Verliebte Abenteuer
Streichorchester, diktierte wieder und trommelte die Musiker zusammen. Im Probensaal begann man, die ersten Takte zu fiedeln. Der Geschäftsführer und der künstlerische Leiter liefen mit der Uhr in der Hand herum und drängten und drängten, der Kapellmeister verlor die Nerven und schmiß seinen Taktstock an die Wand. Man schrie sich an, schreckte vor den gröbsten Beleidigungen nicht zurück und war nahe daran, sich gegenseitig zu ohrfeigen.
Es war ein Wunder, daß dabei noch etwas herauskam und nach einigen Stunden das Lied für das Orchester eingeübt war und das Ganze, abgesehen von kleinen Schönheitsfehlern, klappte.
Loretta Gower wurde zur ersten Kontaktprobe vom Direktor selbst begleitet. Nicht am Flügel, sondern zu Fuß. Das war das einzige, was er konnte, denn er war total unmusikalisch, was keiner wußte und auch nicht wissen durfte. Er gab sich immer sehr sachverständig, nörgelte an den besten Aufnahmen herum und drückte sich so vor Gehaltserhöhungen für gute Leistungen seiner Belegschaft.
Die Probe war gut. Loretta sang das Lied mit viel Gefühl. Der Direktor saß im Sessel vor der Bühne, auf der die Aufnahmen stattfanden, und klatschte nach Beendigung der Darbietung in die Hände.
»Herrlich!« rief er. »Einzigartig! Das nennt man die Macht des Gesanges! Text von Lord Ashborne, Melodie von Loretta Gower … meine Damen und Herren, es wird unsere erfolgreichste Platte werden!« Und zur Kapelle sagte er, um sein Lob wieder zu dämpfen: »Freilich nur, wenn Sie sich alle Mühe geben …«
Man gab sich alle Mühe. Man fiedelte auf Teufel komm raus, man blies, man zupfte. Und Loretta sang wie eine Göttin … einmal, zweimal, fünfmal. Erst beim elftenmal wurde die Aufnahme gemacht.
Die neue Platte war fertig. Der Toningenieur in seiner Glaskabine winkte. Der Direktor sprang auf und konnte sich nicht davon abhalten, Loretta Gower zu umarmen.
»Mylady, das wird ein neuer Triumph!« Mit großer Schadenfreude rieb er sich die Hände. »Und Ihr Agent weiß davon nichts?«
»Nein.«
»Ha! Das ist wundervoll! Er wird platzen, der arrogante Mensch! Er wird zerspringen vor Ärger!«
»Sie müssen es ihm schonend beibringen.«
Der Direktor lachte. »Das werde ich. So schonend, daß er einen Herzinfarkt erleidet.«
Darüber mußte auch Loretta lachen. »Bringen Sie mich nicht um meinen Agenten, mein Lieber.«
»Ich könnte Ihnen sofort einen viel besseren Ersatz beschaffen, Mylady.«
»Wen?«
»Mich.«
Lorettas Vergnügen wuchs. »Und wer sollte die Firma hier leiten?«
»Das wäre mir vollkommen egal, Mylady. Für mich gälten dann nur noch Ihre Interessen. Und das hieße, daß ich aus diesem Laden hier das Doppelte als bisher herauszuziehen wüßte, wenn Sie verstehen, was ich meine, Mylady.«
»Ich verstehe Sie vollkommen.«
In das Gelächter der beiden stimmte auch der Geschäftsführer ein, dann verabschiedete sich Loretta. Als sie auf der Straße in ihren Wagen stieg, den sie heute selbst steuerte, wozu sie natürlich durchaus in der Lage war, folgte ihr in geringem Abstand ein kleineres Auto.
In diesem saß wieder Mr. Fish und wandte die alte Taktik an, Loretta zu beschatten, um den Aufenthalt des zum zweitenmal verschwundenen Lord Ashbornes zu ermitteln. Da er bald sah, daß Lady Gower den Weg nach Aberdeen einschlug, um nach Hause zu fahren, machte er kehrt und steuerte seinen Austin zurück nach Edinburgh zur ›Elektroton‹.
Der Direktor empfing Mr. Fish wie einen Mann, dem es an jeder Bedeutung mangelt. Zuerst ließ er ihn eine halbe Stunde lang warten, obwohl er nichts zu tun hatte und nach alter Gewohnheit Männchen auf Löschblätter malte, die seine Privatsekretärin regelmäßig heimlich verbrennen mußte, damit sein Nimbus der Überarbeitung erhalten blieb. Dann sah er Mr. Fish von oben herab an. Platz bot er ihm keinen an.
»Sie wünschen?« fragte er ihn.
»Ich möchte wissen, was Lady Gower soeben hier wollte.«
»Was?« Der Direktor beugte sich vor. »Wenn Sie ein Reporter sind, dann ziehen Sie Leine, Mann, ehe ich mich vergesse. Sind Sie aber von der Konkurrenz, dann rettet Sie nur noch ein Sprung aus dem Fenster. Falls Sie aber sogar von …«
»Ich bin Detektiv«, unterbrach Mr. Fish ihn. »Ich habe den Auftrag, den Aufenthaltsort von Lord Ashborne zu ermitteln.«
»Detektiv?« Dem Direktor war auch an Lord Ashborne gelegen, und so präsentierte er nach rascher Sinnesänderung Mr. Fish eine seiner besten Zigarren, ferner einen Cognac, endlich bot er ihm
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