Verlockend untot
Lieber Himmel, dieser Abend war nicht nur schrecklich, sondern unter aller Sau …
Jemand klopfte an die Tür.
Ich fühlte es in den Schulterblättern, denn ich stand mit dem Rücken an dem verdammten Ding und rührte mich nicht von der Stelle. Vielleicht würde ich mich nie wieder bewegen. »Dulceata?«
Scheiße.
»Dulceata? Ist alles in Ordnung mit dir?«
Ich gab keine Antwort, denn er wusste verdammt gut, dass mit mir alles in Ordnung war. Bestimmt hörte er mich atmen. So nahe konnte er vermutlich auch die brennende Hitze in meinen puter-roten Wangen fühlen. Meinem Hals und dem oberen Teil der Brust ging es kaum besser, und alles war deutlich zu sehen, und
o Gott.
»Dulceata?«
»Es geht mir gut«, brachte ich hervor und hoffte, dass er ging.
Wenn es für Dates und dergleichen eine von eins bis zehn reichende Katastrophenskala gab, so hatte dieses ach so romantische Treffen gerade die zehn erreicht. Ich hatte genug und konnte danach nicht auch noch ein Gespräch ertragen …
Ich hörte, wie sich im anderen Zimmer mit diskretem Klacken eine Tür schloss. »Sie sind weg, Dulceata«, sagte Mircea. Seine Stimme klang ein wenig seltsam.
Irgendwann war ich an der Tür nach unten gerutscht, saß jetzt auf den Fersen, mit den Armen überm Kopf, und hoffte, dass der Boden so gnädig war, mich zu verschlucken. Aber der besondere Ton in Mirceas Stimme brachte mich wieder auf die Beine. Ich nahm einen von den verdammten Bademänteln, streifte ihn über und streckte den Kopf durch die Tür.
»Lachst du über mich?«, fragte ich ungläubig.
»Nein«, sagte Mircea und zog mich an seine Brust.
Sie vibrierte.
»Du lachst doch über mich, du dreimal verfluchter…«
»Nein, ich lache nicht«, behauptete er, aber er hatte eine Hand hinter meinem Kopf und sah mich nicht an.
»Das war deine Schuld!«
»Dulceata…«
»Nenn mich nicht so!« Ich war stocksauer und hätte ihm vermutlich eine geknallt, wenn es mir gelungen wäre, meinen Arm zu befreien. Aber Mircea hatte seine um mich geschlungen, und sie hielten mich fest. Wenigstens den Kopf konnte ich bewegen und sah zu ihm hoch.
Sein Gesicht war verdächtig ernst, doch in den Augen glitzerte es.
»Du bist ein Bastard«, sagte ich mit Gefühl.
»Ich versichere dir, dass meine Eltern verheiratet waren, als ich zur Welt kam. Und ich wollte dir gerade sagen, dass du recht hast.«
»Ich weiß, dass ich recht habe!« Ich blinzelte. »Was?«
»Ich hätte dich auf die Anwesenheit der anderen hinweisen sollen. Aber ich habe nicht geglaubt, dass du … so kühn sein würdest.«
Nein, das hatte er wahrscheinlich wirklich nicht. Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass ich im Bademantel oder in ein Handtuch gehüllt aus dem Bad kam oder zuerst einen vorsichtigen Blick ins Zimmer werfen würde. Stattdessen war ich so aus dem Bad gestürmt, als stünde es in Flammen. Oder wie eine absolut unfähige Stripperin.
Ich schnitt eine Grimasse und ließ den Kopf nach vorn fallen.
»Das bin ich, ja«, sagte ich voller Elend. »Kühn bin ich.«
»Manchmal in einem geradezu erschreckenden Ausmaß«, murmelte Mircea und strich mir über die Locken.
»Es steckt keine Absicht dahinter.«
»Ich weiß.«
Für eine Weile standen wir einfach nur da, und es fühlte sich sehr gut an. Mircea hatte ebenfalls geduscht, sein noch feuchtes dunkles Haar war nach hinten gekämmt, und er trug wie ich einen Bademantel. Entweder gab es in der Suite ein zweites Bad, oder der dienstbeflissene Hotelmanager hatte ihm auf die Schnelle ein anderes Zimmer zur Verfügung gestellt. Oder eine Suite. Oder eine ganze Etage.
Jedenfalls, das war besser, der bisher beste Teil des Tages. Was allerdings nicht viel bedeutete.
»Cassie?«
»Hm?«
»Du kannst nicht die ganze Nacht im Bad bleiben.«
»Warum nicht?«
»Es ist nass.«
»Und wenn schon.«
»Es wird kalt darin.«
»Macht nichts.«
»Und du verpasst das Essen.«
Ich sah auf und fühlte, wie etwas Hoffnung an der schrecklichen Demütigung vorbeikroch. »Essen?«
»Essen«, sagte Mircea und zog mich durch die Tür.
Vierzehn
Wir kehrten ins Wohnzimmer zurück, und dort stellte ich fest, was alle beim Kamin gemacht hatten. Flammen tanzten auf einer Reihe von silbernen Rechauds, die direkt vor dem Kamin standen. Vor ihnen erstreckte sich etwas, das nach einem Picknickbereich aussah, mit Kissen aus erlesener Seide, feinem Porzellan, Tischwäsche aus Leinen so weiß, dass es glänzte, und zu kleinen Paradiesvögeln gefalteten Servietten. Eine
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