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Verliere nicht dein Gesicht

Verliere nicht dein Gesicht

Titel: Verliere nicht dein Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Westerfeld
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ein Stein den tosenden Wellen entgegen. Wie in ihrem Traum wurde ihre Stimme von einer eiskalten Hand erstickt, ihre Lunge schien sich bereits mit Wasser gefüllt zu haben. Das Brett wurde unter ihr hin und her geworfen, wie ein Blatt im Wind.
      Tally schloss die Augen und wartete auf den tödlichen Aufprall.
      Plötzlich wurde sie an den Handgelenken gepackt und brutal hochgerissen. Ihre Schultern schrien vor Schmerz, als sie durch die Luft gewirbelt wurde, und sie drehte sich um sich selbst wie eine Turnerin an den Ringen.
      Tally riss die Augen auf, dann blinzelte sie. Sie wurde auf das Hubbrett hinabgelassen, das felsenfest unmittelbar über der Wasseroberfläche auf sie wartete.
      "Was zum ...", fragte sie laut. Als ihre Füße dann Halt fanden, ging ihr auf, was passiert war.
      Der Fluss hatte sie aufgefangen. Er hatte hier seit Jahrhunderten, oder wie lange so ein Fluss nun existieren mochte, Metalle abgelagert, und die Magnete im Brett hatten gerade noch rechtzeitig Kontakt bekommen.
      "Gerettet, mehr oder weniger", murmelte Tally. Sie rieb sich die Schultern, die von der Wucht der Auffangarmbänder schmerzten, und fragte sich, wie tief sie würde fallen können, ehe die Armbänder ihr die Arme aus den Gelenken reißen würden. Aber sie hatte es nach unten geschafft. Vor ihr zog der Fluss dahin und schlängelte sich zu den schneebedeckten Bergen weiter. Tally zitterte im Meerwind und zog die nasse Jacke fester um sich.
      "Nimm die Seite, die du verachtest, vier Tage darauf", zitierte sie Shays Botschaft. "Vier Tage. Da mach ich mich wohl besser auf den Weg."
            ***
      Nach ihrem ersten Sonnenbrand klebte sich Tally jeden Morgen in der Dämmerung einen Sonnenblocker ins Gesicht. Aber obwohl sie jeden Tag nur einige Stunden in der Sonne verbrachte, wurden ihre ohnehin schon braunen Arme immer dunkler, die SpagBol schmeckten nie wieder so gut wie beim ersten Mal auf den Felsen. Tallys Mahlzeiten variierten zwischen erträglich und entsetzlich. Am schlimmsten war das SpagBol-Frühstück, im Sonnenaufgang, wenn der bloße Gedanke an Nudeln ihr schon auf ewig den Appetit zu verderben drohte. Sie wünschte fast, keine mehr zu haben und entweder einen Fisch fangen und braten zu müssen, oder ganz einfach zu verhungern und ihren Ugly-Speck auf die harte Tour zu verlieren.
      Wovor Tally sich aber wirklich fürchtete, war, dass ihr das Toilettenpapier ausging. Ihre einzige Rolle war schon halb verbraucht, daher teilte sie sie jetzt ganz streng ein und zählte die Blätter. Und jeden Tag stank sie ein wenig mehr.
      Am dritten Tag auf dem Fluss beschloss sie, ein Bad zu nehmen.
      Tally erwachte wie immer eine Stunde vor Sonnenuntergang und kam sich in ihrem Schlafsack klebrig vor. Sie hatte am Morgen ihre Kleider gewaschen und zum Trocknen auf einen Felsen gelegt. Bei der Vorstellung, mit schmutziger Haut in saubere Kleidung schlüpfen zu müssen, bekam sie eine Gänsehaut.
      Das Wasser im Fluss bewegte sich sehr schnell und hinterließ im Schmutzfilter des Wasserreinigers fast keine Reste, was bedeutete, dass es sauber war. Aber es war eiskalt, vermutlich wegen des schmelzenden Schnees aus den näher rückenden Bergen. Tally hoffte, dass es so spät am Tag ein bisschen weniger eiskalt sein möge, nachdem die Sonne die Möglichkeit gehabt hatte, es anzuwärmen.
      Ihre Überlebensausrüstung enthielt Seife, wie sie nun feststellte - einige kleine Stücke, die in eine Ecke des Rucksacks gequetscht worden waren. Eines davon hielt Tally in der Hand, als sie am Flussufer stand, mit nichts am Leib als dem Sensor an ihrem Bauchring. Sie bibberte in der kalten Brise.
      "Na dann los", sagte sie mit zitternder Stimme.
      Sie hielt einen Fuß ins Wasser und fuhr zurück, weil ein eiskalter Schmerz ihr Bein hochjagte. An dieses Wasser würde sie sich nicht langsam gewöhnen können. Sie musste sich hineinstürzen.
      Tally ging am Ufer entlang, suchte nach einer guten Absprungstelle und nahm ihren ganzen Mut zusammen. Ihr ging auf, dass sie draußen noch nie nackt gewesen war. In der Stadt waren alle Stellen unter freiem Himmel für alle zugänglich, aber hier hatte sie seit Tagen kein menschliches Gesicht mehr gesehen. Die Welt schien ihr zu gehören. Sogar in der kalten Luft war es wunderschön, die Sonne auf ihrer Haut zu spüren.
      Sie biss die Zähne zusammen und schaute den Fluss an. Hier in der Wildnis herumzustehen würde sie nicht sauber machen. Sie zählte auf drei, dann noch mal auf

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