Verliebt, Verrückt, Verheiratet: Roman
»Erzählen Sie mir, was Sie dort sehen.«
Sie rechnete mit einer Abfuhr, aber wieder gewannen Lillys gute Manieren die Oberhand. »Zuerst hat mich der Lavendel angezogen. Das ist eine meiner Lieblingspflanzen.
Und das Silber des Salbeis dahinter ist einfach wunderschön.« Lillys Begeisterung für ihr Vorhaben siegte über die Abneigung gegenüber Molly. »Die Minze muss man rausreißen. Die breitet sich zu sehr aus und nimmt anderen den Platz weg. Das kleine Thymiankissen dort hat schon Schwierigkeiten, sich dagegen durchzusetzen.«
»Welches ist der Thymian?«
»Die Pflanze mit den winzigen Blättchen. Sie erscheint jetzt ganz verletzlich, aber sie kann ebenso aggressiv sein wie die Minze. Sie geht nur raffinierter vor.« Lilly schaute auf und blickte Molly einen Moment lang in die Augen.
Molly hatte verstanden. »Sie meinen, dass der Thymian und ich einiges gemeinsam haben?«
»Und, haben Sie?«, gab Lilly kühl zurück.
»Ich habe viele Fehler, aber Raffiniertheit gehört eher nicht dazu.«
»Ich vermute, das werden wir noch sehen.«
Molly trat zur Einfassung des Gartens hinüber. »Ich gebe mir alle Mühe, Sie ebenso abzulehnen, wie Sie mich abzulehnen scheinen, aber es fällt mir schwer. Sie waren ein Idol für mich, als ich klein war.«
»Wie nett.« Eiszapfen tropften.
»Außerdem mögen Sie meinen Hund. Und ich habe das Gefühl, dass Ihre Haltung mir gegenüber weniger mit meiner Person als mit Ihren Vorbehalten gegenüber meiner Ehe zu tun hat.«
Lilly erstarrte.
Molly beschloss, dass sie nichts zu verlieren hatte durch ihre Offenheit. »Ich weiß Bescheid über ihre wahre Beziehung zu Kevin.«
Lillys Finger klammerten sich an die Nadel. »Ich bin überrascht, dass er es Ihnen erzählt hat. Maida sagte, er hätte nie darüber gesprochen.«
»Das hat er auch nicht. Ich habe es erraten.«
»Sie sind sehr schlau.«
»Es hat lange gedauert, bis Sie sich auf den Weg zu ihm gemacht haben.«
»Nachdem ich ihn zuvor verlassen habe, meinen Sie wohl?« Ihre Stimme hatte einen bitteren Klang.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber gedacht haben Sie es. Welche Frau verlässt ihr Kind und versucht sich dann wieder in sein Leben zu schleichen?«
Molly wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich bezweifle, dass Sie ihn verlassen haben. Sie scheinen ein gutes Zuhause für ihn gefunden zu haben.«
Lilly betrachtete den Garten, aber Molly vermutete, dass das Gefühl von Frieden, das sie zuvor hier empfunden hatte, verflogen war. »Maida und John hatten sich immer ein Kind gewünscht und haben ihn von seiner Geburt an geliebt. Aber so schwer ich mir die Entscheidung auch gemacht habe, ich habe ihn doch zu einfach aufgegeben.«
»Hey, Molly!«
Lilly verkrampfte sich, als Kevin mit Marmie um die Ecke bog, die sich dick und glücklich in seinen Armen räkelte. Sobald er Lilly bemerkte, blieb er abrupt stehen, und Molly konnte beobachten wie aus dem Charmeur ein grollender, hart dreinblickender Mann wurde.
Er ging auf Molly zu, als wäre sie allein im Garten. »Irgendjemand hat sie rausgelassen.«
»Das war ich«, sagte Lilly. »Bis vor ein paar Minuten war sie hier bei mir. Sie muss dich gehört haben.«
»Das ist deine Katze?«
»Ja.«
Er setzte das Tier auf den Boden, als wäre es plötzlich radioaktiv geworden, und wandte sich zum Gehen.
Lilly erhob sich. Molly konnte in ihrem Gesichtsausdruck etwas ebenso Verzweifeltes wie Rührendes lesen. »Willst du wissen, wer dein Vater war?«, platzte Lilly heraus.
Kevin erstarrte. Molly empfand großes Mitgefühl mit ihm, sie dachte an all die Fragen, die sie jahrelang wegen ihrer eigenen Mutter beschäftigt hatten. Er wandte sich langsam um.
Lilly rang die Hände. Sie klang atemlos, als hätte sie soeben einen Langstreckenlauf hinter sich gebracht. »Sein Name war Dooley Price. Ich glaube nicht, dass er mit Vornamen wirklich so hieß, aber ich kannte ihn nur so. Er war achtzehn, ein großer, schlaksiger Farmersjunge aus Oklahoma. Wir haben uns am Tag unserer Ankunft in L. A. an der Bushaltestelle getroffen.« Sie musterte Kevins Gesicht. »Er hatte ebenso helle Haare wie du, aber seine Gesichtszüge waren breiter. Du siehst eher mir ähnlich.« Sie senkte den Kopf. »Ich bin sicher, dass du all das gar nicht hören willst. Dooley war sportlich. Er hatte Rodeos geritten - und ich glaube, sogar Preisgelder gewonnen -, und er war überzeugt, dass er mit Stunts für Filme reich werden könnte. Mehr weiß ich nicht über ihn - noch ein Minuspunkt, den du mir
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