Verlockendes Dunkel
Brett, bis er sich sein Gefängnis im Gedächtnis eingeprägt hatte. Das beständige Knarren der Takelage und die Auf- und Abwärtsbewegungen des Schiffes wirkten der fieberhaften Aggressivität in seinem Kopf entgegen. Die Tür war verschlossen, aber wenn er …
Mit geschlossenen Augen griff er im Geiste nach der Tür, stellte sich ihren Mechanismus vor und flüsterte inständig wie ein Gebet: »Daresha di-alhwedhesh.« Das Klicken des aufspringenden Schlosses schallte von seiner Hand zu seinem Kopf hinauf.
Und was nun?
Elisabeth suchen und sie befreien. Den Captain überwältigen und diese ganze Geiselsituation umkehren. Verrückt. Absurd. Doch das Beste, was ihm auf die Schnelle einfiel. Ansonsten könnte er sich genauso gut wieder hinsetzen und Folter und Verstümmelung erwarten. Und Elisabeth … nein, er wollte nicht darüber nachdenken, was ihr widerfahren würde, sobald sie ihn nicht mehr gefügig halten mussten.
Er trat auf einen schmalen Niedergang hinaus, der vor einem größeren Kanonendeck endete. Vier Kanonen rechts und links und eine Leiter, über die man zum Oberdeck hinaufgelangte. Ein sich weiter vorn verschmälernder Gang, wo eine vergitterte Luke zum Frachtraum hinunterführte.
Könnte Elisabeth weiter oben auf dem Schiff sein, wo die Mistkerle sie leichter im Auge behalten konnten? Oder war sie im Frachtraum? Brendan schlich zu der Leiter. Die Hand schon an der ersten Sprosse, blickte er zu dem wolkenverhangenen Himmel auf, und der frische Wind nahm den unangenehm feuchten Geruch seiner Furcht gleich mit.
Da Brendan nichts zu verlieren und keinen Grund mehr hatte zu verbergen, was er war, sandte er seinen Geist aus, als könnte er Elisabeth auf einem Energiestrom spüren. Eine kühne Hoffnung, da sie als Duinedon nur sehr schwer aufzuspüren sein würde. Es war fraglich, ob er sich irgendetwas anderes würde beantworten können, als die Frage, ob sie noch atmete oder nicht, doch die Möglichkeit bestand natürlich. Immerhin hatte sie ein wenig Magierblut von ihrer Großmutter geerbt.
Er warf seine Macht aus wie ein Netz. Der salzhaltige Wind, der kalt und frisch über seine Wangen fuhr, brachte einen Hauch magischer Energie mit sich, der jedoch ausreichte, um Brendan zu verraten, dass der Schmugglerkapitän ein Anderer mit einem sehr gut entwickelten Gefühl fürs Wetter war. Kein hilfreicher Wind würde aufkommen, der sie verlangsamen oder von ihrem Kurs abbringen könnte.
Aus dem tiefsten Winkel seines Bewusstseins kamen ein leises Echo und ein verschwommener roter Schimmer, die Brendans Aufmerksamkeit auf sich zogen. Er hielt sich an die Spur, so schwach sie auch war, und ging auf die Luke und den darunterliegenden Frachtraum zu. Doch er hatte kaum eine Handvoll Schritte hinter sich gebracht, als ein Mann aus den Schatten des Niedergangs auf der anderen Seite des Kanonendecks trat. Die Augen des Seemanns funkelten vor Überraschung, als er leise fluchte, mit einer Hand nach dem Messer an seinem Gürtel griff und zu Brendan herüberkam.
Ohne zu zögern, verhängte Brendan blitzschnell einen Kampfzauber über den Mann. Der Energiestoß ließ den Seemann in sich zusammensacken wie eine zerbrochene Puppe, und in Sekundenschnelle war Brendan über ihm. Mit dem Messer des Mannes, das er ihm aus der Hand riss, schnitt er dem Ganoven die Kehle durch. Das hervorquellende Blut war heiß und klebrig, und sein metallischer Geruch brannte Brendan in der Nase.
Nachdem er das Messer an seiner Hose abgewischt hatte, ging er weiter durch den Gang auf das Gitter im Boden zu. Eine schwere Eisenstange war beiseitegeschoben und die Luke geöffnet worden, unter der ein höhlenartiger Raum und die ersten glitschigen Stufen einer Leiter sichtbar wurden.
War der tote Seemann von hier gekommen? Waren noch andere dort unten?
Brendan packte das Messer fester, als ein wilder Eifer ihn befeuerte. Er konnte nicht behaupten, dass er Freude am Blutvergießen hatte, aber der Nervenkitzel und die geschärften Sinne hatten ihre Vorteile. Wieder hieß es »Töten oder getötet werden«, und dieser Überlebenstrieb hatte ihn mehr als einmal vor dem Tod bewahrt.
Als er einen bestiefelten Fuß auf die erste Leitersprosse stellte, vernahm er das vertraute Summen von Magie in seinem Kopf.
Es konnte nicht sein. Nicht er. Nicht hier. Es sei denn … Verdammter Mist!
Schreie, gefolgt vom Stampfen rennender Füße, und das Schiff neigte sich jäh nach Steuerbord. Brendan stolperte und biss sich in die Wange, um den
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