Verliebt, verlobt - verrueckt
hatten lange geplaudert, viel gelacht und zuletzt Brüderschaft getrunken. Am nächsten Tag war mir der Politiker zufällig über den Weg gelaufen. » Servus«, hatte ich gerufen. Er hatte eine Augenbraue nach oben gezogen und mich streng gemustert. » Mit wem habe ich es denn bitte zu tun?« Ich erinnerte ihn an unser Gelage, und er entschuldigte sich, er habe sich mein Gesicht wohl nicht gemerkt. Wie war das möglich? Wir hatten uns stundenlang gegenübergesessen, ich kannte jede seiner Runzeln.
Ich erklärte Christian Nürnberger meine heliozentrische Theorie, die ich dazu entwickelt hatte: Wenn ein Mann sich zu dicht neben seiner prominenten Frau aufhält, wird er nicht wahrgenommen, weil sie ihn überstrahlt. » Wir sind Gatten im Schatten«, sagte ich. » Wir sollten eine Selbsthilfegruppe gründen«, sagte er, » ich kenne noch den Mann von Maybrit Illner« (das war, bevor diese einen Partner fand, der selber strahlte, und mit dem sie um die Wette strahlen konnte). Wir beschlossen, uns zu Gatten-im-Schatten-Beauftragten zu wählen und uns alle » Vorfälle« zu melden. Da geteiltes Leid aber selten halbes und meist nur peinlich ist, blieb es beim Beschluss.
Dabei hätte ich Nürnberger noch so manches mitzuteilen gehabt. Oft wurde Amelie vom Bayerischen Ministerpräsidenten zur groÃen Fernsehpreis-Gala eingeladen, ich aber nicht, obwohl ich ein künstlerisch wertvolles Drehbuch nach dem anderen lieferte. Amelie, die keinen Spieler der Mannschaft nennen konnte, die 1976 den Weltpokal gewonnen hatte, bekam vom FC Bayern Ehrenkarten. Der Gipfel aber war ein Aufenthalt in einem Fünfsternehotel in Frankfurt. Wir sollten bei einer Wohltätigkeits-Gala lesen, das Hotelzimmer war gesponsert. Dort erwartete uns ein Korb mit exotischen Früchten und eine Flasche Champagner. Amelie ging zum Frischmachen ins Bad, ich lieà mich aufs Bett fallen. Es klopfte. Ein Mann im Goldknopf-Blazer trat ein. » Entschuldigen Sieâ Frau Fried?« » Ist im Bad«, sagte ich. » Dann richten Sie ihr doch bitte aus, dass ich sie als Hotelmanager auf Allerherzlichste willkommen heiÃe.« » Mache ich.« Er hielt mir lächelnd zwei goldene Ohrstöpsel, eine Schachtel mit Schoko-Trüffeln und ein weiÃes Tuch hin. Ich legte Ohrstöpsel und Pralinen auf Amelies Bett und hielt fragend das Tuch hoch. » Gehört zum VIP -Gedeck«, sagte er, » legen Sie es bitte vor ihr Bett.« Ich lieà das Tuch fallen. Er schüttelte tadelnd den Kopf. Ich ging auf die Knie und breitete das Tuch sorgfältig vor Amelies Bett aus. Er wartete, bis ich die letzten Falten geglättet hatte, nickte und zog sich zurück.
Als Amelie aus dem Bad kam, stand ich da und starrte auf das Tuch. Es war so ungerecht. Ich war genauso wohltätig wie sie. Wir lasen sogar gemeinsam. Warum bekam ich kein VIP -Tuch? » Du kannst gern meines haben«, sagte sie. » Ich will aber mein eigenes«, schrie ich. » Dann rufe ich die Rezeption an.« » Nein, auf keinen Fall, die denken ja, so ein Scheià wäre mir wichtig.« Amelie machte nicht den Fehler, spöttisch zu lächeln. Sonst wäre es mit meiner Wohltätigkeit vorbei gewesen. Unsere Lesung kam gut an, das Spendenergebnis war beeindruckend, aber in mir brodelte es. Ich konnte mir gut vorstellen, dass ein weniger friedlicher Schattengatte an meiner Stelle zum Prügelgatten geworden wäre und den Hotelmanager zusammengeschlagen hätte.
Das war der Moment, in dem mir der Plot für einen Polizeiruf 110 einfiel. Ich gab ihm den Titel » Henkersmahlzeit«. Ein genialer Koch schwitzt über seinen Töpfen, während seine schöne Frau als Geschäftsführerin des gemeinsamen Gourmetrestaurants von den Gästen hofiert wird. In seiner Kochsendung steht sie an seiner Seite und erklärt für ihn die Rezepte, und auf dem Cover seines Kochbuchs verdeckt sie ihn zu mehr als der Hälfte. Das wissen die Kommissare natürlich noch nicht, als der Koch in heller Aufregung bei ihnen erscheint und die Entführung seiner Frau meldet. Er habe sie anlässlich ihres Hochzeitstags zu einem Picknick am Fluss eingeladen. Plötzlich seien vermummte Männer aufgetaucht, hätten sie in einen Wagen gezerrt und seien mit ihr geflohen.
Die grausam entstellte Leiche wird am nächsten Tag in einem Steinbruch gefunden.
Amelie war nicht etwa empört, als ich ihr diese
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