Verlockende Versuchung
wirbelnden Röcken lief Devon Hals über Kopf die Treppe hinauf. Hinter ihr hörte sie Sebastian laut fluchen, dann bemerkte sie Fußschritte, die immer näher kamen, woraufhin die junge Frau noch schneller rannte.
Warum konnte er sie nicht in Ruhe lassen? Hatte er ihr nicht schon genug angetan? Alles, was sie wollte, war allein zu sein. Als sie jedoch die Türschwelle ihres Zimmers Überschritt, verfing sich die Spitze ihres Schuhs im Saum des Kleides. Sie fiel der Länge nach zu Boden, wie damals in ihrer Kindheit. Verzweifelt versuchte sie zu Atem zu kommen und wieder aufzustehen.
Sebastian war bereits bei ihr und half ihr behutsam auf.
»Lass mich zufrieden! «, schrie sie ihn an und holte entschlossen mit dem Ellbogen nach ihm aus.
Gerade noch rechtzeitig bückte sich Sebastian, andernfalls hätte Devon seine Nase getroffen. Hastig ließ er sie los.
Wieder auf den Beinen, sah Devon dem Marquess fest in die Augen. »Verschwinde ! «
Diesen Wunsch allerdings erfüllte er ihr nicht. Stattdessen schloss er ruhig, aber bestimmt die Tür mit dem Absatz seines Schuhs. Mit dem gleichen sparsamen Kraftaufwand sperrte er sie zu und ließ den Schlüssel in seine Westentasche gleiten.
Devons Blick wanderte von der Tasche zu seinem Gesicht. »Was zum Teufel denkst du, was du hier machst? «
»Du bist völlig außer dir«, bemerkte er gelassen.
»Und du bist ein Bastard«, klagte sie ihn erzürnt an. Ihr Schock hatte sich mittlerweile in pure, glühende Wut gewandelt. In gespielter Bestürzung ließ sie die Hand zur Brust gleiten. »Oh nein, wie hatte ich das vergessen können! Trotz deiner hartnäckigen Bemühungen, mich in eine Dame zu verwandeln, bin natürlich ich der Bastard ! «
Ihre Blicke verwoben sich ineinander, dann setzte Sebastian an: »Mach dich nicht kleiner, als du bist, Devon. Du bist eine Lady, und das weißt du. Das hast du heute Abend bewiesen. Außerdem hat deine Herkunft hiermit nichts zu tun ... «
»Oh, das wage ich sehr zu bezweifeln! Meine Herkunft, wie du es zu nennen beliebst, steht im Zentrum des Ganzen. Ich habe dir erzählt, dass ich meiner Mutter versprach, niemals zu stehlen, zu betteln oder meinen Körper zu verkaufen. Du hast mir damals nicht geglaubt und mir nun wieder deutlich gezeigt, dass sich deine Meinung von mir nicht geändert hat!« Mit funkelnden Augen blickte Devon ihn zornig an. »Bisher habe ich meinen Lebensunterhalt nicht auf dem Rücken verdient und werde es auch in Zukunft nicht tun. Ich lasse es nicht zu, dass du eine Hure aus mir machst! «
»Eine Hure! Um Himmels willen, Devon ... «
»Du würdest einen Mann dafür bezahlen, mich in sein Haus und sein Bett zu nehmen! Du würdest ihn bezah len! « , rief sie erbost. »Kommt das diesem Gewerbe nicht gleich? Nun, das werde ich nicht erlauben. Hast du mich verstanden? Das lasse ich nicht zu! «
Sebastian trat einen Schritt auf sie zu. »Devon«, sagte er beschwichtigend, seine Stimme klang tief und angespannt. »Devon, bitte.«
Rasch schüttelte sie widerwillig den Kopf. Sogar jetzt, während sie derart verärgert und verzweifelt war, ver setzte ihr seine Nähe einen schmerzenden Stich. Sie fühlte sich, als stünde sie am äußersten Abgrund der Erde. Und sie war sich nicht sicher, ob sie den weiten Sprung ins Ungewisse, in die Dunkelheit wagen sollte ...
Oder sich in Sebastians Arme stürzen würde.
Doch Devon war zu verletzt. Zu entrüstet.
Bitterkeit hatte Spuren in ihrer Seele hinterlassen. Sie reckte das Kinn, um Sebastian direkt ins Gesicht sehen zu können. »Der heutige Abend war kein zwangloses Dinner, nicht wahr? Er war etwas anderes, etwas Überlegtes. Oh, ich hätte es wissen müssen. Natürlich hast du es geplant, so wie du alles planst. Vielleicht sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass du dich nicht dazu entschieden hast, mich bereits heute Abend an den Meistbietenden zu versteigern.«
Devons maßlose Verachtung ließ Sebastian schmerzhaft zusammenzucken. Leichte Schamesröte stieg ihm ins Gesicht und vermischte sich mit dem dunklen Bronzeton seiner Haut.
»Devon, du musst mir zuhören ... «
»Das muss ich ganz und gar nicht! Du hast mich hintergangen, Sebastian! Ich wollte eine Gouvernante werden, eine Gesellschafterin, und das wusstest du. War ich ein solch schrecklicher Misserfolg? Ist es das, was du insgeheim vorhergesehen hast? Dass ich mein Ziel niemals erreichen könnte? «
»Nein. Nein!«
»Wenn du mich hättest loswerden wollen, hättest du mir das nur sagen brauchen!
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