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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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fast unhörbares Geläut bewegte die feuchte Luft. Die Magier beschützten diesen urzeitlichen Wald und machten ihn zu ihrem. Brendan konnte nur hoffen, dass sie im richtigen Moment auf seiner Seite sein würden.
    Jemand riss ihn wieder auf die Beine und stieß ihn vorwärts. Brendan krümmte sich unter der Berührung seines mit Peitschenhieben übersäten, blutigen Rückens und presste die Lippen zusammen gegen das gequälte Stöhnen, das in seiner Kehle aufstieg.
    Als er eine Hand in die Tasche steckte, fand er Daz’ kleinen Ring aus geflochtenem Bindfaden. Mit einem kaum merklichen Lächeln auf den aufgesprungenen Lippen steckte er ihn an seinen Finger, wie er es mit Sir Archibalds Ring getan hätte, wenn Jack ihn Daz ausgehändigt hätte, bevor Helena seine ungeteilte Aufmerksamkeit beansprucht hatte.
    Brendan schüttelte den Kopf. Der arme, verflixte, noble Jack! Spielte das ganze letzte Jahr das Kindermädchen, und kaum verschwand er mal für ein paar Stunden … zack – und ausgerechnet mit Miss Roseingrave.
    Beide Aufpasser waren gerade dann verschwunden, als Brendan sie am dringendsten gebraucht hatte.
    Auf den Weg vor ihnen konzentriert, bemerkte er das Kitzeln der magischen Energie unter seiner Haut zu Anfang nicht. Es war ein kribbelndes, juckendes Gefühl, als wäre er in Brennnesseln gefallen. Was ihn nicht überraschen würde, wenn es so gewesen wäre. Schließlich hatte er dank eines verstauchten Knies und boshafter Wächter mehr Zeit auf Händen und Knien verbracht als aufrecht. Aber nein, da war es wieder. Eine flüchtige Berührung von Magie an seinem Geist. Diesmal strich sie jedoch an ihm vorbei, wendete Blätter und dämpfte das Licht, als käme Regen auf.
    Brendan hob der magischen Berührung sein Gesicht entgegen, ließ sie in seine Haut eindringen, ihn kennenlernen und sie dann zu ihrem Absender zurückkehren. Was konnte es schon schaden, sich der Berührung nicht zu widersetzen? Jeder, der nicht zu dieser finsteren Gesellschaft gehörte, konnte eigentlich nur als Freund erscheinen.
    Dummerweise musste Máelodor die Berührung auch gespürt haben.
    Die Gruppe hielt an, als er eine Hand hob, mit den Fingern schnippte und einen Fluch murmelte, der wie ein Strom von Worten auf einer öligen Brise war.
    Sofort war die Verbindung unterbrochen, die tröstliche Präsenz war verschwunden, und Brendan fühlte sich noch einsamer denn je.
    Er zwang sich, die Zähne zusammenzubeißen und weiterzuhinken. Sein schmerzhafter Gang verlangsamte sich, als er sich ein Wiedererscheinen der ermutigenden Präsenz erhoffte.
    Aber sie kam nicht wieder.
    Der Wald umschloss sie mit einem schier undurchdringlichen Gewirr von Grün, sodass jeder Schritt ein Stolpern mit sich brachte. Nebel waberte zwischen den Bäumen auf, und ein Klingeln in Brendans Ohren wurde immer lauter und beharrlicher. Er konnte nicht denken und nicht sehen. Die Glöckchen waren alles, was er hörte. Er begann zu halluzinieren. Ein Gesicht zwischen den Bäumen. Das Aufblitzen eines Beins. Er blinzelte. Verlor er den Verstand, oder war das wirklich Killers schwarz-weißer struppiger Körper, der rechts neben ihnen herlief? Unmöglich, aber zumindest tröstete ihn ein wenig der Gedanke, dass ihm der kleine Hund Gesellschaft leistete, selbst wenn er nur ein Trugbild war.
    Schließlich gelangten sie auf eine Lichtung, wo der Nebel dicht, grau und nass über dem Boden hing. Eine umgestürzte Steinplatte lag schräg auf der Seite, und kleinere Steine lagen verstreut zwischen den Farnen. Und noch etwas war hier: eine uralte Macht aus der Zeit, als die Erde noch jung und nahezu unberührt gewesen war. Eine Quelle der Magie, so tief und ungeheuerlich, dass sie sich bis zum Mittelpunkt der Erde zu erstrecken schien. Und diese Magie begann, ihn einzuhüllen, und vergrub sich unter seiner Haut, bis er sie in der Luft, auf jedem zitternden Blatt, allen kribbelnden Gliedern und jedem glitzernden Tropfen Wasser sehen konnte.
    Wie benommen stand Brendan da und ließ sich von diesem Fluss von Magiermacht umspülen.
    Es war so, wie er gehofft hatte.
    Artus’ Grab war auf einer sogenannten »dünnen Stelle« erbaut worden, einem Ort, an dem die gewaltigeren Magierkräfte an die Oberfläche traten und beide Welten sich berührten. Eine Quelle ungeheurer Macht, wenn man geschickt – und verzweifelt – genug war, um die miteinander verschmolzenen positiven und negativen Kräfte anzuzapfen.
    Er war beides.
    Den Sh’vad Tual in den hoch erhobenen Händen, trat

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