Verlockend wie ein Dämon
Worte klangen nach einem Hauch von Stahl. »Das Protektorat lässt sich ziemlich ungern in die Karten schauen.«
»Du weißt doch auch von ihnen.«
»Aber nur, weil MacGregors Bruder zu ihnen gehörte.«
Lena setzte sich auf. Das Leder des Stuhls protestierte knarzend. »Ich bin im Reliquiengeschäft. Überrascht es dich wirklich, dass ich weiß, wer für den Schutz welcher Reliquie verantwortlich ist?«
»Nein, aber es würde mich schon ins Grübeln bringen, wenn du wirklich nicht gewusst hättest, dass sich der Rest der Münzen in New York befand. In der Obhut eines Protektors.«
Jetzt wurde es gefährlich.
»Sie haben mir nie eine Liste der Reliquien ausgehändigt, die sie schützen«, sagte Lena ehrlicherweise. Die Wahrheit würde doch sicher überzeugend klingen? »Wir sind nur wegen der einen Reliquie aneinandergeraten.«
»Ich würde dir gern glauben.« Er griff über sie hinweg, streifte dabei ihre Finger und gab ins Suchfeld »Pontius-Pilatus-Linnen« ein. Dann drückte er die Eingabetaste. »Ich habe das verrückte Gefühl, dass du und ich ein Team hätten sein können. Vielleicht sogar mehr als das. Ich streite nicht einmal ab, dass du meinen Schwanz Samba tanzen lässt und mein Gehirn zu Brei machst. Aber es gibt da ein kleines Problem. Wir arbeiten nicht für dieselbe Seite, oder?«
Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. Augen, in denen eine verwirrende Mischung aus heißem Verlangen und grimmiger Selbstironie stand. Augen, die gleichermaßen eine Verheißung und eine Drohung enthielten und ihr den Atem raubten. Bevor sie eine zusammenhängende Antwort herausbrachte, klopfte es an der Tür.
»Brian?« Es war die Stimme des Magiers. »Wir haben ein Problem.«
Brian starrte die Zufahrt hinunter.
»Erickson hat vom Tor aus angerufen und gesagt, ein Kerl vom Pizzaservice sei da«, erklärte Stefan, während sie auf der Veranda warteten. »Bale meinte, er solle ihn zum Teufel jagen, bekam aber keine Antwort. Einen Augenblick später habe ich gespürt, wie der Grenzzauber fiel. Bale bestätigte, dass das Tor jetzt offen steht.«
»Ich bringe sie um«, sagte Brian ohne Wut.
Welchen Sinn hätte es gehabt, einen Tobsuchtsanfall zu bekommen? Emily war ein Teenager, und Teenager machten nun mal Dummheiten. Er zog sein Schwert aus der Scheide. Wenn er unbedingt jemandem die Schuld geben wollte, musste er nur in den Spiegel sehen. Er hätte einen Wächter in die Stadt abkommandieren sollen, anstatt davon auszugehen, dass sie sich an seine Anweisungen hielt.
Am Horizont tauchte ein winziger weißer Fleck auf, der von Sekunde zu Sekunde größer wurde.
»Alarmiere die anderen Wächter«, befahl er Stefan. »Und dann such Emily und sorge dafür, dass sie irgendwo in Sicherheit gebracht wird.«
»Bale hat ihnen schon Bescheid gesagt«, erwiderte der Magier. »Aber du brauchst mich vielleicht –«
»Kümmere dich um Emily. Dann kommst du wieder her.«
Stefan hätte vielleicht noch weiter diskutiert, aber Lena fuhr herum, rümpfte die Nase und deutete mit dem Finger auf den Kiesweg zu den anderen Häusern. »Ich habe sie gerade durch das Fenster der Bibliothek gesehen. Sie ist in diese Richtung gelaufen.«
Stefan musterte Lena einen Moment lang, dann stieg er die Stufen hinunter und ging auf die Hausecke zu. »Ich komme zurück, so schnell ich kann.«
Brians Schultern entspannten sich. Stefan würde ihnen ganz sicher bei der Verteidigung fehlen, aber er musste wissen, dass Emily in Sicherheit war. Er stieg die Treppe hinab, ohne den Blick von dem sich nahenden Auto zu wenden.
Ein Honda des neuesten Typs.
Drei Köpfe wippten darin auf und ab, aber es war nicht sehr wahrscheinlich, dass die beiden Seelenwächter darunter waren, die das Tor bewachen sollten. Nur ein Narr hätte einen fremden Wagen auf das Anwesen gelassen, und Narren überlebten nicht lange im Wächtergeschäft.
»Lena, wenn du irgendetwas über das weißt, was da gerade auf uns zufährt«, sagte Brian ruhig, »dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um darüber zu reden.«
»Es könnten Hörige Dämonen sein.«
»Das sind die, die von Menschen Besitz ergreifen, richtig? Sie schlüpfen in ihren Körper und machen mit ihnen, was sie wollen?«
»Ja.«
Einige andere Wächter erschienen im Laufschritt mit gezogenen Schwertern, und Murdoch rannte vom Übungsplatz herbei. Nun wären sie acht gegen drei, Lena nicht mitgezählt. Offen gestanden war sich Brian nicht sicher, ob er auf Lena zählen konnte.
»Trennt sie voneinander«,
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