig zu lernen.«
»Die sind doch wirklich nicht schwer zu lernen, du brauchst dir doch nur unseren Minitroll anzusehen. Wenn er nicht geschäftig umherwuselt, stößt er grüne Magenbläschen auf, rülpst herzhaft, popelt in seiner Schweinsnase oder zieht seinen Rotz geräuschvoll in derselben hoch. Aber er ist noch kultivierter als andere, dank meiner Anstrengungen und meines Bemühens!« Natalie griff sich theatralisch ans Herz, Gingin grinste. »Setz dir doch gleich einen Lorbeerkranz auf. Aber keine schlechte Idee, dass ich darauf nicht schon eher gekommen bin. Wie lange dient er noch gleich in eurem Haus?«
»Seit einem Monat ungefähr, und seitdem kann ich in meinem Zimmer noch mehr Chaos verursachen, da Schweinsnase meinen Saustall immer aufräumen
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