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Verliebte Abenteuer

Verliebte Abenteuer

Titel: Verliebte Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Tasche«, log William. Banchory? Nie gehört, dachte er. Ob Percy sich da auskennt? Wenn nicht, fahre ich einfach dorthin, wohin die Pferde traben. Früher oder später entdeckt sie doch den Schwindel, und dann werde ich eben wieder gefeuert.
    »Was halten Sie von Musik?« wechselte Loretta plötzlich das Thema.
    »Musik?« William spürte, daß er vorsichtig sein mußte. »Ich habe mich soviel noch nicht damit beschäftigt. Mir fehlt es vielleicht an der nötigen Musikalität.« Kühn fuhr er fort: »Aber einige Gedichte habe ich schon verfaßt.«
    »Ach! Sie auch?«
    »Ja. Lord Ashborne hatte die Angewohnheit, das Personal zum Lesen und Dichten anzuhalten. Wer es jeweils am besten machte, bekam monatlich ein Pfund Löhnung mehr. Bis jetzt habe ich immer gewonnen.«
    »Das ist ja interessant.« Loretta betrachtete William mit ironischer Miene. »Haben Sie vielleicht zufällig ein Gedicht von Ihnen bei der Hand?«
    William schüttelte den Kopf. »Schriftlich keines, gnädige Frau. Aber ich kenne sie natürlich alle auswendig. Wenn ich eines aufsagen dürfte …«
    »Nur zu!« Loretta lächelte und lehnte sich zurück. »Ich höre …«
    William blickte an die Decke, um sich zu sammeln. Wenn ich jetzt auffliege, soll es mir egal sein. Ich muß es wagen – so nah wie jetzt werde ich ihr nicht wieder sein … als Lord Ashborne, den sie einen eingebildeten Menschen ohne Manieren nennt, bestimmt nicht.
    »Es ist ein kleines Gedicht«, sagte er zögernd, »mehr ein Lied, das Lord Ashborne selbst vertonen wollte. Er komponiert nämlich auch ein bißchen. Nun wird er aber nicht mehr daran denken.«
    »Und wie ist es?« fragte Loretta.
    »Etwas Einfaches, Schlichtes, gnädige Frau, nichts Bombastisches.«
    »Fangen Sie an.«
    Er nickte, räusperte sich und begann:
    »Auf einer kleinen Blumenwiese,
da lag ich einst und dacht an dich,
und über mir die Wolkenschiffe,
sie brachten Grüße nur an mich.
Von dir, o Schönste, kamen sie,
doch war es leider nur ein Traum,
denn als der Abend niederstieg,
lag ich allein im weiten Raum.
Allein, wie immer, sehnsuchtsvoll,
und keiner achtete meiner Klage.
Da stand ich auf und ging davon,
hinein in meine leeren Tage.«
    Loretta hatte den Kopf gesenkt und schien auf den Boden zu blicken. Als William aber genauer hinsah, merkte er, daß sie die Augen geschlossen hatte. Da durchfuhr es ihn heiß, doch schon blickte Loretta wieder auf.
    »Ein trauriges Gedicht, Flip«, sagte sie leise.
    »Ich fürchte, es hat Ihnen nicht gefallen, gnädige Frau.«
    »Doch, doch, sehr gut sogar. Ich finde es jedenfalls viel besser als die Ergüsse dieses Lord Ashborne.«
    O Loretta, wenn du wüßtest, dachte William. Es ist eigentlich eine Gemeinheit, dich so zu betrügen. Da spielt man einen Kutscher, läßt sich beleidigen oder loben und ist doch beides – Ashborne und Flip – in einer Person. Scheußliche Situation. Er stand auf und verbeugte sich.
    »Wenn gnädige Frau nichts dagegen haben, werde ich jetzt nach den Pferden sehen. Mit denen muß ich mich ja bis morgen schon vertraut gemacht haben.«
    »Es ist gut, Flip.« Loretta gab ihm die Hand. »Und schreiben Sie mir das Gedicht einmal auf. Es hat mir wirklich gefallen. Nicht auszudenken, wenn Lord Ashborne es vertont hätte. Womöglich hätte er es verjazzt.«
    William verbeugte sich und ging eilig aus dem Zimmer. So sah er nicht, wie Loretta sich an den Flügel lehnte und ihm lächelnd nachblickte. Als er über den Hof eilte, beobachtete sie ihn durch die Gardine und setzte sich dann an das Instrument. Vergnügt hieb sie in die Tasten.
    »Mein lieber Freund«, sagte sie leise, »Sie geben sich Mühe, Ihre Rolle gut zu spielen. Warum, wozu, weiß ich nicht, ich kann es nur ahnen. Wie dumm für Sie, daß Tante Mary mir erzählte, Sie ließen sich einen Bart wachsen. Ich will mir Mühe geben, Sie nicht merken zu lassen, daß ich Sie erkannte. Spielen wir also Ihr Spiel – allerdings anders, als Sie es sich denken.«
    Hoppla, sagen Sie, lieber Leser, jetzt. Das ist ja ein Ding! Die gute Loretta weiß alles. Wo soll denn da die Pointe sein? So etwas darf man doch nur am Schluß sagen. Weiß der Himmel, was die modernen Schriftsteller oft für eine verworrene Phantasie haben.
    Ich bedaure außerordentlich, aber ich kann nicht anders. Es war wirklich so, und darin liegt nämlich die Pointe. Fassen wir doch mal zusammen, was wir jetzt alles haben: eine Sängerin, die alles durchschaut; einen Lord, der dichtet, sich verkleidet, erkannt wird, aber davon

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