Verlockend wie ein Dämon
schleuderte eine Axt auf den Unglücksboten. Hätte sich sein Bruder nicht augenblicklich in eine durchsichtige Rauchfahne aufgelöst, so hätte ihn die rasiermesserscharfe Waffe enthauptet. Die vorübersausende Klinge schnitt einige Strähnen von Malumos’ langem blauem Haar ab, aber der Dämon blieb, wo er war, wich ruhig aus und schien durch den plötzlichen Gefühlsausbruch seines Herrn nicht sonderlich beunruhigt.
»Als wir ankamen, spürten wir die Gegenwart nur einer Münze«, sagte er und nahm den Faden dort auf, wo sein Bruder ihn fallen gelassen hatte. »Die Wächter waren so entschlossen, sie vor uns zu beschützen, dass sie sie zerstört haben. Ich weiß nicht, was wir sonst hätten tun können.«
»Das ist eine erbärmliche Entschuldigung«, grollte der gewaltige Dämonenfürst. »Die Wahrheit ist: Ihr habt versagt.«
»Versagen ist ein relativer Begriff, mein Lord. Die Münzen, die schon in unserem Besitz sind, haben nun an Wert gewonnen.«
»Beschaff mir die anderen dreizehn Münzen, Malumos.« Der hünenhafte rote Dämon wandte sich wieder dem raumhohen Spiegel zu und zupfte sein Cape um die Schultern zurecht. »Wenn ihr nochmals versagt, wird jeder von euch dreien in ein anderes Höllenreich verstoßen. Ihr werdet in Ewigkeit getrennt voneinander schmoren. Verstanden?«
Ein Schauer durchlief Malumos. »Ja, mein Lord.«
»Und hört auf, diese Wächterin zu hätscheln.« Beelzebub riss sich eines der drahtigen Haare an seinem Kinn aus. »Presst ihr die Information ab. Nehmt sie auseinander, wenn nötig. Aber beschafft mir diese Münzen.«
»Sie wird von den anderen Wächtern beschützt. Und von einem Magier.«
Beelzebub fuhr herum. »Gebt ihr euch etwa geschlagen?«
Malumos stand so still, wie ein Höriger nur konnte. »Nein.«
»Zeigt, dass ihr Dämonen seid, um Satans willen. Nötigt sie. Manipuliert sie. Ihr müsst bei dem Mädchen, bei Heather, noch weiter gehen. Stoßt sie in den Abgrund der Verzweiflung und zeigt dieser Seelenwächterin den wahren Preis für ihren Widerstand.«
Quer durch die große Halle drang ein schadenfrohes Zischen. Es kam von Mestitios gespaltenen Lippen.
»Mein Lord, die Gesundheit des Mädchens ist angegriffen«, sagte Maleficus von seinem neuen Standort am anderen Ende des Raums aus. Außer Reichweite. »Prügel, Hunger und die Belastung durch Mestitios häufiges Eindringen in ihren Leib haben bereits ihren Tribut gefordert. Die Folter könnte zu viel für sie sein.«
»Wenn sie stirbt, stirbt sie eben.« Beelzebub sah den Hunger in Mestitios wilden roten Augen und lächelte. »Es wäre nur ein Fehler, es der Wächterin zu erzählen.« Der riesige Erzdämon prüfte ein letztes Mal sein Bild im Spiegel, dann schritt er aus der Halle mit den Schleimmauern, um Kriegsrat mit Satan zu halten.
Die drei Brüder warteten, bis die Höflinge seines Gefolges ihm nachgehuscht waren und der Raum leer war, bevor sie offen miteinander sprachen.
»Beelzebub scheint nicht zu wissen, dass Ms Sharpe fähig ist, außer den Münzen auch noch andere Reliquien aufzuspüren«, sagte Maleficus stirnrunzelnd.
»Weil ich ihm nie von dem Amulett erzählt habe«, erklärte Malumos. »Oder davon, dass
sie
allein um den Zauber weiß, wie man es gebraucht. Du bist bei deinen Recherchen in den alten Schriftrollen auf viele interessante Dinge gestoßen, Bruder. Ich verrate nur, was ich muss.«
»Wir begeben uns mit diesem Plan auf einen schmalen und steinigen Pfad«, sagte sein Bruder leise. »Wenn wir zu weit gehen, wird Beelzebub uns zerschmettern.«
»Er betrachtet uns nicht als Bedrohung.« Malumos zuckte die Achseln. Ranken aus blauem Rauch kräuselten sich empor und umrahmten seine Schultern wie Flügel. »Und wenn er erst begreift, was wir vorhaben, wird es zu spät sein.«
»Bist du sicher, dass wir es schaffen können?«
Malumos heftete seine kalten Augen auf seinen Bruder. »Natürlich.«
»Aber wir konnten ihre Erinnerungen noch nicht wieder auffrischen. Du warst zuversichtlich, dass der Besuch beim Tempel von Dendur seinen Zweck erfüllen würde, aber das war nicht der Fall. Wir wissen noch immer nicht, wo sich das
Buch des Gerichts
befindet, und ohne dieses Buch ist unser Plan zum Scheitern verurteilt.«
»Ich brauche nur einen Augenblick, in dem die Vergangenheit in ihr wieder lebendig wird, und der Sieg wird unser sein«, sagte Malumos. »Wenn sich von selbst keine günstige Gelegenheit bietet, werden wir sie eben herbeiführen.«
»Aber Beelzebub wird
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