Verlockende Angst
nicht ganz jedenfalls. » Du bist in dieser Angelegenheit nicht der Böse, Seth. Du hast auch irgendwie unter Drogen gestanden– durch unsere Verbindung. Und du hast dich nachher um mich gekümmert. «
Er hob die Schultern. » Was hätte ich sonst tun sollen? «
» Du hast mein Haar gehalten, während ich gekotzt habe. Das hättest du nicht zu tun brauchen. Du hättest mich einfach im Bad lassen können. Das war schon ziemlich heftig. «
» Es war eklig, ja. Nur damit du’s weißt. « Seth betrachtete die Rose in seiner Hand.
Ärger stieg in mir auf. » Wieso reagierst du so? Ich versuche dir zu sagen, dass du gestern Nacht keine Schuld hattest, und du benimmst dich wie ein Vollpfosten. «
Eine blaue Flamme sprang aus seiner Hand hervor und schlug über der Rose zusammen. Sie verwandelte sich in ein zartes blaues Rauchwölkchen und verschwand im Nichts.
Ich riss den Blick von seiner Hand los und versuchte mich zu beruhigen. Würde jedes Gespräch, das ich an diesem Tag führte, im Streit enden?
Er blickte auf und sah mir endlich in die Augen. » Anscheinend warst du gut versorgt, nachdem ich weg war. Hat es dich glücklich gemacht, dass Aiden bei dir blieb? Ganz bestimmt. «
Seth verwirrte mich und ich fühlte mich verletzt. » Ich will nicht mit dir streiten. «
Dieses Mal leckten die blauen Flammen viel langsamer an der Rose, die er in den Fingern hielt. Blaue Rauchwölkchen stiegen auf. » Dann solltest du nicht länger mit mir sprechen. «
Ich trat zurück und verschränkte die Arme. » Warum bist du so oberbescheuert zu mir? «
Seth blinzelte und das blaue Feuer verflüchtigte sich und ließ die Rose unversehrt zurück. » Ich glaube nicht, dass es das Wort oberbescheuert wirklich gibt, Alex. «
Die Vorstellung, mich für den Rest des Tages im Bett zu verkriechen, kam mir immer verlockender vor. » Okay, schön, war nett. Wir sehen uns. «
Seth setzte sich in Bewegung. Er streckte den Arm aus und hielt mich wieder am Arm fest. Die Rose hielt er in der anderen Hand. » Es tut mir leid. «
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Seth entschuldigte sich nie. Grundsätzlich nicht.
Doch das Unmögliche geschah. Die Maske, die er immer trug, schwand aus seinem Gesicht. Plötzlich wirkte er sehr jung und unsicher. » Ich habe dich heute Morgen gespürt. Du warst verlegen und durcheinander und dann furchtbar zornig. Es tut mir leid, dass ich dir das angetan habe. Ich hätte mich… beherrschen sollen. «
Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, was Seth meinte. » Das hatte nichts mit dir zu tun, Seth. «
» Erzählst du mir das, damit ich mich besser fühle? «
» Seth, es ist mir echt peinlich. Ich bin in deinem Zimmer herumgetanzt und habe dich belästigt. Also ja, deswegen fühle ich mich nicht gut. Aber die anderen Gefühle, die du aufgefangen hast– das war wegen Aiden. «
» Geht es nicht immer um Aiden? « Er ließ meinen Arm los und wandte sich ab. » Hat er dir endlich seine unsterbliche Liebe gestanden? «
Ich lachte gekünstelt. » Nicht ganz. «
Seth rieb sich den Nacken. » Das kann ich kaum glauben. «
» Er ist bei mir geblieben, weil er eingeschlafen ist. «
Seth ließ den Kopf sinken und grinste. » Und das glaubst du? «
Ich blinzelte die Tränen weg, die mir plötzlich in die Augen stiegen. Wenn Aiden mir seine Liebe gestanden hätte, wäre ich zu allem bereit gewesen. Er hatte aber nichts dergleichen gesagt. » Kommt es darauf an? «
Seth musterte mich, als wolle er sich über etwas klar werden. » Etwa nicht? «
Eine Brise wehte heran, raschelte in den Blättern und blies mir die Haare ins Gesicht. Ich schob sie beiseite, aber sie wehten mir sofort wieder in die Augen. » Am Abend davor hast du mich gebeten, mich zu entscheiden, Seth. Und das habe ich getan. «
Seth betrachtete die Rose in seiner Hand. » Und diese Entscheidung hat heute noch etwas zu bedeuten? «
Das war eine gute Frage. Wie sollte das möglich sein, nachdem ich noch vor einer Stunde alles für Aiden aufgegeben hätte, wenn er mir nur ein einziges Mal seine Liebe gestanden hätte? Aber er hatte es nicht getan. Ich wandte den Blick ab und fragte mich einmal mehr, was genau ich tat. War das Seth gegenüber anständig? Denn Aiden hatte recht gehabt– ich begnügte mich gewissermaßen mit ihm. Aber Seth hatte auch nicht behauptet, tiefe Gefühle für mich zu empfinden. Er hatte mich nicht einmal gebeten, seine Freundin zu sein. Er hatte vorgeschlagen dass wir sehen sollten, was passieren würde– ohne
Weitere Kostenlose Bücher