Verliebte Abenteuer
Musikzimmer öffnete und ihn einließ. Als er hinter sich die Tür wieder zurollen hörte, fühlte er sich einsam und verlassen und war nahe daran, heftig zu schwitzen.
An dem großen, weißen Konzertflügel beim Fenster saß in einem echten Kimono Loretta Gower und musterte den Eintretenden kritisch. Ihr schönes, schmales Gesicht mit den mandelförmigen Augen lag etwas im Schatten, so daß ihr Mienenspiel nicht besonders gut zu verfolgen war. Aber William kam es vor, als lächle sie.
»Flip«, sagte er und verbeugte sich. »Gnädige Frau wollten mich sehen.«
»Allerdings.« Sie erhob sich und näherte sich ihm. William spürte, wie ihm die Hände feucht wurden. Noch nie hatte er sie so nahe gesehen. Er roch ihr diskretes Parfüm, fühlte ihre Nähe wie einen warmen Hauch. Und jetzt blickten ihn diese herrlichen Augen prüfend an, als wollten sie in ihn eindringen. »Ich möchte mir doch den Mann ansehen, auf den ich mich in Zukunft ganz verlassen muß. Von Ihnen hängt vieles ab, Flip. Wenn Sie falsch fahren, wenn die Pferde durchgehen, wenn das Auto an einem Baum landet – immer haben Sie dann meine Gesundheit oder gar mein Leben verwirkt.«
»Ihr Leben wird mir teurer sein als mein eigenes«, erwiderte William gepreßt. Der ganze Scherz, den ich veranstalte, hat eine verdammt ernste Seite, dachte er dabei. Sie hat recht – wenn die Pferde durchgehen, bin ich ihre einzige Hoffnung. Dabei muß ich froh sein, daß die Pferde mir nichts tun.
Loretta nickte. Sie wies auf einen Sessel neben dem Flügel. »Bitte, nehmen Sie Platz, Flip. Ich möchte mich mit Ihnen etwas unterhalten.« Sie ging zum Fenster, schloß es und drehte sich lächelnd wieder um. »Ihr Freund Percy wird jetzt ungeheuer wütend sein. Auch wenn er sich in den Fliederbüschen versteckt hält, weiß ich genau, daß er in der Nähe lauscht.« Sie lachte und setzte sich an den Flügel. Mit gefühlvollen Fingern tippte sie auf ein paar Tasten und sah dabei wie in tiefen Gedanken auf ihre Hände.
Eine einmalige Frau, dachte William. Sie zu erringen, müßte das sein, was man das höchste Glück nennt.
»Sie waren bei Lord Ashborne in Stellung?« fragte Loretta und blickte kurz auf. »Bis gestern?«
»Ja.«
»Ich kenne Lord Ashborne. Ich will Ihnen offen sagen, was ich von ihm halte – leider nicht viel. Er ist ein eingebildeter Mensch ohne besondere Manieren. Seiner Tante macht er auch nur Kummer.«
William wurde rot und sah zu Boden. Du lieber Himmel, dachte er, wie gut, daß ich Kutscher bin! So erfährt man doch allerlei.
»Er dichtet doch auch, nicht wahr?« fuhr Loretta fort.
William nickte. »Ja, ab und zu. Soviel ich weiß, hat er einige Romane geschrieben und einen Band lyrischer Gedichte.«
»Stimmt. Die Gedichte habe ich gelesen. Sie sind alle schlecht, mein lieber Flip. Ich halte von seiner Schriftstellerei ganz und gar nichts. Vor allem sein letztes Elaborat, ein Gedicht in der ›Aberdeen Times‹ – einfach schauderhaft! Quark durch und durch!«
Das weiß ich inzwischen auch, dachte William. Ich würde es gern ungeschehen machen. Aber daß sie es einfach Quark nennt, das tut dennoch weh. Wenn ich jetzt nicht hier vor ihr säße, würde ich mir sofort einen Strick um den Hals legen.
»Aber als Dienstherr ist Seine Lordschaft zu loben«, meinte William leise. »Mag er auch sonst seine Fehler haben – für sein Personal hat er ein Herz.«
»Von seinem Personal sollte er lernen«, sagte Loretta bissig. »Sein Kammerdiener hat ein besseres Benehmen als er.«
Wenn das alles Percy hören könnte, würde er aus dem Fliederbusch fallen, dachte William. Wie gut, daß das Fenster zu ist. Aber ich muß es ertragen, ich muß stillsitzen und nicken, anstatt aufzuspringen und zu brüllen: Hier, meine Liebe – ich bin Lord Ashborne, und wenn du so tust, als ob du ihn schon lange und bestens kennst, so ist das glatt geschwindelt. Oh, ich möchte dir die Lüge und deine Frechheit von den Lippen küssen, du dreistes Aas!
»Warum haben Sie eigentlich den Dienst bei Lord Ashborne aufgegeben, wenn Sie ihn so rühmen?« fragte Loretta. Dabei sah sie William von der Seite an und spielte ein paar Akkorde.
»Ich wollte mich verändern. Lord Ashborne war viel auf Reisen, und ich hatte die Pferde nur zu pflegen. Was mich reizt, sind auch einmal größere Touren, die ich mit der Kutsche machen möchte.«
Loretta nickte. »Das Vergnügen sollen Sie haben. Schon morgen fahren wir aus, Richtung Banchory. Kennen Sie die Gegend?«
»Wie meine
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