Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
wer sie war. Es gab nur wenige Männer, die sich nicht an Ginger Hill aus Lace Inc. erinnert hätten. Doch nichts war in dieser Stadt weniger willkommen als
ein etwas übergewichtiges ehemaliges Sexsymbol, das seinen fünfzigsten Geburtstag feierte.
Obwohl man ihr das Alter noch nicht ansah. Ihre Augen waren noch von demselben strahlenden Grün, das sich in der Kamera immer so gut gemacht hatte. Ihr rostrotes Haar trug sie jetzt zwar kürzer, doch der Top-Colorist von Beverly Hills sorgte dafür, dass es nichts von seiner Intensität einbüßte. Sie hatte kaum Falten im Gesicht, und dank Craig, der ihr schon in jüngeren Jahren von ausgedehnten Sonnenbädern abgeraten hatte, war ihre Haut immer noch glatt und straff.
Der Altersunterschied von fünfundzwanzig Jahren zwischen ihr und ihrem gut aussehenden Ehemann, der gleichzeitig ihr Manager gewesen war, hatte die Leute zu Vergleichen mit Ann-Margret und Roger Smith oder mit Bo und John Derek veranlasst. Sie hatten damit nicht ganz Unrecht, Craig war tatsächlich ihr Svengali gewesen. Als sie vor über dreißig Jahren nach L. A. gekommen war, hatte sie nicht einmal einen Highschoolabschluss. Er hatte ihr beigebracht, wie man sich kleidet, sich bewegt und wie man spricht. Er hatte ihr Kultur vermittelt und aus dem linkischen Teenager eines der begehrtesten Sexsymbole der achtziger Jahre gemacht. Dank seiner Bemühungen konnte sie sich heute als durchaus belesen und kulturell gebildet bezeichnen und hatte eine Schwäche für Kunst entwickelt.
Craig hatte alles für sie getan. Zu viel. Manchmal hatte sie das Gefühl, von seiner dominierenden Persönlichkeit aufgesaugt zu werden. Selbst als er im Sterben lag, hatte er noch alles bestimmt. Dabei hatte er sie abgöttisch geliebt, und sie wünschte am Ende, sie wäre fähig gewesen, seine Liebe im selben Maße zu erwidern.
Sie lenkte sich von ihren Gedanken ab, indem sie den Blick über die Gemälde an den Wänden des Restaurants schweifen ließ, ein Julian Schnabel neben einem Keith Haring und einem wunderbaren Ölgemälde von Liam Jenner. Er gehörte
zu ihren Lieblingsmalern, und sein Bild zu betrachten beruhigte sie.
Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, Mallory war wie immer zu spät. In den sechs Jahren Dreharbeiten für Lace Inc. war Mallory immer als Letzte am Set erschienen. Normalerweise machte es Lilly nichts aus, doch jetzt gab es ihr zu viel Zeit, über Kevin nachzudenken und über die Tatsache, dass er sich von seiner Erbin getrennt hatte, noch bevor die Tinte auf den Hochzeitspapieren getrocknet war. Laut der Fernsehreporterin hatte Molly Somerville eine Fehlgeburt erlitten, und Lilly fragte sich, wie Kevin dazu stand, und ob das Kind überhaupt von ihm gewesen war. Berühmte Sportler waren immer schon beliebte Opfer skrupelloser Frauen, auch reicher Frauen, gewesen.
Mallory rauschte zwischen den Tischen heran. Sie trug noch dieselbe Kleidergröße wie zu Zeiten von Lace Inc. Und im Gegensatz zu Lilly war es ihr gelungen, im Geschäft zu bleiben, sie war die Königin der Miniserien. Doch sie hatte nicht das Auftreten von Lilly, und so nahm niemand Notiz von ihr. Lilly hatte sie unzählige Male deswegen aufgezogen. Haltung ist alles, Mallory! Du musst auftreten, als ob sie dir zwanzig Millionen pro Film zahlen.
»Entschuldige, bin etwas spät dran«, flötete Mallory. »Glückwunsch, Glückwunsch, meine Unbezahlbare. Geschenk kommt später.«
Sie tauschten die üblichen flüchtigen Begrüßungsküsschen aus.
»Kannst du mir noch einmal verzeihen, dass ich zu spät zu deinem Geburtstagsdinner komme?«
Lilly lächelte. »Du wirst überrascht sein, das zu hören, aber nach fünfundzwanzig Jahren beginne ich mich daran zu gewöhnen.«
Mallory seufzte. »Das ist länger als irgendeine meiner Ehen gehalten hat.«
»Das liegt daran, dass ich viel netter bin als deine Ehemänner.«
Mallory lachte. Der Ober erschien, um ihre Getränkewünsche aufzunehmen, und überredete sie zu einem amusebouche, einer Ratatouille-Tarte mit Ziegenkäse, während sie die Speisekarte studierten. Lilly dachte kurz an die Kalorien, bevor sie sich für die Tarte entschied. Schließlich hatte sie Geburtstag.
»Vermisst du es eigentlich sehr?«, wollte Mallory wissen, nachdem der Ober gegangen war.
Lilly brauchte nicht zu fragen, was Mallory meinte, sie zuckte mit den Schultern. »Als Craig krank wurde, nahm mich seine Pflege so in Anspruch, dass ich an Sex überhaupt nicht dachte. Und seit seinem Tod gab es viel zu viele andere
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