Verlockung der Leidenschaft: Roman (German Edition)
darauf, ihre Tanten kennenzulernen.«
»Ihr müsst sehr darauf bedacht sein, sie vor allem Gerede zu beschützen.«
»Ich bin ziemlich sicher, dass sie noch zu jung ist, um das alles zu verstehen. Im Übrigen glaube ich, sie wird sich früher oder später an das Gerede gewöhnen müssen.« Eine Wahrheit, die ihn im Grunde sehr störte. Aber so war es nun einmal. »Wenn man von den Umständen ihrer Geburt absieht, besteht zwischen ihr und mir auch noch eine große Ähnlichkeit.«
»Ja«, sagte Lily langsam. »Ich vermute, sie wird einige Hindernisse zu bewältigen haben. Vielleicht hättet Ihr sie lieber in Amerika lassen sollen.«
»Darüber habe ich zunächst auch nachgedacht, mich aber dann dagegen entschieden.« Er sagte es ganz nüchtern, weil es der Wahrheit entsprach. »Ich bin ihr einziger Elternteil, und sie braucht mich.«
So wie ich dein Beschützer bin und auch du mich brauchst. Ob es dir nun gefällt oder nicht.
» Ich finde«, sagte er gelassen, »du solltest mir ganz genau erzählen, was damals zwischen dir und Lord Sebring vorgefallen ist.«
Lily stand auf. Sie stellte ihr Sherryglas mit einem entschlossenen Klicklaut auf den nächstgelegenen Tisch. »Niemals«, sagte sie fest.
Und sie meinte es so.
Interessant.
»Papa!«
Die Tür wurde ohne Umschweife aufgerissen. Das war keine Überraschung für ihn, denn seit ihrer Ankunft hatte er Adela im Haus freie Hand gelassen. Seine Tochter kam hereingestürmt. Das Haarband, das sie früher am Tag getragen hatte, war inzwischen verschwunden. Seiner zugegebenermaßen voreingenommenen Meinung nach war sie ein wunderschönes Kind mit großen, dunklen Augen und einer von Zeit zu Zeit geradezu ermüdenden Lebendigkeit.
»Du hast vergessen anzuklopfen, Addie«, sagte er mild.
Sie blieb abrupt stehen. »Oh, ja. Tut mir leid. Ehrlich.«
Er lächelte. Vielleicht war das seine Schwäche, aber er schaffte es nur selten, sie zu schelten. Für ihn zeugte es weniger von zu großer Nachsicht und war vielmehr ihrer überschwänglichen Persönlichkeit geschuldet. »Ehe du mir sagst, was so wichtig ist, dass du hier hereinplatzt, lass mich dich mit deiner Tante Lillian bekannt machen.«
Adela brachte einen akzeptablen Knicks zustande. Ihr pinkes mit Spitze besetztes Kleid war mit verdächtig dunklen Flecken verunziert. Vermutlich war sie wieder draußen im Garten gewesen. »Sehr erfreut, Ma’am.«
Er hielt es Lillian zugute, dass sie zum ersten Mal in seiner Gegenwart lächelte. »Es freut auch mich, dich kennenzulernen, Adela.«
»Papa nennt mich immer Addie.« Dann wirbelte seine Tochter herum. Nachdem sie nun die Förmlichkeiten hinter sich gebracht hatte, erklärte sie mit der innigen Begeisterung einer Fünfjährigen: »Im Stall gibt es Welpen .«
»So ein Wunder aber auch«, bemerkte er trocken. »Ich nehme an, du hast dir bereits einen ausgesucht.«
Sie nickte, und ihre dunklen Augen flehten ihn an. »Bitte. Ach … bitte !«
Was konnte schon eine zusätzliche Komplikation in seinem bereits in Unordnung geratenen Leben schaden? Außerdem hatte er sie entwurzelt und an diesen fremden Ort gebracht. »Ich habe nichts dagegen, aber das Tier wird nicht in deinem Zimmer schlafen, du musst also erst die Köchin fragen, ob der Hund in ihrer Küche bleiben kann. Wenn sie einverstanden ist, habe ich …«
Er verstummte, denn der kleine Wirbelwind rauschte bereits mit derselben Geschwindigkeit aus dem Raum, mit der er ihn betreten hatte.
Dann passierte etwas Bemerkenswertes. Lillian lachte.
Kapitel 4
»Mir wurde zugetragen, dass ich Euch für mein dreistes Verhalten eine Entschuldigung schulde.«
Verflixt! Nein, sogar verflixt und zugenäht!
Er war es.
Cecily setzte ihr höflichstes Lächeln auf und überlegte zugleich fieberhaft, wie sie ihm so schnell wie möglich entkommen konnte. Erst dann drehte sie sich zu ihm um. Diese Stimme … Sie hätte die Stimme überall erkannt. Die Vokale waren wie geschliffen, die Konsonanten nicht unbedingt dumpf, aber irgendwie voll. Sie erhaschte den Duft seines Rasierwassers, das ihr fremd war, aber auf maskuline Art faszinierend.
Der wilde Earl.
Sie drehte sich um und blickte in die samtig dunklen Augen auf. Allzu deutlich war sie sich des gedrängt vollen Salons und der Musiker auf dem kleinen Podium bewusst, die ihre Instrumente stimmten. Der Raum war groß, aber plötzlich wirkte er ganz klein, als wäre er ihr viel, viel zu nah. Dabei hielt er in Wahrheit angemessen Abstand von ihr und stand vor dem Stuhl, der
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