Verliebte Abenteuer
William zu beben. Und da war schon wieder Lorettas Stimme, allerdings nicht mehr als Gesang, sondern sie sprach zu ihm, flehend, stockend, als habe ihre Besitzerin beim Sprechen geweint.
»Warum bist du so weit weg, William? Warum kommst du nicht zurück? Sieh, ich warte doch auf dich. Willst du meine Stimme nicht mehr hören …?«
William war aufgesprungen und rannte im Zimmer hin und her.
»Stell den Kasten ab!« schrie er. »Percy, ich will das wirklich nicht mehr hören!«
Aber Percy rührte sich nicht. Lorettas Stimme sprach weiter:
»Soll ich zu dir kommen, William? Willst du das? Soll ich mit dir in der Einsamkeit leben, bis sich die laute Welt wieder beruhigt hat und keiner mehr an uns denkt? Nur noch wir zwei wollen füreinander da sein – einer für den anderen leben – wir lieben uns doch, William …«
Ashborne stöhnte wieder und lehnte sich mit dem Gesicht gegen die Wand.
»Soll ich kommen? Wartest du darauf? Niemand soll wissen, wo wir leben. Ganz allein wollen wir sein. Nur die See und die Felsen und die Wiesen, die Vögel und der Wind sollen sehen, wie unendlich glücklich wir sind. Willst du das? Oh, gib doch Antwort, sag ein einziges Wort … sag nur ›Loretta‹ … und ich will bei dir sein, solange wir leben.«
»Loretta!« schrie da Ashborne auf. »Ja! Loretta!« Er stürzte zum Grammophon und riß die Membrane von der Platte. »Sprich nicht weiter! Quäl mich doch nicht so! Ja! Ja! Ja! Hör es doch! Komm doch! Oh, ich bin ja wahnsinnig …«
Er stieß einen Stuhl zur Seite und rannte aus dem Haus.
Mit flatternden Haaren, die der Wind zauste, kletterte er durch die Felsen, setzte sich hoch oben an der Steilküste auf einen Vorsprung und starrte hinunter in die kochende Brandung. Schaum wallte auf, weißer Gischt spritzte an den Felsen empor – das Meer raste gegen den Damm der Erde. Vor seinen Augen rangen die Elemente. Der Wind zerrte an ihm und drohte ihn vom Felsen zu reißen.
Ich liebe sie! schrie es in ihm. Und ich will, daß sie kommt. Ja, sie soll kommen. Ich will mit ihr allein sein, fern allen Menschen. Einsam will ich mit ihr leben und mir jeden Tag neue Kraft von ihren Lippen holen. Sie soll die Brandung sehen, dort unten, den schäumenden Gischt, und ich werde ihr sagen, daß auch mein Blut schäumt und sich an meinem Herzen bricht wie die Wellen dort unten an den Felsen.
Ich liebe sie – und ich weiß jetzt, daß sie mich auch liebt.
Sie hat für mich gesungen.
Stundenlang saß er auf seinem Felsen. Percy, der ihn von weitem sah, wagte nicht, ihn zu stören. Es war auch wichtiger für Percy, dafür zu sorgen, daß an Loretta Gower eine rasche Botschaft abging, die nur in zwei Worten bestand: »Sofort kommen!«
Als Percy dies erledigt hatte, legte er sich, zufrieden mit sich selbst, aufs Ohr.
William saß noch lange auf seinem Felsen. Das Meer war wie flüssiges Gold. Der Himmel glich dem purpurnen Dach eines Domes. Und das Rauschen und Brausen der Brandung war wie eine gewaltige Musik zur Größe der Natur.
Ich bin glücklich, dachte William und starrte in den brennenden Himmel. Ich könnte jauchzen.
Langsam verblaßte das Meer. Dunkel rollten die Wellen gegen das Urgestein. Der Wind wurde kalt und beißend.
Da stand William auf und kletterte hinunter von den Felsen. Langsam, mit gesenktem Haupt, ging er über die Wiesen.
Ob sie morgen kommt? dachte er. Oder übermorgen? Ich werde jeden Tag im kleinen Hafen stehen und warten.
Warten auf dich, Loretta …
Das elfte Kapitel,
das ganz anders wird, als man erwartet
Nee, nee, werden Sie sagen, daß die sich so schön und glatt letzt schon kriegen, das glauben wir noch nicht. Danach sieht's zwar nun aus, aber wir wissen doch, wie's in Romanen zugeht.
Da braucht der Autor noch ein paar Dutzend Seiten und denkt sich deshalb eine letzte große Verwicklung aus. Wetten, daß das hier auch zutrifft …
Und ich kann Ihnen nicht widersprechen, meine Damen und Herren, Sie haben sogar recht. Daß ich dazu gezwungen bin, Pegasus, das Dichterroß, noch nicht abzusatteln, sondern noch einmal mit ihm zu einem furiosen Ritt anzusetzen, liegt an Williams schwierigem Charakter, mit dem ich ihn ausgestattet habe. Lesen Sie, bitte …
Loretta kam also in der Tat nach Pabbay.
Sie ließ gar nicht lange auf sich warten, sie erschien schon drei Tage nach dem Eintreffen der Schallplatte und hopste mit süßem Lächeln an Land und sank William in die ausgebreiteten Arme.
Untergehakt gingen die beiden dann zu Williams Behausung,
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