Verlobt für eine Nacht

diesem Moment. Und tief in Eves Inneren wuchsen einem winzigen Wesen Flügel, und es machte seinen ersten Flugversuch.
    „Und du siehst aus wie ein Pirat“, sagte sie und rief sich schnell in Erinnerung, dass dies alles nur ein Spiel war. Auch das soeben zum Leben erwachte Wesen mit den zarten Flügeln würde schnell sein Leben wieder aushauchen.
    „Woher weißt du, dass das zweite Kapitel von der Meeresgöttin und dem verwegenen Piraten handelt?“, fragte er lächelnd, hob sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer, wo er sie auf das riesige Bett gleiten ließ.
    Wie sich herausstellte, war das zweite Kapitel lang und äußerst detailreich. Es gab Passagen, die Eve kaum aushielt, zum Beispiel als der Pirat sie am ganzen Körper liebkoste – nur nicht dort, wo ihre Sehnsucht nach ihm am heftigsten brannte. Und dann gab es Passagen, die in atemberaubendem Tempo zu verfliegen schienen, während er sie mit dem Mund verwöhnte, bis sie sich vor Lust aufbäumte.
    Und als sie danach keuchend einfach dalag, war das Kapitel noch immer nicht zu Ende. Leo legte sich zu ihr, und die letzten Seiten des Kapitels bescherten ihr einen letzten unglaublichen Höhepunkt.
    Von draußen schienen ihr die Lichter Melbournes zuzublinzeln, und am ungewöhnlich klaren Himmel über der Brücke über den Yarra River leuchtete ein Vollmond.
    In der luxuriösen Suite beruhigte Eves Atem sich langsam wieder, und sie genoss es, wie Leo ihr besitzergreifend den Arm um die Taille gelegt hatte. Er lag neben ihr auf dem Bauch, die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet und das schwarze Haar von ihr zerzaust. Er schlief nicht, was angesichts der Energie, die er in dieser Nacht aufgebracht hatte, ein wahres Wunder war. Ja, er ist wirklich ein Pirat, dachte Eve. Doch es war spät, und diese wunderschöne Nacht musste nun zu Ende gehen. Auch Meeresgöttinnen hatten schließlich Verpflichtungen.
    Ja, er hatte sie tatsächlich mit einer Göttin verglichen. Bei der Erinnerung fühlte Eve, wie jenes winzige Wesen mit den Flügeln in ihrem Inneren eine Runde drehte.
    „Ich sollte jetzt besser gehen.“ Sie seufzte bedauernd beim Gedanken daran, dass sie sich nun wieder in die vernünftige Evelyn Carmichael verwandeln würde, die zu Hause kein fließendes warmes Wasser hatte. „Kann ich vorher noch duschen?“
    Leo öffnete die Augen und streichelte zärtlich eine ihrer Brüste. Ein Lächeln umspielte seinen Mund, als er über die rosige Knospe strich, die sofort wieder fest wurde. „Ich hätte da eine viel bessere Idee.“
    Eve schluckte. Das konnte doch nicht wahr sein! Doch schon beim Gedanken an ein weiteres Liebesspiel mit ihm regte sich die Lust in ihrem Körper. „Das dritte Kapitel?“
    Leo nickte, strich ihr nun über die andere Brustspitze. „Der Titel lautet: Die Göttin geht wieder ins Meer zurück“, sagte er dann. „Doch in den Tiefen des Ozeans lauert der Pirat ihr auf.“
    „Ein ziemlich langer Titel“, fand Eve.
    „Es ist auch ein ziemlich langes Kapitel“, entgegnete Leo, glitt aus dem Bett und hob sie hoch. „Und deshalb sollten wir sofort mit dem Lesen anfangen.“
    Eine Stunde später saß Eve bis zum Hals im warmen Schaumbad und ließ sich von Wasserdüsen all jene Muskeln massieren, die so unerwartet stark auf seine Aufmerksamkeit reagiert hatten. Sie hörte, wie Leo im Schlafzimmer den Wagen für sie bestellte. Sie würde also gleich aus der Wanne steigen und den Schaum abduschen müssen, doch einen Moment lang wollte sie noch wohlig, schwer und auf angenehmste Weise erschöpft im warmen Wasser liegen.
    Sie ließ den Blick durch das luxuriöse Badezimmer gleiten, das ganz aus Marmor bestand und in warmen Gelbtönen gehalten war. Die Beleuchtung war dezent, der Dusch- und Whirlpoolbereich – so groß wie ihr gesamtes Badezimmer – durch Glastüren von dem marmornen Frisiertisch getrennt. Es war unglaublich dekadent.
    Ebenso dekadent war das Liebesspiel mit Leo im Badezimmer gewesen. Er hatte Champagner und süße, aromatische Erdbeeren mitgebracht und aus Eves Duschen ein erotisches Erlebnis gemacht.
    Was für eine Nacht! Drei Kapitel von Leos Buch, jedes anders und auf seine Weise aufregend: das erste voller Ungeduld, das zweite fast unerträglich erregend und das dritte erotisch-verspielt. Sie hatten einander massiert, mit den Düsen gespielt und mit großem Vergnügen erkundet, was sich unter dem Schaum verbarg.
    Eve schloss die Augen und malte sich einen Moment lang aus, wie es wäre, wenn ihr ganzes Leben so