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Verlockend wie ein Dämon

Verlockend wie ein Dämon

Titel: Verlockend wie ein Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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nicht gleich.
    Stattdessen spürte er bohrende Leere – das Gefühl, eine Gelegenheit verpasst zu haben. Verrückt, wirklich. Sie kannten sich erst seit drei Tagen, aber in dem Augenblick, als sie sich begegnet waren, hatte es zwischen ihnen gefunkt. Nicht nur in eine Richtung. Sondern wechselseitig. Es war etwas Großes. Etwas von bleibender Kraft.
    Aber Lena war offenbar nicht interessiert daran, herauszufinden, was es war.
    »Schwärmt aus!«, bellte er die untätigen Wächter an, während er über die Trümmer der Veranda zur Haustür sprang. »Sucht Lena Sharpe!«
    Drinnen raste er die Treppe hoch und riss die Tür zu ihrem Zimmer auf. Auf der Kommode lag nichts. Die Frau hatte Nerven. Sie hatte sich noch die Zeit genommen, ihre Handtasche zu holen.
    »Äh, Brian?«
    Er drehte sich um. Es waren Emily und Carlos. Emily wirkte unversehrt, dem Himmel sei Dank, aber der junge Mann sah schrecklich aus. Sein Gesicht war grau, und tiefe Furchen hatten sich um seinen Mund eingegraben. Doch es war erst der freudlose, schwarze Blick, der den Eindruck abrundete. Wenn er noch einen Beweis gebraucht hatte, dass die Purpurwolke eine Katastrophe barg, dann war er das hier. »Was zur Hölle ist bloß passiert?« Dann schüttelte er den Kopf. »Wenn ich genauer darüber nachdenke, habe ich jetzt keine Zeit, mir die Geschichte anzuhören, und ich gehe davon aus, dass es ein Prachtexemplar von einer Geschichte ist. Ihr rührt euch nicht vom Fleck, bis ich wiederkomme. Ihr geht nirgendwohin. Kapiert?«
    Sie nickten wie zwei begossene Pudel.
    Brian fühlte sich, als würde ein großes Zirkuszelt über ihm zusammenstürzen. Er rannte zur Treppe. Lena hatte kein Auto genommen, daher hatte er noch eine Chance. An ihrer Stelle wäre er zur westlichen Mauer gelaufen und von dort aus die unterholzbestandenen Hügel hinunter, durch die adretten Vorstädte und bis in die City von San Jose. Ein Wächter würde für die ganze Strecke etwa zehn Minuten brauchen. Wenn er sie einholen wollte, würde er es in acht Minuten schaffen müssen.
    Nur gut, dass er früher ein erstklassiger Langstreckenläufer gewesen war.
     
    Lena hatte gerade den Bungalow betreten wollen, als die Druckwelle sie zu Boden warf. Obwohl der Grund für diese rätselhafte Erschütterung unklar war, hatte das Amulett sofort aufgehört zu vibrieren und ihr dadurch mitgeteilt, dass sich die Münze nicht mehr im Bungalow befand. Und als sie versuchte, ihr nachzuspüren, erstand kein Bild vor ihrem geistigen Auge. Sie schien nirgends zu sein. Sie war verschwunden.
    Und so rannte Lena davon.
    Mit Hilfe ihrer Wächterkräfte sprang sie über die Westmauer und schlug sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durchs Unterholz. Sobald sie die relative Sicherheit eines Villenviertels erreicht hatte, erlaubte sie sich, Atem zu schöpfen. Nur ein bisschen. Selbst während sie durch Gärten sprintete und über Zäune sprang, tat sie mehrere Dinge gleichzeitig. Sie rief in ihrem iPhone eine Karte der Umgebung auf, bestellte sich ein Taxi und buchte einen Flug nach L.A. Aber keinen Passagierflug, denn er hätte Brian innerhalb von Sekunden auf ihre Spur gebracht. Das Chartern eines Privatjets riss ein riesiges Loch in ihre Ersparnisse, doch Tariq in der Manhattan Village Mall zu verpassen würde sie noch viel mehr kosten.
    Es würde sie Heather kosten.
    Lena stolperte über einen Gartenschlauch. Nur ein rascher, reflexartiger Griff verhinderte, dass ihr die Handtasche von der Schulter und in eine Buchsbaumhecke rutschte. Sie fand ihr Gleichgewicht wieder und rannte weiter.
    Sie hielt sich links, um ein Grüppchen plaudernder Mütter in einem Garten hundert Meter vor ihr zu umgehen, und lief eine ruhige Gasse entlang. Wie lange hatte Brian gebraucht, um zu bemerken, dass sie fort war? Zwei Minuten? Zehn? Sie weigerte sich, in Betracht zu ziehen, dass er verletzt sein könnte oder noch etwas Schlimmeres. Das konnte nicht sein, da sie doch gesehen hatte, wie er das Schwert führte. Da sie nun wusste, dass er denselben Kriegsdämon getötet hatte, der sie um Haaresbreite erledigt hätte. Er
musste
einfach außer Gefahr sein.
    Würde er ihr verzeihen, dass sie weggelaufen war?
    An der Ecke bog sie links ab. Diese Straße war belebter, was sie dazu zwang, ihr Tempo auf Jogginggeschwindigkeit zu drosseln. Eine Frau lud Einkäufe aus ihrem Wagen, zwei Kinder malten Kreidezeichnungen in eine Einfahrt, und ein älterer Mann trimmte seine Wacholderhecke mit einer Heckenschere, die so groß war,

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