Verlockendes Dunkel
in seiner Hand und seine Stimme zitterten, als er triumphierend erwiderte: »Genau. Der König wird endlich zurückkehren, und die Anderen werden den Anführer haben, den sie brauchen, um die Duinedon zu schlagen.«
»Das wird nicht geschehen, Rogan. Es ist unmöglich. Ich habe es gesehen. Artus wird nicht siegen.«
Ein Donnern erklang, dicht gefolgt von einem weiteren. Diesmal war es das widerhallende Krachen eines heftigen Gewitters. Über den Lärm erhob sich eine Stimme, die die des Captains sein musste, zu einem langsamen, skandierenden Gesang. Der Wind frischte auf, und das Schiff hob und senkte sich, bevor es in die Wellentäler der aufgewühlten See hinunterstürzte.
Elisabeth schlug sich den Kopf an, als sie darum kämpfte, sich auf den Beinen zu halten. Schnell griff sie nach einem der Taue, die die Fässer zusammenhielten, damit sie nicht durch den ganzen Frachtraum rollten, und glitt einen Schritt näher auf Rogan zu. Da seine ganze Aufmerksamkeit Brendan galt, fand sie vielleicht eine Gelegenheit, die Waffe zu ergreifen oder zumindest den Lauf von Brendans Oberkörper wegzustoßen.
Brendans Worte durchschnitten die Luft wie eine Klinge. »Die Anderen werden scheitern, und dann werden die Duinedon schnell und gnadenlos Vergeltung üben. Sie werden nicht zulassen, dass eine derartige Gefahr bestehen bleibt.«
»Dieses Risiko werde ich eingehen, wenn es die Chance auf ein Leben ohne Schikanierungen bedeutet«, beharrte Rogan.
Elisabeth bewegte sich zentimeterweise vorwärts, und bei jedem Krängen des Schiffes verbrannte sie sich die Hände an dem Tau, das ihr durch die Finger rutschte. Aber es lag höchstens noch ein Meter zwischen ihr und den Männern. Beschäftige ihn, Brendan! Halte ihn am Reden!, beschwor sie ihn stumm.
»Und Daz?«, fuhr Brendan Rogan an. »Der alte Mann. Habt ihr ihn getötet? Müssen wir sein Leben auf die Liste all jener setzen, die ihr ermordet habt?«
Rogans Gesicht verhärtete sich. Brendan verlor ihn. Es fehlte nicht mehr viel, damit der verräterische Harfenist den Abzug drückte. »Der alte Mann lebt. Zumindest nehme ich das an. Ich habe ihn bewusstlos, aber atmend zurückgelassen. Das war mehr Gnade, als er von anderen erfahren hätte.«
Elisabeth hatte ihr Ziel erreicht. Jetzt brauchte sie nur noch nach rechts zu springen, um Rogan aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Doch sie kam nicht mehr dazu.
Brendans Gesicht schien von innen heraus zu erglühen. Seine Augen glitzerten wie poliertes Gold, Bronze und Bernstein, hart und erbarmungslos. Langsam hob er eine Hand und schnippte mit den Fingern.
Rogan krümmte sich und würgte. Sein ganzer Körper zuckte von dem heftigen Anfall von Übelkeit, der ihn erfasste.
Brendans Blick glitt über Elisabeth, und bei der furchtbaren Macht in seinen Augen fühlte sie sich seltsam wehrlos und verletzlich. »Komm mit! Schnell!«
Sie ließ das Tau los, schlich um Rogan herum und hatte es schon halbwegs zur Leiter geschafft, als der Harfenist sie am Knöchel packte. Eine neue Sturmwelle erfasste das Schiff. Elisabeths Füße verloren den Halt, und sie spürte, wie sie fiel. Ihr Kopf schlug gegen die Fässer, ihre Seite gegen den Rand einer Kiste, und ihre Knie prallten heftig auf dem Boden auf.
Im Licht der wild schwankenden Laterne nahm sie Gestalten wahr, hörte Schreie und dann einen Schuss. Jemand packte sie um die Taille, ein anderer schlug ihr so hart ins Gesicht, dass sie Sterne sah. Sie vernahm das dumpfe Geräusch von Faustschlägen, und als sie sich die Tränen abwischte, lag Brendan auf dem Boden, und jemand drückte ihr ein Messer an die Kehle.
Rogan rappelte sich auf und beugte sich über Brendans zusammengesackten, blutbesudelten Körper. Seine Hände zitterten, und seine Stimme war ungewöhnlich heiser, als er hervorstieß: »Du sagtest, die Hölle werde unsere Zuflucht sein, Douglas. Aber du bist bereits dort.«
Brendan blickte durch ein glitzerndes Auge auf, das andere war schon zugeschwollen. »Nein, Rogan. Du hast ja keine Ahnung. Meine Hölle hat noch nicht einmal begonnen. Und deine auch nicht.«
»Schafft ihn weg!«, schrie einer der Männer.
Das Heulen des orkanartigen Sturmes war abgeklungen, und das Übelkeit erregende Schlingern des Schiffes ließ allmählich nach. Donner grollte zwar noch immer über dem Wasser, aber das Krachen von Kanonenschüssen zerriss nicht mehr die Luft. Der Sturm musste Verfolger und Verfolgte auseinandergetrieben haben. Elisabeths Hoffnung auf Rettung schwand.
Zwei Seeleute
Weitere Kostenlose Bücher