Verliebte Abenteuer
schon so weit zu sein, sagte sich William. Ich habe sie ja aus meinem Haus gejagt. Ich habe sie tödlich beleidigt. Mein Gott, verzeih' mir, das habe ich nicht gewollt. Ich liebe sie doch noch immer. Ich kann sie ja gar nicht hassen. Wenn sie stirbt, folge ich ihr hier draußen auf dem Wasser sofort nach in die Ewigkeit.
Langsam kamen sie der Nußschale näher. Jetzt unterschied man das Segel und das Boot und sah in diesem einen lockigen Kopf, dessen Haare im Wind flatterten.
»Loretta!« schrie William, die Hände trichterförmig am Mund. »Loretta! Halte aus!«
Aber das Toben des Meeres verschluckte seine Stimme. Das Knattern des Motors und das Brausen des Windes halfen dazu.
Wir jagen den Tod, dachte William plötzlich. Warum mußte das alles so kommen? Warum mußte sich aus einem Scherz eine solche Tragik entwickeln? Man soll die Liebe nicht so tragisch nehmen – das war eines der letzten Worte Lorettas gewesen. Und ich habe sie zum äußersten getrieben, ich habe getobt und sie verlassen.
Und warum? Nur, weil sie gewitzter gewesen war als ich, und nicht ich sie, sondern sie mich an der Nase herumgeführt hatte.
Er beugte sich nach vorn und beobachtete mit heißen Augen, wie die Entfernung sich immer mehr verringerte. Jetzt konnte er Loretta deutlich sehen: Sie hockte hinter dem Segel und hielt die Leinen mit beiden Händen. Der Wind trieb ihr Boot vor sich her, und die Wellen drohten es oft zu verschlingen. Klatschend schlugen sie manchmal ins Boot, wenn Loretta nicht mit dem Segel lenkte und eine Woge sie seitwärts traf.
»Sie wird gleich kentern!« brüllte William den Fischern zu, die mit harten, kantigen Gesichtern das Boot steuerten. »Sie läuft voll, sie weicht den Wellen ja nicht aus! Da – da – wieder – schneller, schneller! Ich biete zehntausend Pfund!«
Der kleine Motor gab das Letzte. Das Segel über ihm knallte im Wind. Schaum brauste vor dem Bug des Bootes auf.
Da blickte sich Loretta um. Sie sah William an der Spitze des Bootes stehen und wollte ihm zuwinken. Adieu, sollte das heißen. Leb wohl, William, mach's gut, meine Liebe war unendlich groß.
Die Leine entglitt ihren Händen, das Segel schlug herum, flatterte im Wind, wurde von ihm losgerissen, das Boot legte sich zur Seite. Der Quermast schlug herum, traf Loretta an der Schulter und schleuderte sie in hohem Bogen in die kochende See.
»Loretta!« brüllte William auf. Es klang wie der Todesschrei eines Tieres, grell, unvergeßlich, schaurig.
Mit einem Satz war Percy neben ihm und riß ihn zurück. Einer der Fischer klammerte sich an Williams zweiten Arm. Von Sinnen trat und schlug William um sich und wollte sich ins Meer stürzen. Er biß in die ihn haltenden Hände, stieß um sich und drängte zur Bordwand. Da klatschte es neben ihm, und Percys Kopf tauchte zwischen den Wellen auf. Er hatte einen Rettungsring um die Brust und schwamm im Freistil durch das Meer. Percy konnte schwimmen wie ein Fisch. Hochauf schnellte sein Körper bei jedem Doppelschlag seiner Beine. Steuerlos trieb Lorettas Boot auf den Wellen. Loretta selbst mußte längst in die Tiefe gesunken sein. Noch immer rang William mit den beiden Fischern und schrie unverständliche Worte in das Getöse von Willen, Motor und Segeln.
Als Percy das Boot erreichte, sah er, daß sich Lorettas Bein in einer Leine verfangen hatte. Ihr Körper wurde vom treibenden Boot mitgeschleift. Ein Wunder war geschehen. Mit geschlossenen Augen lag Loretta im Wasser, mit aufgelösten Haaren, schon bewußtlos. Sie mußte rasch die Besinnung verloren haben. Höchste Eile tat not.
Mit wenigen Stößen war Percy bei ihr, stülpte ihr den Rettungsring über den Kopf, drückte ihre Schultern hindurch und legte die Arme über den Ring. Dann schob er sie vor sich her, dirigierte den ohnmächtigen Körper durch die Wellen und machte sich durch Winken mit der einen oder der anderen Hand dem Boot Williams bemerkbar. Rasch verließen nun auch ihn die Kräfte.
»Er hat sie«, sagte der eine der Fischer zu William und ließ ihn los.
Stöhnend sank William auf den Bug und starrte Percy entgegen, der gegen die Wellen kämpfte und Loretta vor sich herschob.
Als der Retter und die ohnmächtige Gerettete endlich an Bord gezogen wurden und man letztere hinab in die Kabine trug, kauerte William zwischen den Tauen und Netzen am Bug.
Er weinte.
Und keiner, selbst Percy nicht, wagte, zu ihm zu gehen.
»Das Schicksal hat ihn gestreift«, sagte Percy leise und zündete sich mit zitternden Fingern
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