Verliebt Verlobt Vergeltung - Roman
Wahrscheinlich ist das genau die Pose, die sein Vater einnimmt, wenn er jemanden feuert.
»Ich habe den Putzfrauen gesagt, sie sollten dein Büro ausräumen, Maddy, und deine Sachen in Kartons packen. Ich dachte, das wäre einfacher für alle Beteiligten - insbesondere für dich. Aber es gab da leider ein kleines Missverständnis. Du weißt ja selbst, wie schlecht sie Englisch sprechen.«
Er seufzt schwer, reibt sich die Schläfen. »Okay. Lange Rede, kurzer Sinn - sie haben alles in den Müllschlucker geworfen.«
Ungläubig schaue ich ihn an. »Was?«, frage ich, und meine Stimme versagt.
»Es war ein Missverständnis, ehrlich«, meint er achselzuckend. »Dumm gelaufen, aber kann ja mal vorkommen.«
»Ich hatte alles in meinem Schreibtisch, Carlton-alles! Wie kannst du nur …« Mir fehlen die Worte.
Und dann: »Oh Gott! Meine Portfolios!!! Was ist mit meinen Portfolios? Ich … ich kann mich ohne meine Portfolios nicht bewerben!«
»Ich dachte eigentlich, dass Henry dich vielleicht wieder einstellen würde«, meint Carlton gleichmütig.
Das ist dann doch zu viel.
Ich lasse den Kopf hängen und merke, wie ich dichtmache. Wie eine Schnecke, die sich in ihr schützendes Haus verkriecht.
»Alles halb so wild. Das meiste war auf deinem Rechner gespeichert«, sagt er schnell. »Ich habe eine Kopie der Festplatte gemacht.« Er steht auf, kommt hinter seinem wuchtigen Schreibtisch hervor und drückt mir ein Zip-Laufwerk in die Hand.
»Du bist echt unglaublich!«, schnauze ich ihn an. »Hast du eigentlich überhaupt irgendwelche Gefühle? Hast du mich eigentlich jemals geliebt?«
»Bitte, Maddy. Nicht hier in der Firma.«
»Die Firma , die ich mitaufgebaut habe! Die meine Idee war!«
Carlton schaut zu Boden. »Du bist für deine Arbeit gut bezahlt worden«, sagt er ruhig.
Jetzt reicht es!
Ich springe auf. Am liebsten würde ich toben und schreien und Dinge umherwerfen, dass es nur so kracht. Aber das tue ich natürlich nicht. Stattdessen stehe ich ganz ruhig da und atme tief ein und aus, ein und aus.
»Danke, Romeo«, sage ich. »Für den Ring - für immer.« Und reiße mir den Julia-Ring vom Finger und knalle ihn auf den Schreibtisch.
Carlton schweigt. Ich drehe mich auf dem Absatz um und renne hinaus.
Als ich dann im Auto sitze, breche ich zusammen. Ich heule so sehr, dass ich kaum fahren kann. Ich bekomme kaum noch Luft. Schnell fahre ich rechts ran, reiße die Tür auf und kotze auf den Asphalt.
47
UND WIEDER sind wir im Starbucks. Ich tröpfele Honig in Dicks Kaffee. Als ich zum Tisch zurückkomme, schaut mein Rächer mich lächelnd an und sagt: »Ich hätte gern noch so ein Apfelstrudel-Ding.«
»Kein Problem«, sage ich und gehe wieder los, um Dick einen Apfelstrudel und einen großen Schokokeks zu holen. Da hat er gleich doppelt so viel Spaß.
Dicks Augen leuchten hell auf, als er all diese süßen Verlockungen vor sich sieht.
Er reibt sich die Hände und schlägt zu. Die Hälfte des Apfelstrudels ist nach einem Happen verschwunden.
»Captain Hook schläft ja tief und fest wie ein Baby«, sagt er, den Mund voller Apfelstrudelbrei. »Rad und Uhr hab ich, und erst wollte ich auch noch Mr Überfliegers Brieftasche mitgehen lassen - so als kleine Bonuszahlung -, aber ich habe mich beherrscht«, verkündet er stolz.
»Wo sind die Sachen?«, frage ich.
»Das Rad ist in meinem Hummer.«
»Du fährst einen Hummer?«, frage ich Dick.
Er nimmt einen Schluck Kaffee. »Klar«, sagt er. »Für mich nur das Beste.«
»Und die Uhr?«
Dick greift in seine Jackentasche und schiebt mir eine kleine braune Papiertüte über den Tisch.
Ich gucke erst ganz vorsichtig hinein, dann hole ich die Uhr aus der Tüte. Halte sie in der Hand und sehe sie mir genau an - und muss daran denken, wie ich Carlton mal überraschen wollte …
Letztes Jahr, an Carltons Geburtstag, hatte ich die Uhr zu einem Juwelier gebracht, um sie ganz fachmännisch reinigen zu lassen. Aber Carlton war außer sich gewesen. »Du lässt bitte ab sofort deine Finger von dieser Uhr!«, fuhr er mich an, und ich war ziemlich perplex, dass er sich deswegen so aufregte.
»Ich … ich wollte dir ja nur eine Freude machen«, stammelte ich.
»Warum sollte ich mich denn darüber freuen?« Er schrie fast.
»Die Uhr war zerkratzt, Carlton, und der Juwelier hat sie poliert. Sieht sie jetzt nicht wieder richtig schön aus?«, erwiderte ich.
Er riss mir die Uhr aus der Hand. »Darum geht es doch gar nicht, Maddy. Was, wenn du sie unterwegs verloren
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