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Verliebt, verlobt - verrueckt

Verliebt, verlobt - verrueckt

Titel: Verliebt, verlobt - verrueckt
Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
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einer an seine Grenzen kommt, ist der andere da. Und wenn’s Probleme gibt, können wir uns austauschen und darüber diskutieren, welches die beste Lösung ist. Seit ich weiß, wie anstrengend Kinder sein können, weiß ich, was Alleinerziehende leisten!
    Unmerklich wuchsen wir in diesen ersten Wochen und Monaten vom Paar mit Baby zu einer Familie zusammen. Unsere anfängliche Aufregung ließ nach, die Abläufe spielten sich ein, wir hatten das Gefühl, unsere neuen Rollen als Mutter und Vater immer besser auszufüllen. Wir schliefen zu wenig, gingen so gut wie nie ins Kino oder zu Einladungen– unser Leben drehte sich fast ausschließlich um den Säugling. Aber allmählich fing es an, richtig Spaß zu machen. Leo begann zu lächeln, zu reagieren und aktiv zu kommunizieren. Jeden Tag staunten wir von Neuem über den kleinen Kerl und hatten unglaublich viel zu lachen.
    Und weil’s so schön war, dauerte es nicht lange und wir wünschten uns ein zweites Kind. Diesmal wurde ich sofort schwanger, aber beim Ultraschall wiegte der Arzt bedenklich den Kopf und sagte, mit dem Embryo stimme etwas nicht, ich müsse damit rechnen, dass er abginge. Ich klammerte mich an die Hoff nung, d ass auch ein Experte sich irren kann, aber er behielt recht.
    Ich war gerade in Köln, um stern tv vorzubereiten (damals sprang ich für Günther Jauch ein, wenn der krank oder im Urlaub war), da passierte es. Zwischen zwei Redaktionsbesprechungen fuhr ich in die Frauenklinik. Man sagte mir, ich solle unbedingt dableiben und mich behandeln lassen, andernfalls drohe eine lebensgefährliche Sturzblutung. Ich erklärte, ich müsse am Abend eine Livesendung moderieren und sei daher nicht abkömmlich. Der Arzt schüttelte ungläubig den Kopf und ließ mich unterschreiben, dass ich für alle Folgen dieser Entscheidung selbst verantwortlich sei.
    Für die Sendung bastelte ich mir eine Art Windelpaket, mit dem ich die Sturzblutung aufhalten wollte. Ich erinnere mich an kein Thema dieser Folge von stern tv und auch nur noch an einen der Gäste, den Schauspieler Dirk Bach. Ich saß ihm gegenüber und hoffte, dass er zu den Menschen gehört, die größere Mengen Blut sehen können, ohne dass ihnen schlecht wird. Keine Sekunde dachte ich daran, dass es ziemlich unvernünftig war, mein Leben für eine Fernsehsendung zu riskieren. Aber während meiner achtundzwanzig Jahre als Moderatorin habe ich keine Sendung abgesagt, egal in welchem Zustand ich mich befand. The show must go on.
    Es ging gut, und am nächsten Morgen flog ich sogar noch nach München. Peter holte mich ab und raste mit mir ins Krankenhaus. Alle schimpften furchtbar mit mir, wie leichtsinnig ich gewesen sei. Und mir kam erst in diesem Moment zu Bewusstsein, was passiert war: Ich hatte mein Kind verloren.
    Bis heute denke ich an dieses ungeborene Kind. Ob es ein Junge oder ein Mädchen war? Was für ein Mensch es geworden wäre? Noch immer fühle ich Trauer über all die ungelebten Möglichkeiten, die mit dem winzigen Embryo gestorben sind.
    Ein Jahr später kam unsere Tochter Paulina zur Welt. Als ich ihr vor Kurzem diese Geschichte erzählte (sie ist jetzt achtzehn), sah sie mich an und sagte: »Sei nicht traurig. Wenn das nicht passiert wäre, gäbe es mich nicht.«
    Ich weiß nicht, wie ich meine Empfindungen beschreiben soll, ohne in diese sentimentale Mutterglücksrhetorik zu verfallen, die ich überhaupt nicht leiden kann. Viele Frauen haben den Wunsch nach Mutterschaft nicht und sind trotzdem glücklich und zufrieden. Deshalb finde ich die Behauptung, Kinder zu bekommen sei die natürliche oder gar alleinige Bestimmung einer Frau, absurd.
    Ich habe mir immer eine Familie gewünscht und bin dankbar, dass es geklappt hat. Mein Mann und meine Kinder sind das größte Glück meines Lebens – aber nicht mein einziges. Auch mein Beruf bedeutet mir viel, deshalb habe ich immer darum gekämpft, beides zu verbinden. Hätte ich keinen Job, wären meine Kinder zu bedauern: Den ganzen Tag ginge ihnen eine überfürsorgliche Gluckenmutter auf die Nerven und würde ihren Perfektionszwang an ihnen ausleben. Ohne Kinder hingegen wäre ich zu bedauern, denn ich hätte niemals erlebt, wie es sich anfühlt, wenn morgens ein schlafwarmes Kleinkind ins Ehebett gekrabbelt kommt oder man vor Stolz platzt, weil der Siebenjährige sein erstes Tor
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