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Verlockend untot

Verlockend untot

Titel: Verlockend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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verwandelt hast?«, fragte ich stattdessen. »Das hat mich immer gewundert. Ich meine, er war doch nur ein Hühnerzüchter, oder?«
    Mircea schüttelte den Kopf. »Nicht als ich ihm begegnete. Er erbte den Hof, als sein Vater starb, und zog mit dem Erlös aus dem Verkauf nach Florenz. Dort wurde er … zum ›Muskelmann‹, wie du es vielleicht nennen würdest, eines kleinen Geldverleihs.«
    »Zu einem Schläger, mit anderen Worten.«
    »Meinetwegen. Aber zu einem ehrgeizigen Schläger. Schließlich übernahm er das Geschäft…«
    »Welch eine Überraschung.«
    »… und in seiner Hand wuchs es beträchtlich. Als ich ihn kennenlernte, war er ein recht vermögender Mann.«
    »Das erklärt nicht, warum du ihn verwandelt hast.«
    »Man könnte sagen, dass wir… sich gegenseitig ergänzende Probleme hatten.« Mircea füllte sein Glas mit Rotwein und neigte die Flasche in meine Richtung.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bleibe bei diesem. Was waren das für Probleme?«
    »In Tonys Fall war es die Pest. In jener Zeit wütete der Schwarze Tod alle paar Jahrzehnte in Italien, und damals suchte er Florenz heim. Es gab kein Heilmittel; die einzige Möglichkeit, eine An-steckung zu vermeiden, war die Flucht. Antonio versuchte es damit und zog mit seinem ganzen Haushalt aufs Land, als er von der Pest hörte.«
    »Steckte er sich trotzdem an?«
    »Nein, aber einige seiner Bediensteten wurden krank, und er befürchtete, der Nächste zu sein. Also zog er erneut um, und noch einmal, immer wieder. Doch wohin er sich auch wandte, die Pest war bereits da oder kam kurze Zeit später. Er sagte mir, er hätte das Gefühl gehabt, von der Krankheit verfolgt zu werden.«
    Ich nickte. Das klang nach Tony. Er war selbst dann paranoid, wenn es keinen Grund dafür gab.
    »Schließlich endete er in Venedig und hoffte dort auf ein Schiff, um einen Ort zu erreichen, wo es die Krankheit nicht gab. Aber von den Seeleuten, mit denen er sprach, erfuhr er, dass die Pest in jenem Jahr überall war.«
    »Und da flippte er aus.«
    Mircea lächelte. »Gelinde gesagt. Er war in einer Taverne und ertränkte seinen Kummer, als ich ihm begegnete. Damals waren es auch für mich schwere Zeiten, in finanzieller Hinsicht. Einige Jahre zuvor hatte ich mein Zuhause fast mit leeren Händen verlassen und befand mich in der Begleitung einer, ähm, Person, für die ich verantwortlich war. Ich brauchte Geld für den Lebensunterhalt und auch um einen gewissen Meister der ersten Stufe zu meiden, eine Dame, die beschlossen hatte, mich ihrem Hof hinzuzufügen – mit Gewalt, falls notwendig. Sie war meiner Spur nach Venedig gefolgt, und zweimal in ebenso vielen Tagen war ich ihr nur knapp entkommen.
    Ich wollte weg, und Antonio wollte Sicherheit vor der Pest. Wir trafen eine Vereinbarung.«
    »Er gab dir Geld, und du hast ihn verwandelt«, vermutete ich.
    »Denn Vampire können sich nicht anstecken.«
    »Ja.« Mircea ließ den Wein in seinem Glas hin und her schwap-pen. »Er war mein erstes Kind. Und er … überraschte mich sehr, als er sich mit unseren Feinden zusammentat.«
    »Du hattest ihn für besser gehalten?«, fragte ich ungläubig.
    Mircea schnaubte. »Ich habe ihn für klüger gehalten. Außerdem fand ich, dass es nicht zu ihm passte.«
    »Weil es ein Risiko war.«
    Er nickte. »Und Antonio mag keine Risiken. Zumindest nicht, wenn es um seinen Hals geht.«
    Dieser Gedanke war mir mehr als nur einmal durch den Kopf gegangen. Tony »riskierte« nur dann etwas, wenn er sich seiner Sache sicher wähnte. Bei solchen Gelegenheiten hatte ich mich gefragt, ob er etwas wusste, von dem wir anderen keine Ahnung hatten.
    Mircea beendete seine Mahlzeit und drehte sich auf die Seite, eine Hand unterm Kopf. Die andere spielte mit dem Weinglas.
    »Warum das plötzliche Interesse?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe an meine Eltern gedacht, und daran, dass Tony wahrscheinlich die einzige Person ist, die mir mehr über sie erzählen könnte.«
    »Was ist mit dem ehrwürdigen Magier Marsden? Er muss etwas über die frühere Pythia-Erbin wissen. Ich würde mich sehr wundern, wenn er ihr nicht bei der einen oder anderen Gelegenheit begegnet wäre.«
    »Er ist ihr begegnet, konnte mir aber nur sagen, dass sie eine rei-zende junge Frau war. Was die Fakten betrifft, bekam ich nur den biografischen Kram, den die Zeitungen bringen. Geborene Elizabeth O'Donnell, mit vierzehn Jahren vom Pythia-Hof adoptiert und mit dreiundzwanzig zur Erbin erklärt. Brannte im Alter von vierunddreißig Jahren

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