Verlockende Versuchung
aufeinander gepresst. Immer wieder musste er sich mit Gewalt daran erinnern, dass er es mit der Herzoginwitwe von Carrington zu tun hatte.
»Devon«, raunte er ihr leise nach.
Ihre Schultern versteiften sich, und Sebastian wusste, dass sie ihn gehört hatte. Trotzdem hielt sie nicht inne, sondern eilte ihrer Großmutter hinterher.
Mit großen Schritten setzte Sebastian ihr nach und packte sie am Ellbogen.
»Lass mich los! « , fauchte sie.
Doch sein Griff wurde nur noch fester, und er zog sie an sich.
»Devon, bitte, schau mich an! «
Sie weigerte sich standhaft. Starr blickte sie auf den einwandfrei gebundenen Knoten seiner Krawatte, den vergoldeten Rahmen des Spiegels in seinem Rücken, alles, nur nicht in sein Gesicht.
»Meine Liebe? « Die Herzogin hatte sich suchend nach Devon umgedreht. Eingehend beobachtete die alte Dame ihre Enkelin und Sebastian.
Daraufhin ließ der Marquess Devon los, und wie ein Hase, der sich gerade noch mal aus einer Falle retten kann, flüchtete sie vor ihm.
Fluchend musste Sebastian die beiden Frauen ziehen lassen, die in der Kutsche der Herzogin verschwanden. Er schlug wutentbrannt mit der geballten Faust gegen die Eingangstür. So hatte er sich den Vormittag mit Devon wahrlich nicht vorgestellt. Er hatte keine Möglichkeit gehabt, mit ihr über die vergangene Nacht und seine Gefühle ... seine Entscheidung ... oder sonst etwas zu sprechen!
Doch ihm waren - verdammt noch einmal! - die Hände gebunden. Die Herzogin brachte Devon nach London, fort von ihm ...
Und es gab nichts, was er dagegen tun konnte!
Kurz entschlossen schmiedete Sebastian Pläne, wie er als Nächstes vorzugehen hatte. Noch in derselben Stunde brauste seine Kutsche Devon hinterher. Als er von Thurston Hall wegfuhr, hatte er sich dazu entschieden, an den Eingangsstufen der Herzogin zu warten, egal zu welcher Uhrzeit er in der Hauptstadt ankommen sollte. Während der langen Fahrt nach London hatte seine Vernunft aber wieder die Überhand gewonnen. Die Erinnerung an das aufwühlende Treffen der beiden Frauen hatte ihn zutiefst bewegt, und er wusste, dass er ihnen etwas Zeit gönnen musste. Damit war zwar seine Impulsivität gebremst, nicht jedoch sein Vorsatz.
Punkt drei Uhr am nächsten Nachmittag überquerte Sebastian den Grosvenor Square, um zu dem prachtvollen Wohnsitz der Herzogin zu gelangen. Dort ließ er den blank polierten Messingklopfer zweimal heftig gegen das Holz fallen, woraufhin sich die Eingangstür öffnete.
Reginald, der große, schmallippige Butler der Herzogin sah ihn steif und abschätzend an. Sebastian reichte dem Diener seine Karte, die dieser mit behandschuhten Fingerspitzen entgegennahm.
»Ich wünsche Miss St. James zu sprechen«, forderte Sebastian unwirsch.
Dass der Butler angesichts Sebastians Tonfalls nicht einmal mit der Wimper zuckte, zeugte von seiner guten Ausbildung. »Hier entlang, Mylord,
Sebastian wurde in den weitläufigen Salon geführt. Obwohl Reginald ihn zu einem Sessel gebracht hatte, bevorzugte es Sebastian, unruhig im Zimmer auf und ab zu gehen. Tatsächlich hätte er die Länge des Raumes mit geschlossenen Augen abschreiten können, so sehr hatte sich ihm alsbald die Zimmereinrichtung ins Gedächtnis geprägt. Noch immer kam niemand. Schließlich klappte Sebastian seine Taschenuhr auf und warf einen kurzen Blick darauf.
Bereits eine Viertelstunde war vergangen, seitdem Sebastian von Reginald in den Salon geführt worden war.
Was zum Teufel war nur los? War er vergessen worden? Geduld war heute nicht eine seiner Stärken. Er drehte sich gereizt um und wollte den Butler rufen ...
... als das dumpfe Klopfen eines Stocks ihn aufschrecken ließ.
»Guten Tag«, begrüßte ihn die Herzogin.
Sebastian vollführte eine elegante Verbeugung. »Euer Gnaden«, murmelte er. In Wahrheit hätte er lieber seiner Verärgerung Ausdruck verliehen und sich darüber beschwert, wie lange man hier hatte warten lassen. »Wie schön, Euch wiederzusehen. Ich fürchte nur, dass Reginald mich missverstanden hat, denn eigentlich hatte ich ihn gebeten, mich bei Eurer Enkelin anzumelden.«
»Es gab kein Missverständnis«, entgegnete die Herzogin ruhig. »Devon ruht gerade.«
»Dann bittet eine Zofe, sie zu wecken und ihr zu sagen, dass ich sie sehen möchte. In der Zwischenzeit werde ich warten.« Er schlenderte zu einem der Sessel und setzte sich in lässiger Ungezwungenheit, ein Bein locker über das andere geschlagen.
Als er aufblickte, hatte sich die Herzogin wie ein
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