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Verlockendes Dunkel

Verlockendes Dunkel

Titel: Verlockendes Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alix Rickloff
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unheimlichen Spiegels vergessen, doch jetzt knirschte er leise hinter ihr, als beantwortete er die Frage selbst.
    »Nicht so wie du und ich«, erwiderte Helenas Großmutter. »Aber wie alle aus Magie geborenen Dinge hat er einen Willen. Und er ist wach und aufmerksam. Durch ihn erfuhr ich, dass Douglas nach Irland zurückgekehrt war. Und er hat mir auch gezeigt, dass es keine Rückkehr von König Artus ohne großes Leiden geben kann.« Ihr Blick glitt zwischen Elisabeth und dem Spiegel hin und her. »Du hast etwas gesehen, nicht?«
    »Nein, ich … nun ja, ich spürte, dass jemand mich beobachtete. Oder glaubte, es zu spüren. Doch das ist natürlich absurd.«
    Madame Aranas Augen verengten sich. »Der Spiegel hätte nicht zu dir gesprochen, wenn es nicht dringend nötig wäre. Du musst die Einladung annehmen, um seine Geheimnisse zu erfahren.«
    »Ich will keine Geheimnisse mehr erfahren. Ich kenne sie schon alle.«
    »Aber du glaubst sie nicht. Nicht ganz. Du denkst, Helena lügt oder Brendan übertreibt. Dass irgendwo ein Fehler sein muss.«
    »Brendan wäre zu solch schrecklichen Taten nicht fähig. Er ist sarkastisch, eigenwillig und arrogant, und er kann einen manchmal rasend machen, doch er ist kein Mörder.«
    »Vielleicht siehst du ja nur die Seiten von ihm, die du sehen willst. Den Mann, der dein Herz höher schlagen lässt und dein Blut in Wallung bringt. Um jedoch zu wissen, wie er wirklich ist, musst du das Beste, was er sein kann, aber auch das Schlimmste, wozu er fähig ist, kennen. Der Spiegel wird dir beides zeigen, wenn du stark genug bist, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.«
    Die Herausforderung in Madame Aranas Blick brachte Elisabeths Hände wieder auf das Spiegelglas. Doch statt der Hitze, die sie erwartet hatte, schoss eine Eiseskälte ihren Arm hinauf und bohrte sich wie tausend Nadeln in ihr Innerstes. Mit einem erschrockenen Ausruf versuchte sie, sich loszureißen, aber der Spiegel hielt sie fest. Die Verbindung zwischen ihnen war nicht zu brechen. Eine Szene erschien, als tauchte sie aus den Tiefen eines sturmgepeitschten Ozeans auf, und ein lautes Summen wie von einem ganzen Bienenvolk begann ihr in den Ohren zu dröhnen.
    Während sie zusah, ließ der trübe Spiegel neun Gestalten zutage treten, die zu neun Männern wurden. Ein zehnter lag reglos innerhalb des Kreises. Das Summen in Elisabeths Ohren wurde zu Worten, die wiederum zu einem sich unaufhörlich wiederholenden Gesang wurden. Zu Worten in einer Sprache, die sie bisher nur ein Mal in ihrem Leben gehört hatte. Auf einer Lichtung in Belfoyle und aus dem Mund eines Jungen, dessen Leben immer vom Glück begünstigt zu sein schien und dessen Liebe zu gewinnen sie schon lange aufgegeben hatte.
    »Yn-mea esh a gwagvesh. A-dhiwask polth. Dreheveth hath omd-hiskwedhea.«
    Während Elisabeth noch wie gebannt zusah, bildete sich eine Wolke über dem am Boden liegenden Mann und entwickelte sich zu einer monströsen Kreatur mit scharfen Fängen, Pranken und einem unförmigen und ungelenken Körper.
    Der Gesang wurde schriller und erregter. »Skeua hesh flamsk gwruth dea.«
    Der Mann auf dem Boden erschauderte.
    »Drot peuth a galloea esh a dewik lya. Drot peuth a pystrot esh a dewik spyrysoa.«
    Die Kreatur schwebte für einen Moment bewegungslos über dem am Boden Liegenden, bevor die beiden plötzlich miteinander zu verschmelzen schienen. Der ganze Vorgang, bei dem das Opfer sich schreiend gegen die Verwandlung wehrte, war so widerwärtig, dass Elisabeth die Galle in die Kehle stieg und ihr speiübel wurde.
    Am Ende stand das, was einmal ein Mensch gewesen war, seinen Schöpfern gegenüber.
    Zwei Männer traten in den Kreis. Der Ältere, der ein würdevolles, ja fast schon majestätisches Auftreten hatte, war so ernst, als wäre sein Gesicht aus Stein gemeißelt. Das des Jüngeren hingegen war eine Maske des Entsetzens, seine goldenen Augen aber flackerten vor Erregung. »Ana daraa ymesh’na igosk« , sagte er. »Die Neun heißen den Dunklen Hof willkommen.«
    Die Kreatur fletschte knurrend die scharfen Zähne, was umso grotesker war, da sie die Gesichtszüge des Opfers trug, von dem sie Besitz ergriffen hatte. »Ana N’thashyl hygtyesh, Erelth.«
    Mit einem Aufschrei riss Elisabeth sich von dem Spiegel los. Das Herz pochte ihr fast schmerzhaft hart gegen die Rippen, und ihre Kehle war wund, als hätte sie eine Ewigkeit geschrien. Außerdem konnte sie kaum noch atmen, als hätte sich die Luft im Raum zu Rauch verdichtet – zu bitterem,

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