Verliebte Abenteuer
nichts ahnt; einen Diener und Freund, der noch weniger ahnt; ein Kammerkätzchen, das in den Lord und in den Diener zugleich verliebt ist; einen Butler, der überhaupt keine Ahnung hat; und einen Schotten McFladden, der als Irrer in einer Nervenheilanstalt sitzt und nicht weiß, wie er da hineingekommen ist. Na, genügt das nicht? Und wenn Sie erst wüßten, wie's jetzt weitergeht, würden Sie sich schon im voraus die Hände vor Freude – vor Schadenfreude – reiben. Denn – William – oder besser Flip – stiefelte in den Pferdestall, wo er Percy antraf, der mürrisch an einer abgeschabten Mohrrübe kaute.
»Ekelhaft«, sagte Percy. »Macht die launische Dame das Fenster zu, gerade, als ich mir überlegte, wie ich dir zu Hilfe kommen könnte, wenn es brenzlig würde. Was hat sie denn gesagt?«
»Sie hat Lord Ashborne restlos am Boden zerstört.«
»Au weh!«
»Sie nennt mich einen eingebildeten Flegel.«
»Sie ist ein guter Menschenkenner.«
»Sie hält meine Gedichte für einen Quark.«
Percy nickte zustimmend mit dem Kopf. »Die Frau hat unzweifelhaft Geschmack.«
»Aber dann habe ich ihr als Flip ein Gedicht von diesem vorgetragen – das fand sie wunderbar.«
»Dann war es nicht von dir.«
William packte Percy bei den Rockaufschlägen. »Du«, grollte er, »seit zwanzig Jahren sind wir Freunde. Ich will im einundzwanzigsten nicht zum Totschläger an dir werden.«
»Das rate ich dir auch nicht«, grinste Percy. »Wer sollte dir denn dann die Pferde putzen und sie anschirren?«
»Kannst du das denn?« fragte William überrascht.
»Zur Not. Ich habe heimlich beim Stallburschen gegen ein gutes Trinkgeld, um dessen Rückerstattung ich dich natürlich bitten muß, Abendunterricht genommen. Für die erste Zeit wird es reichen.«
William klopfte Percy spontan – aber nicht zu stark – auf die Schulter und umarmte ihn dann. »Bist doch ein Goldjunge«, sagte er dabei. »Wenn du sie gesehen hättest, Percy, in dem Kimono, den Blick voll auf mich gerichtet, und nachher, als ich das Gedicht vortrug und sie dasaß, mit geschlossenen Augen und geneigtem Kopf, während in ihren Haaren die Sonne spielte – ach, Percy, du hättest alles auf dich genommen, nur, um auch diesen Anblick genießen zu dürfen.«
»Der Dichter!« sagte Bishop trocken. »Komm, sieh dir lieber deine Gäule an. Dort drüben, die Jenny ist Spezialistin für Linksgalopp. Pommy, der Wallach, bevorzugt beim Vierergespann die Spitze. Wenn du ihn hinten einspannst, geht er keinen Schritt. Ajax, der Rappe am Fenster, steigt gern vorne hoch; ihm mußt du morgen ab und zu die Kandare straffziehen – hast du das kapiert?«
»Nein.«
»Ist auch egal. Solltest du einmal nicht wiederkommen, schicke ich einen Suchtrupp aus. Die Rettung wird wahrscheinlich die sein, daß Loretta mehr von Pferden versteht als du.«
»Ja, das gibt mir auch Hoffnung«, meinte William ehrlich. Er trat aus dem Stall und nickte Bebsy zu, die mit einem Kichern an ihm vorbeiglitt. Mit zusammengekniffenen Augen sah ihr Percy nach.
»Die ist verschossen in dich«, bemerkte er.
»Meinst du?« William zündete sich eine Zigarette an. »Wenn ja, mußt du keine Angst haben, Percy. Wer Loretta liebt, sieht kein Kammerkätzchen mehr an, und wenn es noch so süß ist.«
Langsam ging er über den Hof und wandelte durch den Park. Seine grüne Livree glänzte in der Sonne, sie stand ihm fabelhaft, wirkte, wie wenn sie ihm auf den Leib geschneidert worden wäre.
Wie soll das noch enden? dachte Percy, der ihm nachsah. Ob er Loretta gewinnen kann? Morgen fahren sie aus – mein Gott, wenn es doch schon morgen abend wäre.
Zur gleichen Zeit geschah in Aberdeen etwas, das Gewitterwolken heraufbeschwor.
Nanu, werden Sie fragen, wie denn das? Bis jetzt läuft doch alles wunderbar. Loretta wird mit dem Flip ausfahren, der wird sich unsterblich blamieren, bei einem im Wind sich wiegenden Haselnußstrauch alles gestehen, und dann wird es Küßchen und dicke Verlobung geben.
Pustekuchen, meine Damen und Herren. So kommt es nicht. Wenn es nämlich immer so käme, wie man dächte, wäre das Leben ja äußerst einfach und unkompliziert. Aber das ist es nicht. Nicht wahr? Das wissen Sie doch auch. Wenn man denkt, jetzt hat man das Glück am Wickel – schwupp, ist es wieder weg, und man kann es suchen wie versteckte Ostereier. Darum auch entwickelte sich alles anders, als man zuerst vermutete, und der Anstoß dazu kam komischerweise aus Aberdeen, ohne daß William und Loretta vorläufig
Weitere Kostenlose Bücher