Verlockendes Dunkel
Schneesturmes in der Sahara. Und das war gut so, weil er Elisabeth ohnehin nur Kummer bereiten würde. Er überbot sich praktisch selbst darin, gerade jenen wehzutun, die ihm am nächsten standen.
Doch hatte er ihr seine Schuld gestanden, um sie abzuschrecken, oder war es ein verzweifelter Versuch gewesen, die Kraft ihres Vertrauens zu erproben?
Eine Frage, die er sich nicht beantworten konnte und die ihm nur zeigte, wie erbärmlich er seit seiner Rückkehr nach Irland geworden war. Das Einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, dass er sich bei Lissa Fitzgerald nicht darauf verlassen konnte, dass sie tat, was jede normale, vernünftige Frau tun würde – nämlich wegzulaufen, so schnell sie konnte. Nein, sie analysierte, prüfte und krempelte ihn wieder zu dem Helden ihrer schwärmerischen Fantasievorstellungen um.
Brendan erhob sich, um den Whiskey auf das glimmende Kaminfeuer zu schütten, und bläuliche Flammen schlugen hoch, die jedoch sofort wieder erstarben.
Für einen Moment hatten sie die Schatten vertrieben, doch jetzt krochen sie wieder näher und waren dichter noch denn je.
Kapitel Siebzehn
K iller! Wo steckst du böser Hund?«
Elisabeth warf einen schnellen Blick in alle Räume auf der Suche nach dem Terrier, denn wenn sie ihn nicht vor Helena fand, würde er als Hackfleisch enden. »Ich weiß, dass du dich irgendwo versteckst. Ich habe das angenagte Tischbein im Wohnzimmer gesehen. Wie konntest du nur?«
Noch immer keine Spur von ihm, und sie hatte jedes Zimmer durchsucht, vom Erdgeschoss nach oben. Jetzt blieben nur noch die Dachkammern. Die Temperatur sank, als sie die Treppe hinaufstieg, und eine leichte Brise, die einen bittersüßen Geruch nach Zedernholz oder Patschuli mitbrachte, bewegte den Schal um ihre Schultern. »Killer?«
Sie hatte ein karges, muffiges Dienstbotenquartier erwartet, doch stattdessen stand sie in einem lang gestreckten Raum mit schräger Decke. Durch die nach Süden hinausgehenden Fenster am Ende des Raumes fiel die helle Nachmittagssonne in breiten Strahlen auf einen Boden, der mit Teppichen und Läufern übersät war wie ein orientalischer Harem. Das andere Ende des Zimmers war vollgestellt mit Möbelstücken. Sofas, Sessel, lange Ess- und zierliche Seitentische – sogar ein Bett – standen dicht gedrängt in einer Ecke unter den Deckenbalken, als wäre die gesamte Hauseinrichtung eines Menschen auf diesen wenigen Quadratmetern zusammengepfercht worden.
Der Rest des Raumes ähnelte einer Apotheke. Reihe um Reihe winziger, in alphabetischer Ordnung sauber beschriftete Schubladen säumten eine ganze Wand. Auf einem Schreibtisch davor lag ein unordentlicher Stapel Bücher, und einige weitere steckten ebenso planlos in einem hohen Regal. Andere Regalfächer enthielten Gefäße mit getrockneten Kräutern, Duftölen, Gewürzen und Duftstoffen. Elisabeth hob einen der Behälter auf, schon halb in der Erwartung, ein Molchauge oder die Zunge eines Hundes zu sehen. Vielleicht sogar eine gute Dosis Drachengift.
Es war Walöl. Übel riechend, aber doch wohl kaum das Material für Hexerei.
Seufzend stellte sie es ins Regal zurück.
Sie würde Stunden brauchen, um den Dachboden nach einem unartigen Vierbeiner abzusuchen.
»Killer«, zischte sie verärgert. »Komm sofort hierher!«
Sie sah unter Tischen und hinter Kisten nach, öffnete sogar die Türen eines Kleiderschranks, in dem sie jedoch außer einem verlassenes Mäusenest und ein paar hungrigen Motten nichts anderes entdeckte. Als sie sich nach einem prüfenden Blick unter das Bett aufrichtete, spürte sie ein Kribbeln im Nacken, ein komisches Gefühl in ihrem Rücken, als würde sie beobachtet.
Blitzschnell drehte sie sich um und erstarrte. Niemand war da, das Zimmer war leer wie zuvor, aber die unangenehme Empfindung blieb. Eine seltsame, sie beobachtende Präsenz bewirkte, dass sich die Härchen an ihren Armen und ihrem Nacken sträubten. Elisabeth machte sich gerade wieder auf den Weg zur Treppe, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, ein Aufblitzen von etwas Goldenem und Grauem. Als sie stehen blieb, regte sich nichts mehr, doch kaum machte sie den nächsten Schritt, war auch die Bewegung wieder da.
Dort hinter dieser Aufsatzkommode … Elisabeth stieß ein Lachen aus, das seltsam schrill klang in dem stillen Raum. Natürlich! Dahinten stand ein Spiegel.
Ein Stück Stoff war über den größten Teil des fleckigen Standspiegels drapiert, der etwas entfernt vom Rest der Möbel stand. Es musste
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