Verlockendes Dunkel
Schlangenmensch meinen Mann zu foltern droht, bevor er einen toten Mythos ins Leben zurückholt, um einen totalen, magischen Krieg zu entfesseln? Habe ich etwas ausgelassen? Irgendein anderes gefährliches, bedrohliches oder sonst wie schreckliches Detail?«
Statt ärgerlich zu werden, lachte Rogan und goss damit noch Öl ins Feuer. »Nein, ich denke, du hast es gut zusammengefasst.«
Obwohl sie nur ein Hemd und einen Unterrock, ja nicht einmal mehr ein Korsett als zusätzliche Rüstung trug, sprang sie aus dem Bett und kam sich dabei vor wie eine Schildkröte ohne ihren Panzer. »Du findest das auch noch lustig? Wir haben dir vertraut, Rogan. Sogar Helena vertraute dir.«
Das ernüchterte ihn sofort, und einen Moment lang dachte sie, er würde sie schlagen. »Helena wird verstehen, sobald sie Artus höchstpersönlich sieht und begreift, was seine Rückkehr für uns Andere bewirken wird.«
»Und wenn sie Máelodor höchstpersönlich sieht?«, spottete sie. » Das ist ein Anblick, der zu Loyalität anregt. Der Mann ist ein Monster – im wahrsten Sinne dieses Wortes!«
»Er tut, was er tun muss zum Wohle aller Anderen . Genau wie ich. Es geht hier darum, eine Zukunft für unsere Rasse zu schaffen, die nicht auf Duinedon’schem Wohlwollen, sondern unserer eigenen Überlegenheit basiert.«
»Tausende von Menschen zu töten macht euch überlegen?«
»Du bist eine Duinedon und verstehst das nicht.«
»Ich bin ein Mensch, genau wie du. Ich weiß, was Krieg ist, was Tod und Kummer sind. Sag du mir, inwiefern wir anders sind!«
Das war ihr letztes Gespräch. Danach hüllte sich Elisabeth in Schweigen und rollte sich im Bett zusammen, die Decke über dem Kopf und die Hände über den Ohren, obwohl das wenig dazu beitrug, die kämpferischen Geräusche von unten zu ersticken oder das derbe Lachen von Männern, die erregt waren von der gewalttätigen Atmosphäre und abgestumpft vom Alkohol.
Die ganze Zeit über saß Rogan am Fenster der Kammer und blickte Pfeife rauchend auf das dunkle, abgelegene Tal hinaus. Und wann immer er ein Glas zerbrechen oder unterdrücktes Stöhnen hörte, senkte er den Kopf und zog die Schultern ein.
Als Elisabeth endlich vor Erschöpfung eindöste, führten ihre Träume sie zu einem jähen Gewitter und einem bildhübschen Jungen zurück, der sie ganz fest in seinen starken Armen hielt. Nur küsste er sie diesmal, statt sie auszuschimpfen, wie sie sich erinnerte, und sein Mund war fest und fordernd, sein Herz wie ein stetiges Trommeln unter ihrer Hand, während der Regen ihre heißen Wangen kühlte.
Das Krähen eines Hahnes riss sie aus dem Schlaf, und sie sah, dass der Stuhl am Fenster leer und der Himmel bedeckt war von tief hängenden Wolken. Eine unheilvolle Stille lag über dem Cottage, als wäre jemand gestorben. Elisabeth schloss ganz fest die Augen. Nein. Nicht tot. Brendan durfte nicht tot sein!
Erst nachdem sie den Gedanken in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins verbannt hatte, schlug sie wieder die Augen auf. Furcht und Selbstmitleid kämpften in ihr mit dem Schlafmangel, mit dem überraschenden Ergebnis, dass sie wie betäubt war und die Ereignisse verfolgte, als widerführen sie jemand anderem. Wie der Heldin in einem schlechten Theaterstück, die wehrlos einer Bande gewissenloser Schurken ausgeliefert war.
Wenn sie doch nur in der Pause gehen könnte!
Sie verließ das Bett und wusch sich das Gesicht in einer Schüssel auf dem Waschtisch.
Als sie vergeblich nach einem sauberen Handtuch suchte, sah sie Rogans Rock auf einem Sessel liegen. In der Hoffnung, ein Taschentuch zu finden, durchsuchte sie die Taschen und lächelte, als ihre Finger sich um den kalten Griff einer Pistole schlossen.
Die Heldin war nicht länger wehrlos.
Die sich öffnende Zimmertür ließ sie herumfahren und die Pistole blitzschnell in den Falten ihres Unterrocks verstecken.
Eine Hand auf dem Türknauf, fuhr Rogan sich mit der anderen durch das Haar. »Sie sind weg.«
Er brauchte ihr nichts zu erklären. Sie wusste, wer in der Nacht gegangen war und warum. »Wann sind sie aufgebrochen?«, fragte sie und konnte schon die Veränderung in ihrer Stimme hören. Sie war kühner, selbstbewusster.
Erstaunlich, wie sehr eine Waffe das Selbstvertrauen einer Frau erhöhen konnte!
Rogan hingegen schien keinen Unterschied zu bemerken. Tatsächlich schien er überhaupt nur wenig zu bemerken. Dunkle Schatten umgaben seine müden Augen, und er wirkte missgelaunt und mürrisch. Es war schwer, ihn zu
Weitere Kostenlose Bücher