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Verliebt, verlobt - verrueckt

Verliebt, verlobt - verrueckt

Titel: Verliebt, verlobt - verrueckt
Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
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wahrscheinlich, weil sie spüren, dass diese Wesenszüge bei ihnen unterentwickelt sind, und ihnen dadurch einiges entgeht. Leider sind die Sprunghaften oft auch vergesslich und unordentlich, was die Strukturierten schnell in den Wahnsinn treibt. Wenn der Partner hundertmal den Hausschlüssel verschlampt, den Backofen eingeschaltet und den Hund ungefüttert lässt, weil ihm gerade ein alter Freund vorgeschlagen hat, sich gleich auf ein Bier zu treffen, kann man schon mal an die Grenzen seiner Geduld kommen. Umgekehrt neigen die spontanen Lebenskünstler dazu, den ordnungsliebenden Partner als kleinkariert und spießig zu empfinden– und meist dauert es nicht lange, bis sie das lautstark äußern. Dann ist man schnell in eine der endlosen Diskussionen verwickelt, die niemals zu einer Lösung führen, weil beide eben so sind, wie sie sind und sich voraussichtlich auch nicht ändern werden. Besser sollte man sich darauf konzentrieren, herauszufinden, ob man sich gegenseitig erträgt. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr, auch unter Extrembedingungen.
    Hierfür empfiehlt sich eine Urlaubsreise: Eine Camping-Radwanderung bei Dauerregen durch Brandenburg, eine Wüstendurchquerung auf dem Kamel oder zwei Wochen in Gesellschaft des Legionellen-Erregers bringen da schon einigen Aufschluss. Falls später Kinder gewünscht sind, rate ich zu einem Aufenthalt in einem Ferienclub. Dort bekommt man einen Vorgeschmack auf das, was einem bevorsteht, sobald man selbst Kinderbesitzer ist: ständige nächtliche Störungen, Mahlzeiten bei höchster Lautstärke und der Zwang, Spiele zu spielen, bei denen man sich als Erwachsener wie ein Idiot fühlt.
    Wenn man die Hürden der Haushaltsverschmelzung genommen und die gemeinsame Wohnung zur beiderseitigen Zufriedenheit eingerichtet hat, beginnt das Zusammenleben, ein niemals endendes Ringen um die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz. Zunächst heißt das, die Präsenz des anderen mit all ihren Auswirkungen zu tolerieren. Von Bartstoppeln im Waschbecken über herumliegende Unterwäsche bis zur Warzentinktur auf der Ablage hinterlassen Menschen Spuren, die einem anderen unangenehm sein können– auch, wenn er der Ehepartner ist. Manche Frauen finden es schrecklich, dass ihr Mann morgens die Zeitung mit aufs Klo nimmt und dort liegenlässt, manche Männer genieren sich vor Gästen, wenn im Bad Tamponschachteln herumliegen. Es sind scheinbar banale Fragen wie: » Darf mein Mann mich mit Gurkenmaske sehen?«, oder » Möchte ich dabei sein, wenn er sich die Zehennägel schneidet?«, die wichtige Weichen für die Zukunft stellen. Denn sind bestimmte Distanzen erst einmal unterschritten, wird es immer schwieriger, die eigene Intimsphäre zu wahren.
    Bevor ich mit einem Mann zusammenlebte, pflegte ich zu verkünden, ich wolle niemals in einer » Pupsidylle« leben, in der man so eng aufeinander hockt, dass man sämtliche optischen, akustischen und olfaktorischen Lebensäußerungen des anderen mitbekäme. Stattdessen wolle ich mich meinem Partner immer nur gepflegt und gut gelaunt, sozusagen in sonntäglicher Verfassung, präsentieren, und dasselbe erwarte ich auch von ihm.
    Inzwischen habe ich eingesehen, dass man mit solch hohen Ansprüchen für ein Zusammenleben ungeeignet ist. Denn das ist im Wesentlichen dadurch geprägt, dass jeder Lebensäußerungen von sich gibt, und auf Dauer ist es nicht zu vermeiden, dass diese vom Partner wahrgenommen werden. Der erste gemeinsam durchgestandene Brechdurchfall stärkt die Beziehung, senkt aber die Intimitätsschwelle beträchtlich. Wer das nicht erträgt, nimmt sich besser zwei Wohnungen. Und die am besten in zwei verschiedenen Städten.
    Wenn das nicht geht, wären schon zwei Badezimmer nicht schlecht, aber auch die sind in Wohnungen üblicher Größe nicht vorgesehen. Es hilft also nichts. Wer keine Fernbeziehung führen will, muss lernen, Nähe auszuhalten. Wobei für den einen schon das gleichzeitige Zähneputzen eine Grenzüberschreitung darstellt, während der andere sich nicht mal scheut, in Anwesenheit des Partners die Toilette zu benutzen.
    Ich zum Beispiel schätze es, allein im Badezimmer zu sein. Mein Mann liebt es, unter irgendeinem Vorwand hereinzukommen, wenn ich unter der Dusche stehe. Eigentlich bin ich jedes Mal sauer. Wenn ich dann aber sehe, mit welch erfreutem
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