Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
ihn an sich und schmiegt ihre Wange ins zauselige Fell. »Den müssen wir Michael zeigen!«, sagt sie und geht von der Küche ins Wohnzimmer. Heather nennt es den »Salon«, aber besonders schick ist es eigentlich nicht. Einfach nur ein Fernsehzimmer mit den üblichen kunterbunt zusammengewürfelten Einstiegsmöbeln, die allesamt aussehen, als wären sie von Ikea. Aber Heather hat das Wohnzimmer mit schönen Lampen und großen Kissen ausstaffiert, sodass es jetzt richtig hübsch und gemütlich ist. Ihr Prunkstück ist ein alter Gebetsteppich, den sie von ihrer Sommerreise in den Nahen Osten mitgebracht hat. Allerdings ist diese kleine Antiquität chancenlos gegen Michaels Beitrag zum Wohnambiente - einen gigantischen Plasmafernseher, der kaum ins Zimmer passt. Den nennt Michael »sein Baby«.
Ich sehe ihn auf der Couch sitzen, einen Eimer Popcorn im Schoß.
»Sieh dir nur diesen niedlichen Chanukka-Bären an, den Maddy uns geschenkt hat!«, sagt Heather.
»Niedlich«, meint Michael und starrt weiter auf den Fernseher. Er deutet auf die fast kinogroße Bildfläche, von der mich Julia Roberts anschaut - eine fast lebensgroße Julia Roberts.
Julia sagt: »Das nennt man Titten, Ed.«
»Das nennt man Titten, Ed!«, dröhnt Michael lachend durchs Zimmer, grunzt, grölt und schlägt sich auf die Schenkel wie ein echter Hillbilly. Er kriegt sich kaum noch ein.
Heather dreht sich zu mir um und verdreht die Augen. »Er schaut Erin Brockovich . Und nicht zum ersten Mal, das kann ich dir sagen!« Sie seufzt und tätschelt Michael im Vorbeigehen den Kopf. »Normale Männer träumen von Motorbooten und Bikinimodels. Mein Mann träumt von Kunstfehlern.«
»Von McDonald’s-Kaffee«, stellt Michael klar.
»Hast du von diesem Fall gehört, bei dem McDonald’s seinen Kaffee zu heiß serviert hat?«, fragt sie mich.
Ich nicke und weiß schon, was jetzt kommt. Heather und Michael haben diesen Tick, dass sie manchmal beide gleichzeitig und wild durcheinanderreden. Sie fallen sich ins Wort und beenden die Sätze des anderen. Und so auch jetzt. Ich verstehe kein Wort, aber irgendwie geht es um McDonald’s-Kaffee.
Dann setzt Michael sich auf und wirft mit einem Stück Popcorn nach Heather. Es trifft sie an der Schulter und fällt zu Boden.
»Ha ha«, sagt sie und verschränkt die Arme vor der Brust. »Kindisch.«
»Schon gut, ich heb’s ja gleich auf«, beschwichtigt er sie. »Reg dich nicht auf, Darling.«
»Was ist denn jetzt mit dem McDonald’s-Fall?«, frage ich, weil ich weiß, dass Michael darauf brennt, mir davon zu erzählen. Er steht gerne im Mittelpunkt, weshalb er wahrscheinlich auch Anwalt geworden ist - so kann er sich im Gerichtssaal
produzieren, vor den Geschworenen plädieren und zwölf ehrenwerten Bürgern aus Travis County endlich mal sagen, was Sache ist.
Jetzt doziert Michael vor mir: »Tja, Maddy, ich hatte einen ganz wunderbaren Traum. Eine Mandantin ruft mich an und erzählt mir, sie hätte sich verbrannt, weil ihr der Kaffee zu heiß serviert worden war. Und als ich sie frage, wo das denn war, sagt sie: bei McDonald’s.«
»Du hättest mal hören sollen, wie er im Schlaf gestöhnt hat«, sagt Heather.
»Yeah«, erwidert Michael. »Stellt euch mal den Anwalt vor, der eine Klage gegen Mickey D’s führen würde! Der hätte ausgesorgt«, seufzt er verzückt.
Dann wendet er sich wieder dem Fernseher zu. »Wisst ihr was - in diesem Film ist Julia Roberts echt scharf .«
Da schnappt Heather sich eine Handvoll Popcorn, lässt es neben Michael auf den Boden fallen und tritt drauf. Ich höre es unter ihrer Sandale knirschen.
»Hey, das ist aber gar nicht nett!«, beschwert sich Michael und strahlt dabei seine Frau an. Die liebe, nette Heather mit ihrem Supermodelgesicht. Mit so einem Gesicht verzeiht ein Mann einem wahrscheinlich alles, denke ich mir. Ihre Figur erinnert an die junge Twiggy oder an Kate Moss, und nach ihrem Gesicht dreht sich jeder Mann zweimal um. Wenn ich mit ihr weggehe, bin ich immer die unsichtbare Freundin.
Und dann zeigt Heather mir endlich das Kinderzimmer.
»Ta-taa!«, ruft sie und macht das Licht an. »Und …?«, fragt sie und breitet die Arme aus. »Wie findest du es?«
Ich schaue mir alles an. Die Wände in zartem Himmelblau, in einer Ecke das weiße Gitterbettchen, darüber ein kleines Mobile, so ähnlich wie die von Alexander Calder, die Decke frisch gestrichen und wolkenweiß.
Mit einem kleinen Budget und viel kreativer Energie hat Heather hier ein wahres Wunder
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