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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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Oberdeck, wo Nebel wie Rauch über einer schmalen Flussmündung hing und dichte, schwarze Bäume sich in dem düsteren Grau der ersten Morgendämmerung erhoben.
    Ein Beiboot war herabgelassen worden, in dem zwei Männer an den Rudern saßen, zwei andere im Bug und ein weiterer am Heck. Sie bewegten sich wie Gespenster im frühmorgendlichen Nebelschleier.
    »Die Leiter runter. Ich werde dich nicht bei ihnen lassen«, sagte Rogan mit einem Blick zurück zu den Seeleuten, die sich noch an Bord befanden.
    Man musste kein Gedankenleser sein, um die Gefahr zu sehen, in der sie sich befände, wenn sie bliebe. Die Seemänner zogen sie mit den Augen aus, und geflüsterte Kommentare verbreiteten sich von Mann zu Mann wie eine ansteckende Krankheit.
    »Danke«, sagte sie und klammerte sich an die letzten Reste ihrer Würde.
    Rogan wirkte überrascht und rieb sich den Nacken. Mit der anderen Hand winkte er Elisabeth vor sich.
    Vorsichtig trat sie auf die erste Sprosse der Strickleiter und umklammerte die Seile, als die Leiter auf das schwarze Wasser hinausschwang. Ihre dünnen Lederschuhe glitten auf den nassen Sprossen aus, und ihre Röcke waren ihr beim Hinuntersteigen arg im Weg.
    Als sie fast auf Wasserhöhe war, packten Hände sie um die Taille und hoben sie ins Beiboot, wo sie unsanft ans Heck und neben den gleichen kampflustigen Mann mit Hängebacken gestoßen wurde, den sie am Vortag getreten hatte und der ihr jetzt einen Pistolenlauf zwischen die Rippen drückte.
    Brendan saß zwischen zwei anderen, die Hände hinter dem Rücken gefesselt und mit feucht glänzendem Haar. Hässliche violette und schwarze Prellungen verunstalteten sein sonnengebräuntes Gesicht, das von einem Gewirr dünner Messerschnitte überzogen war, und eines seiner Augen war zugeschwollen. Ein dunkelroter Fleck durchnässte das Hemd an seiner linken Schulter.
    Elisabeth konnte nicht verhindern, dass ein Zittern sie durchlief. Sie presste die Knie zusammen und drückte die Arme an die Seiten, um das immer stärker werdende Zittern zu unterdrücken. Sie hasste es, Angst zu haben. Machtlos zu sein. Wenn es doch nur etwas gäbe, was sie tun konnte! Irgendeine Möglichkeit zurückzuschlagen.
    Rogan stieg in das Boot und setzte sich ihr gegenüber, ohne Brendan auch nur einen Blick zu gönnen, als existierte er gar nicht. Während er Elisabeth seinen Rock um die Schultern legte, murmelte er: »Wir wollen doch nicht, dass du dich zu allem Überfluss auch noch erkältest.«
    Der Mann mit der Waffe schnaubte und stieß ein derbes Lachen aus. »Was für ein Gentleman! Eine Erkältung ist die geringste Sorge unseres Vögelchens.«
    Rogan bedachte den Mann mit einem harten Blick über Elisabeths Kopf hinweg, und ein Klappmesser erschien wie herbeigezaubert in seiner Hand. »Du behältst deine Kommentare für dich, Sams!«, fauchte er, »oder ich werde dafür sorgen, dass du sie bereust.«
    Sams errötete vor Ärger. »Glaubst du, Paddy? Ich werde dir den Schädel wegpusten, du verdammter Ire.«
    »Englisches Ungeziefer!«
    »Haltet die Klappe, ihr beiden«, befahl Croker von seinem Platz neben Brendan. »Wenn die Zöllner uns erwischen, könnt ihr euren Streit im Bodminer Gefängnis fortsetzen, während ihr auf eure Verhandlung wartet.«
    Das Beiboot legte im ersten grauen Licht ab. Die mit Stoff umwickelten Ruder verursachten kaum ein Geräusch in dem ruhigen Wasser. Regen ersetzte allmählich den Nebel und besprenkelte das Wasser, als das Boot an der felsigen Küste anlegte.
    Croker übernahm Brendan, während Sams Elisabeth packte und seine Finger sich in ihre Schultern bohrten, als er sie auf die glitschigen Felsen und dann zu den Bäumen hinaufzog. Rogan folgte als Letzter.
    Die Gruppe drängte sich durch das Gestrüpp und tiefer in das Gehölz hinein. Vor ihnen lag ein schmaler Pfad, auf dem eine geschlossene Kutsche stand und ein hünenhafter Mann, dessen spärliches weißes Haar kaum die graue Haut an seinem Kopf bedeckte und dessen Augen blass wie Marmor waren.
    Elisabeth blickte über ihre Schulter, aber der Fluss war schon wieder in waberndem Nebel verschwunden. Er war die perfekte Tarnung für das nur wenige Meter entfernt liegende Schiff. Elisabeth hörte kein Geräusch außer dem Laub unter ihren Füßen, dem schwermütigen Gesang einer Nachtigall auf einem nahen Baum und ihrem eigenen wild pochendem Herzen.
    Das Cottage lag etwas abseits der Straße in einem flachen Tal, hinter dem sich schroffe grüne Hügel erhoben. Brendan nahm all die

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