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Verlockend wie ein Dämon

Verlockend wie ein Dämon

Titel: Verlockend wie ein Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Bild. Stattdessen zeichnete sich dort Heathers ausgemergeltes Gesicht blass und wächsern gegen den dunklen Himmel ab.
    Lena blinzelte und sah sich noch einmal um – diesmal, um festzustellen, ob noch jemand das Trugbild entdeckt hatte. Aber offenbar war es nur für sie bestimmt. Brian sprach ruhig mit Uriel, und Emily versuchte, den versteinerten Carlos in ein Gespräch zu verwickeln. Keiner von ihnen bemerkte die flirrende Spiegelung auf der Düne.
    Lena machte sich auf das Schlimmste gefasst und wandte sich wieder dem Bild zu. Aus dem Standbild wurde ein Video. Heathers Mund verzog sich zu einem Lächeln, das jedoch nicht ihre haselnussbraunen Augen erreichte. Sie waren leer und fast leblos. Die Kamera zoomte weg.
    Eine Straßenecke in einem schäbigen Viertel am frühen Abend. Heather, die hohe Absätze und Minirock trug – ihre knochigen Hüftknochen waren darin unübersehbar –, schlenderte zu einem parkenden Auto und beugte sich zu dem offenen Fenster hinunter.
    Lena drehte sich der Magen um.
    Es wurde noch schlimmer. Plötzlich hörte sie die Worte unausweichlich und unbarmherzig in ihrem Kopf widerhallen.
    »Brauchst du ein bisschen Gesellschaft?«, fragte Heather den Mann in dem Wagen schüchtern.
    Sie war neunzehn. Studentin im zweiten Jahr. Früher Cheerleaderin und Spitzenschülerin. Und jetzt drogensüchtig und eine Hure. Lena schloss die Augen. Nicht, dass ihr das die Pein erspart hätte. Das Gespräch wurde in ihrem Kopf weiter abgespielt.
    »Wie viel?«
    »Fünfzig Dollar.«
    »Was bekomme ich dafür?«
    »Alles, was du willst.«
    Mit einem bitteren Geschmack im Mund drehte Lena dem Trugbild den Rücken zu – und war dankbar, als Heathers zitternde, rauhe Stimme verklang. Das Hässliche an der Besessenheit durch einen Dämon war, dass die besessene Person alles, was geschah, bewusst erlebte. Keine segensreiche Absence oder Bewusstlosigkeit. Es ging allein darum, die besessene Person zu unaussprechlichen Taten zu zwingen, die sie erniedrigten und ihr Selbstwertgefühl zerstörten. Es ging darum, sie in eine Einbahnstraße zu bugsieren und dann ihre Selbstzerstörung mit anzusehen. Eine verderbte Seele war in Satans Welt mehr wert als eine reine Seele, und nur Lockdämonen waren noch geübter darin als Hörige, gute Menschen zu korrumpieren.
    Hörige fanden großen Gefallen an den physischen Aspekten ihrer Arbeit. Ihre Wirte zu widerlichen sexuellen Praktiken zu zwingen, war eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen. Bisher hatte Malumos diese Karte zwar noch nicht ausgespielt, aber ihre, Lenas, Einmischung in diesen Kampf hatte ihn zum Handeln gezwungen.
    Sie war eine Närrin, dass sie es nicht hatte kommen sehen. Eine Närrin, der – vorausgesetzt, dass die Bilder in Echtzeit übermittelt wurden – nur noch ein paar Augenblicke blieben, um den Dämon davon abzuhalten, Heather einen weiteren schweren Schlag zu versetzen.
    Sie unterdrückte den irrwitzigen Drang, Brian um Verzeihung zu bitten, und wandte sich um. Ihr Blick kehrte zu der Düne zurück. Kein Bild war dort mehr zur sehen.
    »Ihr habt gewonnen«, flüsterte sie. »Sobald ich freikomme, gebe ich euch die Münzen.«
    Die Düne erwachte wieder zum Leben.
    Lena sah Heather vom Wagen fortstolpern. Sie hielt sich an einem Zaun fest und sank langsam und zitternd daran zu Boden. Der Mann in dem Auto rief ihr eine obszöne Bemerkung nach und fuhr dann mit quietschenden Reifen davon. Heather war in Sicherheit. Vorübergehend.
    Nun blieb nichts weiter zu tun, als Carlos die letzte Münze abzujagen. Für diesen Coup war eine Fingerfertigkeit notwendig, die sie in ihren Jahren als Taschendiebin in den Kairoer Straßen gewonnen hatte.
    Brian zu entkommen würde ein wenig mehr Kreativität erfordern.
     
    In der kleinen Gruppe wurde während des Heimflugs so gut wie nichts gesprochen. Ein Außenstehender hätte meinen können, dass sie zu einer Beerdigung unterwegs waren. Carlos starrte die ganze Zeit über aus dem Fenster, Emily hatte sich auf dem Sitz neben ihm zusammengerollt, und Lena las jede Zeitschrift und Zeitung, die an Bord zu bekommen war, akribisch von vorn bis hinten durch. Sie kehrten siegreich nach San Jose zurück, die Münzen in ihrem Besitz, doch ohne ein Lächeln oder eine im Triumph gereckte Faust.
    Brian überflog MacGregors E-Mail noch einmal, dann beugte er sich über den Mittelgang und schüttelte Emily sanft. »Deine Mom und Lachlan werden schon da sein, wenn wir zu Hause ankommen.«
    Sie nickte aus den Tiefen von

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