Verliebt verlobt Versace Roman
sollte. Die vergangenen Wochen waren wunderbar gewesen, aber was brachte es, in New York zu bleiben, wenn es hier noch härter war als in London?
Und was für eine fantastische Vorstellung, dass mir, sollte ich nach Hause zurückkehren, mit meiner fabelhaften neuen Garderobe, meiner hinreißenden Handtasche und meinem unfassbaren Traumjob der Sex-and-the-City -Glanz anhaften würde. In meinem Herzen wusste ich, dass ich über Mark hinweg war, ich hatte keine Angst, ihn wiederzusehen. Mum und Dad wären, nun, sie wären beruhigt zu wissen, wo sie mich finden konnten, wenn sie für den Urlaub eine Katzensitterin benötigten. Und Louisa und ich würden alles wieder ins Reine bringen. Natürlich musste alles anders werden. Ich war anders.
»Man müsste mich für verrückt erklären«, flüsterte ich
vor mich hin. »Wenn ich das nicht mache, bin ich komplett verrückt.«
Ich schälte meine Schenkel von der Fensterbank, auf der ich mehrere Schichten sonnenverbrannte Haut zurückließ, und begann mit der Suche nach meinem Reisepass. Er befand sich nicht in meiner (fabelhaften) Handtasche, und er war auch nicht hinten in meiner Nachttischschublade. Dann gab es nur noch einen Ort, der dafür in Frage kam. Kniend zog ich meine Reisetasche unter meinem Bett hervor. Darin befanden sich außer meinem Reisepass nur meine alte Handtasche und ein zusammengeknüllter Haufen kaffeefarbenen Tafts.
Mein Brautjungfernkleid.
Ich zerrte es ans Licht und hielt es vor mich hin. Nachdem ich in den vergangenen drei Wochen nur gegessen hatte, sah es winzig aus. Zum ersten Mal seit Monaten hatte ich keine Ahnung, wie viel ich wog. Jenny glaubte nicht an Waagen, sie hatten ihrer Meinung nach »einen negativen Einfluss auf ihr Selbstwertgefühl«, und alle meine neuen Kleider waren so wunderbar kittelig. Probieren konnte ich es doch? Selbst wenn ich als gefühltes Mastschwein nach London zurückging, würde das meiner triumphalen Heimkehr keinen Abbruch tun.
Der Stoff fühlte sich auf meiner klebrigen Haut kalt an, und das Mieder war unbequem, als hätte man es mit Kleister ausgespült, aber es saß nicht so knapp wie ich erwartet hatte. Es saß überhaupt nicht knapp. Offensichtlich konnte man essen, was man wollte, solange man nur ständig durch New York lief und all die scharfen Jungs vögelte. Nachdem ich zwei Mal über den Saum gestolpert war und es mich tatsächlich einmal der Länge nach hingeworfen hatte, schlüpfte ich in meine Louboutins und stöckelte hinüber
zum Spiegel, wo ich meine Haare aus dem Gesicht strich und zu einem festen Chignon zusammenzwirbelte. Meine Augen waren noch immer rot und geschwollen, das Kleid verknittert. Kein guter Anblick, aber ein vertrauter. Es fehlte nur mein Verlobungsring, aber den wollte ich nun wirklich nicht wieder anziehen, wenn man bedachte, wo ich ihn zurückgelassen hatte.
Jenny hatte Fotos von den vergangenen paar Wochen überall um den Spiegel gesteckt, »um mir zu helfen, im Jetzt zu leben«. Meine Nachher-Fotos von Rapture, nachdem Gina mein Haar verwandelt hatte. Ich, Jenny und Erin beim Karaoke. Der Schnappschuss, den Jenny von mir und Alex bei seinem Gig gemacht hatte. Aber das Mädchen auf diesen Bildern war nicht das gleiche Mädchen, das mich jetzt ansah. Das Mädchen im Spiegel war Angela Clark von vor einem Monat. Es war diese Angela Clark, die in diesem Kleid geschlafen hatte und alle zwanzig Minuten schluchzend aufgewacht war. Es war diese Angela Clark, die so weit weg wie möglich abgehauen ist, als alles zu viel wurde. Aber das war auch schon alles, was mir von ihr in Erinnerung war. Wollte ich wirklich und ernsthaft wieder zurück?
Die Angela auf den Fotos sah glücklich aus. Ja, sie war ein wenig beschwipst, aber sie war fröhlich und gesund, und sie hatte ein sehr gutes Augenmake-up. Und auf dem Foto mit der neuen Frisur sah sie geradezu ekstatisch aus. Ich nahm das Foto von mir und Alex ab und warf es auf den Boden. Weshalb mein Elend vergrößern, indem ich es da oben stecken ließ? Nein, selbst ohne die Fotos von dem süßen Jungen sah dieses Mädchen viel glücklicher aus.
Ich wand mich aus dem Brautjungfernkleid und schob es mit meinen umwerfend beschuhten Füßen durchs Zimmer und in den Mülleimer. Es war ein gutes Gefühl ohne dieses
Kleid. Auch wenn ich mich komisch fühlte in Unterwäsche und den Louboutins. Um keine Passanten zu verschrecken, streifte ich mir ein T-Shirt über und kehrte ans Fenster zurück. Die Scheibe war trotz der sengenden Hitze kühl
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