Verlockendes Dunkel
Elisabeth biss die Zähne zusammen und blickte zu der vergitterten Luke über ihr auf. Wenn sie die Chance dazu bekäme, könnte sie es wieder tun?
Als hätte bloße Willenskraft dafür gesorgt, öffnete sich die Luke, und das Licht einer Laterne blendete Elisabeth, sodass sie ihren Besucher nicht erkennen konnte. Schnell blickte sie sich in dem Frachtraum nach einer möglichen Waffe um, aber es war schwer, in der Dunkelheit etwas zu sehen, und außer den Fässern und einigen großen, sperrigen Schiffsteilen, die ohnehin zu schwer aussahen, konnte sie nichts Nützliches entdecken.
Schwere Schritte und der Geruch von Whiskey und Pfeifentabak verbanden sich zu einer vertrauten Gestalt. Ein grauer Übermantel mit hochgestelltem Kragen. Ein Hut auf grau meliertem Haar, und als der Mann seine Laterne anhob, verunzierte eine verräterische Prellung die eine Seite seines Gesichts, und ein Pflaster bedeckte einen Schnitt an seiner linken Wange.
Elisabeth blinzelte, um sicherzugehen, dass sie keiner Sinnestäuschung erlag, aber das war nicht der Fall. Die Rettung war schneller gekommen, als sie gehofft hatte.
»Rogan!«
»Wo ist sie?« Brendan saß an dem Tisch, wo sie ihn auf einen Stuhl gestoßen hatten, und musterte seine Entführer kühl, ohne etwas von der Wut zu zeigen, die in seinem Herzen brannte. »Ich will wissen, dass sie wohlauf ist.«
Er hatte Elisabeth nicht mehr gesehen, seit sie ihn und sie aus dem Haus verschleppt hatten. Sie hatte reglos in den Armen eines stämmigen Kerls gelegen, der groß genug war, um Brendan in der Mitte durchzubrechen, und war in eine Kutsche verfrachtet worden, die auf der Stelle losgefahren war.
Das Gefährt war gerade erst um die Ecke verschwunden, als sie auch ihn in eine zweite Kutsche gestoßen hatten. Er hatte die Präsenz von jemandem in der Ecke gespürt, aber dann hatte es eine Explosion hinter seinen Augen gegeben, und er hatte nichts mehr mitbekommen, bis er auf diesem Schmugglerschiff erwacht war. Die Geräusche eines gerade erst ausgelaufenen Schiffes zerstörten jede Hoffnung auf eine schnelle Rettung, die er vielleicht gehabt hatte.
Die Freiheit zu erlangen lag jetzt ganz allein bei ihm.
Der Mann namens Croker ging hinter ihm auf und ab, sodass Brendan den sauren Gestank seines Atems heiß im Nacken spürte, während der andere ihm gegenüberstand, die Hände auf den Hüften und die Beine weit gespreizt gegen das Schlingern des Schiffes. »Noch geht es ihr gut genug. Es liegt an dir, ob das so bleibt.«
Brendan drückte die flachen Hände auf den Tisch und benutzte das grobe Holz als Anker, um sich besser konzentrieren zu können. »Rührt sie an, und wir sehen uns in der Hölle wieder!«
Sofort hatte er ein Messer unter dem Kinn. »Harte Worte«, höhnte Croker, »doch es ist deine Schwäche für das Mädchen, was dich in Schach hält. Solange Sams und ich sie haben, wirst du gar nichts tun, nicht wahr?«
Brendan erwiderte nichts. Der dreckige Bastard mochte dumm erscheinen, aber was er sagte, stimmte ganz genau. Solange sie Elisabeth als Geisel hatten, war Brendan machtlos.
»Doch sie ist ein echter Leckerbissen, nicht?«, sagte Sams mit einem vulgären Lachen und griff sich zwischen die Beine. »Vielleicht sollten wir Captain Quicks Seeleuten ein bisschen Unterhaltung auf der Reise bieten. Einen kleinen Stimmungsaufheller.«
Brendan sprang auf, nur um sofort von einem Schlag auf den Hinterkopf getroffen zu werden. Der Schmerz ließ seinen Schädel fast zerbersten, und das Klingeln in seinen Ohren hörte sich wie das Läuten von tausend Kirchenglocken an. Er kämpfte sich frei und brachte wenigstens einen guten Schlag zustande, bevor er selbst einen am Kinn einsteckte. Ein weiterer Fausthieb trieb ihm die Luft aus der Lunge. Er krümmte sich und musste ein Stöhnen unterdrücken, als er auf seinen Stuhl zurückfiel.
Sams brachte sein Gesicht ganz dicht vor Brendans. »Versuch das noch mal, und wir lassen dich zusehen!«, knurrte er.
Dann gingen sie und nahmen die Laterne mit, worauf es stockfinster im Raum wurde und nichts mehr Brendan von den Gedanken ablenkte, die ihm durchs Hirn schossen.
In ihrer sadistischen Freude hatten die Kerle einen fatalen Fehler gemacht: Sie hatten ihn nicht gefesselt, sodass er sich frei bewegen und seine Magie wirken konnte, falls er das Klingeln in seinen Ohren lange genug zum Verstummen bringen konnte, um sich zu konzentrieren.
Langsam ging er in der kleinen Kabine hin und her und untersuchte und berührte jedes
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