Verliebt verlobt Versace Roman
klar, dass ich diese kleine Schlampe war. Ich wusste nicht recht, ob es an der Nähe zu einem waschechten Rocker oder an Jennys hervorragendem Styling lag, aber ich sah wirklich okay aus. Vielleicht lag es ja auch nur daran, dass ich Spaß hatte. Ich hatte ein ganz offizielles Rendezvous und dabei auch noch Spaß. Da habt ihr’s, ihr Miesmacher.
Ein Gig ist ein Gig ist ein Gig, merkte ich, als ich in den Raum hinter der Bar kam, in einen (dankenswerterweise) schummerigen, verräucherten Hauptsaal, egal ob in New York oder in London. Klebriger Fußboden, Gedränge an der Bar, wo man überteuertes warmes Bier in Plastikbechern verkaufte, kleine Grüppchen von Szenetypen in viel
zu engen Jeans, T-Shirts des New Yorker Punkklubs CBGB, und die kleinen Freundinnen auch in Röhrenjeans. So eingeschüchtert ich auch von all der unausgesprochenen Aufmerksamkeit war, die Alex zuteilwurde, so sehr fühlte ich mich doch auch heimisch. Dies könnte genauso gut wie der Bowery Ballroom in New York ein Veranstaltungsort in London sein.
»Gehst du zu Hause oft auf Konzerte?«, wollte Alex wissen, wobei er mir in die Ohren schreien musste, weil die erste Vorband auf ihre Gitarren einzudreschen begann und einen brutalen Anschlag auf ihr Schlagzeug verübte.
Ich nickte und lehnte mich an sein Ohr, die Nase durch sein anziehend weich fallendes Haar gesteckt. »Ja, früher bin ich noch viel öfter weggegangen, aber meine Freunde stehen nicht auf die Musik, die ich mag.«
Dabei verschwieg ich ihm, dass in Wirklichkeit keiner meiner Freunde dieselbe Musik wie ich hörte und Mark in den vergangenen zehn Jahren meine einzige Konzertbegleitung gewesen war. Als wir damals nach London zogen, sind wir mindestens einmal in der Woche ausgegangen, aber in den vergangenen beiden Jahren hatte er angefangen sich zu beschweren, die Gigs würden zu spät anfangen, man könne sich nicht hinsetzen, das Bier sei zu teuer und schmecke schal, und mehr als einmal hatte ich in den letzten paar Monaten nach einer kurzen SMS mit der Ansage, er mache noch Überstunden, allein zu Hause gesessen. Aber das war etwas, was Alex jetzt noch nicht zu erfahren brauchte. Ich wollte Spaß haben an diesem Abend.
»Ja«, sagte er und trank sein Bier ohne ein Wort der Klage. »Manchmal denke ich, es ist so viel einfacher, allein irgendwohin zu gehen. Wenn ich an all die Filme denke, die ich verpasst habe, nur weil ich keine Freundin hatte.«
Keine Sekunde lang konnte ich ihn mir ohne Freundin vorstellen. Fast jedes der Mädchen hier hatte ihn beim Hereinkommen gemustert, und die nicht gerade verhaltenen abschätzigen Bemerkungen über mich als die Frau an seiner Seite spornten mich an.
»Und was hast du heute gemacht, außer Justin hören?«, grinste er und führte mich in einen stillen Winkel seitlich der Bühne, von wo aus man besser sehen konnte. »Dieser Schreibgig hört sich echt cool an.«
»Außer Justin hören? Mein Gott, das nimmt so viel Zeit in Anspruch«, sagte ich und versuchte nicht auf die Leute zu hören, die um uns herum flüsterten. »Aber ja, dieses Schreibdings ist wirklich cool, hoffe ich jedenfalls. Es ist nur ein Online-Tagebuch, ein Blog, aber, na ja, ich möchte es nicht schlechtreden. Ich habe noch nie zuvor was Eigenes veröffentlicht, deshalb ist es für mich auch eine große Sache, obwohl es das vermutlich gar nicht ist.«
»Hört sich nach großem Durchbruch an«, meinte er und hob sein Glas. »Wirst du über deine Verabredung schreiben?«
»Werde ich wohl müssen«, sagte ich, obwohl ich darüber noch gar nicht richtig nachgedacht hatte. »Natürlich rein im journalistischen Sinne. Und auch absolut anonym. Ich werde deine Unschuld schützen.«
Er drückte sich wieder an mich und gegen die Wand, um mir einen harten Kuss zu geben. Während seine Lippen sich auf meine pressten und mein Körper zwischen der klebrigen kalten Wand und Alex’ straffer Gestalt gefangen war, lösten sich alle Bedenken zum Schutz seiner Unschuld in Wohlgefallen auf. Ich hatte Mühe, mein Bier festzuhalten.
»Solltest du über mich schreiben, solltest du wissen«, flüsterte
er, als wir uns voneinander lösten, »dass ich schlechte Kritiken sehr persönlich nehme.«
»Das sollte kein Problem sein«, zirpte ich. Sein warmer Schokoladenatem so dicht an meinem Ohr ließ mich erschaudern, und ich schloss meine Augen, um diesen Kuss angemessen in meiner Erinnerung zu speichern. Dieses gegen die Wand taumeln, seine weichen Lippen und seinen gegen den dünnen Stoff
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