Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
durchstehe«, gab sie ehrlich zu. Ihre Stimme klang kleinlaut, und das Zittern erfasste auch ihren Körper. Obwohl sie unter dem eleganten, neuen Kleid lässig die Füße verschränkt hatte, war ihr Körper sehr angespannt. »James, wie soll es mir denn bloß gelingen, mich wieder in den höchsten Kreisen zu bewegen und so zu tun, als sei nichts geschehen?«
Er schenkte ihr ein Lächeln, das sie beruhigte und gleichzeitig irritierte. »Sicher wird es dir mit Hilfe der überaus einflussreichen Witwe des Herzogs of Eddington gelingen.«
Lily erwiderte das Lächeln zuckersüß und sann auf Rache. »Ich würde an deiner Stelle nicht darauf zählen, an diesem Wochenende unbeschadet davonzukommen. Es gibt eine Menge junger Frauen auf dieser Hausparty. Wir werden wohl oder übel gemeinsam leiden.«
Er stöhnte entmutigt auf. Das schenkte ihr immerhin eine gewisse Befriedigung.
Das Dinner war von auserlesener Qualität gewesen, und anschließend hatte sich die versammelte Gästeschar in Grüppchen aufgeteilt. Auf der Terrasse spielten die Einen Scharade, während im Musikzimmer eine junge Lady spontan eine Darbietung gab und einige schottische Melodien mit überraschend geübter und leichter Hand auf dem Pianoforte zum Besten gab. Zudem wurde der unerlässliche Portwein für die Gentlemen serviert und Sherry für die Ladys.
»Darf ich Euch auf ein Wort sprechen, Lady Cecily?«
Sie blickte von ihrem Platz am Rand einer Gruppe Damen auf und war überrascht. »Lord Drury.« Es war alles, was sie auf die Schnelle hervorbrachte.
»Ich wünsche nur, kurz mit Euch zu sprechen. Es sei denn, Ihr fürchtet, Euer Verlobter wird Anstoß nehmen und versuchen, mich im Rosengarten zu köpfen. In dem Fall könnte ich Eure Absage voll und ganz verstehen.«
Jeder in der Nähe lachte, aber sie musste ihm immerhin zugutehalten, dass er es schaffte, selbst über seine Worte amüsiert zu wirken. Und es stimmte, es war sehr freundlich von ihm, ihr mit dieser Offenheit gegenüberzutreten und damit jegliches Gerede im Keim zu ersticken.
Sie wusste tatsächlich nicht, wie Jonathan wohl darüber dachte, wenn sie mit Lord Drury sprach. Andererseits brauchte ihrer Meinung nach jede Beziehung ein Mindestmaß an Vertrauen, und Männer besaßen nicht das exklusive Recht, dieses Vertrauen zu gewähren oder zu entziehen. Und das freundliche Lächeln des Viscounts ließ vermuten, dass er die Bemerkung über eventuelle Konsequenzen wirklich nur humorvoll meinte.
Seine Lordschaft senkte die Stimme, als sie aufstand und die Einladung annahm. »Es wird wirklich nur einen Augenblick dauern. Aber es ist mir lieber, wenn wir ungestört sind.«
Er wusste von der Verlobung. Ihre Großmutter hatte sie während des Dinners offiziell verkündet. Was war schon dabei, ihm die Bitte zu gewähren? Cecily ließ sich von ihm zu den offenen Fenstertüren führen, die auf die Terrasse führten. Obwohl zweifellos jeder im Raum ihr gemeinsames Verschwinden bemerkte, war es weniger verdächtig, als es unter ähnlichen Umständen in London gewesen wäre.
»Wir stehen in Sichtweite für all die gaffenden Leute«, meinte er ironisch. Er blieb direkt vor der Tür stehen. Hinter seinem Rücken erstreckte sich der dunkle Garten, und die Landluft war schwer vom Duft des Sommers. Man hatte Laternen entlang der gepflasterten Wege aufgestellt, weshalb man sie deutlich auf der Terrasse sehen konnte. »Keine Sorge. Ich wollte nur ein paar Augenblicke Eurer Zeit.«
»Ich gewöhne mich langsam an die ganze Aufmerksamkeit.« Verunsichert lächelte sie ihn an. »Es wird Jonathan nicht verborgen bleiben, wenn wir reden. Und falls wir bald heiraten …«
»Es sieht ganz danach aus, dass Ihr das tun werdet«, vollendete er den Satz für sie. »Ja, dann werdet Ihr Euch schließlich an das Interesse gewöhnt haben, denke ich. Aber ich wollte Euch vor allem meinen Glückwunsch überbringen. Ihr macht einen sehr glücklichen Eindruck.«
Er blickte sie sehr ernst an, und auch wenn das irgendwie merkwürdig war, kam es ihr so vor, als ob sie sich zum ersten Mal, seit sie einander vorgestellt worden waren, wirklich verstanden. Sie konnte weiterhin mit ihm bekannt sein und ihm gegenüber höflich sein. Sie hoffte bloß, er habe sie nicht nach draußen geführt, um sie in eine Diskussion über ihre bevorstehende Hochzeit zu verstricken.
Eigentlich war sie sicher, dass er das nicht vorhatte.
»Ich bin glücklich.« Dann fuhr sie fort, obwohl sie nicht sicher war, ob sie das sagen durfte.
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